Hirtin Anneliese Barth führt mit ihrem Mann Thomas und flankiert von den beiden Söhnen des Alpmeisters Josef Ambos die Herde nach Horn an.
Bild: Johanna Lang
Hirtin Anneliese Barth führt mit ihrem Mann Thomas und flankiert von den beiden Söhnen des Alpmeisters Josef Ambos die Herde nach Horn an.
Bild: Johanna Lang
„Raus aus dem Schnee“ hieß es am Samstag für die Hirten und Jungrinder auf den Schwangauer Alpen. Bis zur Bleckenau war es weiß und die Rinder rutschten das eine oder andere Mal. Die 64 Jungrinder, die nach Horn gingen, kamen traditionell als erstes in Hohenschwangau an, angeführt von Hirtin Annelies Barth und ihrem Mann Thomas, flankiert von den beiden Söhnen des Alpmeisters Josef Ambos. Die Kranzrinder werden nicht mehr geführt, sondern laufen einfach hinter der Hirtin her: „Das ist viel entspannter für uns und für die Tiere“, sagt Barth.
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Dass sie überhaupt auf die Alpen (Altenbergeralpe, Kofelalpe und ins Bächgebiet) gegangen ist, war im Frühjahr gar nicht so sicher, sie hatte mit Corona zu kämpfen: „Aber des hat dann schon gepasst und die Arbeit an der frischen Luft hat auch den letzten Rest der Krankheit aus meinem Körper verjagt“, lacht die erfahrene Hirtin.
„Wasser gab es auf den Alpen genug“, erzählt sie weiter. Während der Hitzewelle waren die Rinder gerade auf dem Weg zur nächsten Alpe und im Bächgebiet, wo es genug Wasser gibt. Überhaupt „war der Alpsommer diesmal entspannt“, sagt Barth.
Im Schwanseepark wurden den Schumpen die Schellen und Kränze abgenommen und ihren Besitzern übergeben. Allerdings gab es keine große Feier. Es spielte keine Musik, doch die „Schellenfehla“ Rosalie Schön und Johanna Landerer begeisterten die Zuschauer mit ihrer Darbietung.
Die Bauern, die in den vergangenen beiden Jahren ihr Vieh ohne Zuschauer abholen mussten, haben die Ruhe der Tiere schätzen gelernt, die ohne Zuschauer gelassener sind. Und so wollten sie es auch heuer haben. Trotzdem feierten in der Kälte alle gemeinsam ganz für sich.
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Nach den Horner Schumpen kam die Schwangauer Herde mit 116 Tieren, geführt von Josef Kotz und Johanna Reßle auf ihrem Weg zur Reith-Alpe durch Hohenschwangau. Allerdings war kein Kranzrind dabei, weil ein Blitz ein Tier erschlagen hatte. Im Gegensatz zu den anderen Alpen hatten Josef Kotz und Johanna Reßle auf der Jägerhütte ziemlich zu tun. Die gefürchtete, durch Fliegen übertragene Augeninfektion machte die Arbeit nicht leicht.
Jede Infektion dauerte mehrere Tage, an denen die Rinder eingefangen und behandelt werden mussten. Auch der Igel, eine Hufinfektion, sei vereinzelt aufgetreten. Aber mit dem Wasser hatten sie kein Problem: „Der Herrgott hat es immer zur rechten Zeit regnen lassen“, freuten sich beide. Trotz aller Sorgen sind sie sich einig: „Das war heuer ein wunderschöner Sommer.“
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Auf dem zwölf Kilometer weiten Weg von der Jägerhütte zur Reith-Alpe, wo die Schumpen noch ein paar Tage grasen dürfen, fiel auf, dass deutlich mehr Rinder Hörnern tragen. „Ich liebe Rinder mit Hörnern“, strahlt die Hirtin, und der Hirte stimmt ihr zu. Was beide besonders begeisterte: „Die vielen Treiber und Treiberinnen, so viel wie noch nie, die uns beim Abtrieb geholfen haben, und das auch noch gut gelaunt, trotz der Kälte.“ Die 70 Schumpen vom Älple und die beiden Rösser waren schon Anfang September ins Tal gebracht worden, ganz dezent: „Da war die Alpe einfach abgegrast“, erklärt Reßle.
Während bei anderen Viehscheiden meist noch im Bierzelt gefeiert wird, in dem die Hirten für ihre getane Arbeit mit einer großen gespendeten Zugschelle geehrt werden, ist der Scheid in Schwangau eher privat, weshalb es auch keine Hirtenehrung gibt. Aber Josef Kotz hat für sich und Johanna Reßle zwei Zugschellen anfertigen lassen, die er auf der Reith-Alpe seiner Kollegin übergeben hat.