Es ist Anfang Januar und warm. So warm, dass an Neujahr die Temperaturen sogar auf fast 20 Grad geklettert sind. Naturschnee liegt kaum noch in den Bergen. Was vom Schnee übrig ist, zieht sich als präpariertes Kunstschnee-Band hinab ins Tal. Kann man da noch guten Gewissens Skifahren gehen? Die Bergbahnen sagen ja. Eine Reihe der Lifte ist weiter in Betrieb, auch die Skischulen nutzen den Rest-Schnee. Sportereignisse wie die Vierschanzen-Tournee in Oberstdorf finden ebenfalls statt. Das kritisieren wiederum Naturschützer, denen dabei die Nachhaltigkeit verloren geht. Auch die hohen Energiepreise sind Teil der Diskussion ums Skifahren bei diesen Temperaturen.

PRO: Die Debatte ums Skifahren ist, wie so vieles in dieser Zeit, zu einer Moralfrage geworden. Winnetou, ja oder nein. Layla, mitgrölen oder schweigen. Jetzt also das Skifahren. Dabei schwingt mit: Klimasünder oder Klimaschützer – du hast die Wahl.
Wer Skifahrer aber als Umweltverschmutzer darstellt, der tut einer ganzen Branche Unrecht. Vergessen ist, dass im November Schnee gefallen ist. Was auf den Skipisten jetzt noch liegt, ist Kunstschnee aus kalten Tagen. Hätte es nicht geschneit und Minusgrade gehabt, dann wäre kein Schnee produziert worden. Es hat aber geschneit, es war aber kalt. Auf den Pisten liegt nun also der Rest. Und den Rest kann man jetzt eben befahren. Es bräuchte schon einen Skigott, um dieses moralische Dilemma aufzulösen. Um zu wissen, bei wie viel Grad Skifahren noch ökologisch vertretbar ist. Um einem Skilift-Betreiber und seinen Angestellten die Existenz ohne schlechtes Gewissen zu nehmen. Wer sich mit den jetzigen Pisten zufriedengibt, der soll fahren. Der Rest kann warten. Vielleicht auf Ende Januar – dann passt hoffentlich eine weiße Landschaft wieder zur Kunstschneepiste. Marina Kraut
Trotz wenig Schnee noch Skifahren? Unsere Autoren streiten sich zum Thema
CONTRA: Ski fahren auf künstlichem Schnee und umgeben von braun-grüner Landschaft – das muss doch nicht sein. Mal abgesehen davon, dass es nicht wirklich Spaß macht und dabei kein echtes Wintersportgefühl aufkommt, ist es nicht zeitgemäß, auf diese Weise den Klimaschutz zu ignorieren. Und das bloß, um ein paar Pistenkilometer zu machen. Wenn auf Naturschnee gefahren wird, ist es ja völlig okay. Aber in diesen Zeiten ist der Energieverbrauch schlichtweg zu hoch, um Kunstschnee zu erzeugen. Hier muss ganz einfach ein Beitrag zum Energiesparen geleistet werden.
Dass es auch ohne Skipisten geht, erleben wir aktuell bereits im Allgäu. Manche Kommunen richten sich schon auf andere Freizeitangebote aus – zum Beispiel aufs Wandern. Wer als Tourist zu uns kommt, muss sich gerade im Januar eher auf grüne als auf winterliche Landschaften einstellen. Und wer wirklich seine Schwünge im Pulverschnee ziehen will, muss dann eben in schneesichere Regionen ausweichen. Und damit klarkommen, dass weite Anreisen mit dem Auto auch schlecht fürs Klima sind. Thomas Schwarz
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