Eine österreichische Richterin hat in einem Urteil festgestellt, dass dem buddhistischen Lama Ole Nydahl Fremdenfeindlichkeit und die pauschale Verunglimpfung des Islam vorgeworfen werden darf. Während des Prozesses wurde zudem bekannt, dass der 78-jährige Führer des Diamantweg-Buddhismus zur Wahl der AfD aufgerufen hat. Die Richterin stützte ihr Urteil Ende vergangenen Jahres unter anderem auf eine Aufnahme einer Rede Nydahls. Dessen Anwalt hatte zunächst eine zusammengeschnittene Fassung vorgelegt. Erst nach Vorlage eines Gutachtens tauchte eine Gesamtaufnahme mit kritischen Passagen auf.
Nydahl ist seit vier Jahrzehnten buddhistischer Lehrer und nach dem Dalai Lama vermutlich der bekannteste Vertreter des tibetischen Buddhismus in Deutschland. Der gebürtige Däne spricht gut deutsch, hält seine Vorträge im Europazentrum seiner Gruppe auf Gut Hochreute bei Immenstadt vor teilweise mehreren tausend Zuhörern aber oft auf Englisch. Für kommenden Mai sind seine nächsten Auftritte dort angekündigt. Zuvor ist er in Russland, Taiwan und Neuseeland unterwegs, besagt sein Internet-Terminplan.
Nydahl werden seit Jahren fremdenfeindliche Äußerungen vorgeworfen. Seit einem Sommercamp im Jahr 2018 mit Tausenden Anhängern spitzte sich die Kritik zu. Unter anderem hatte ein früheres Mitglied des Diamantwegs publik gemacht, dass der geistige Führer schon vor Jahren dazu aufgerufen hatte, sich zum Schutz vor dem Islam zu bewaffnen.
Der Gruppierung rund um Nydahl drohte schließlich der Ausschluss aus einer buddhistischen Dachorganisation in Deutschland. Dem kam der „Diamantweg“ allerdings durch einen Austritt zuvor.
Nydahl geht immer wieder gegen Medien vor, die über seine fremdenfeindlichen Äußerungen berichten. So stellte er auch gegen unsere Zeitung einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung. Dieser wurde allerdings vom Landgericht Augsburg zurückgewiesen. Dabei konstatierte das Gericht eine „pauschale Gleichsetzung von Islam, Hitler und Stalin“ in dem von unserer Zeitung zitierten Vortrag Nydahls. Es ergäbe sich aus dem Gesamtzusammenhang „nicht ansatzweise, dass der Antragsteller (Anm. der Red.: Nydahl ) hier vom aggressiven politischen Islam und islamischen Terrorgruppen mit Selbstmordattentätern und Bomben spreche“.
Auch das Verfahren vor dem Handelsgericht Wien strengte er selbst an. Er verlangte einen Widerruf von dem Herausgeber der Zeitschrift „Ursache/Wirkung“. Dieser habe „falsche Behauptungen“ verbreitet. Es ging um einen Auftritt Nydahls 2016 in Kassel. Unter Berufung auf eine Zeugin fasste die Zeitung Äußerungen des Religionsführers so zusammen: Alle Menschen, die aus den Ländern mit islamischer Kultur stammen, seien „ungebildet“, sie würden ihre Frauen schlagen und sie würden „deutsche Frauen belästigen“, schreibt die Richterin Monika Millet in ihrer Urteilsbegründung.
Nach Überprüfung einer über zweistündigen Audioaufnahme des Vortrags urteilte das Gericht: „Die Richtigkeit des Tatsachenkerns ist bewiesen“.
Maßgeblich dafür, sagte jetzt Dr. Jürgen Exner als Pressesprecher des Wiener Gerichts, sei nicht „das einzelne gesprochene Wort, sondern die Wirkung auf die Zuhörer und die Zielgruppe“. Ansonsten könnte es ja dazu führen, dass jemand für Verwerfliches nicht belangt werden könnte, „sofern er sich nur geschickt genug ausdrückt“. In dieser Beurteilung unterscheiden sich deutsche und österreichische Rechtssprechungen.
Um „aufzudecken“, was Nydahl von sich gegeben hat, habe es eines Privatgutachtens bedurft, sagte Exner. Die von Nydahls Anwalt zunächst vorgelegte, zusammengeschnittene Audioaufnahme werde aber nicht als bewusste Manipulation strafrechtlich verfolgt, da „nicht auszuschließen ist, dass dies nur gemacht wurde, weil der Vortrag so lang war“.
Die Richterin hielt während des Prozesses eine Schlussfolgerung des Zeitschriftenherausgebers für besonders „überzeugend“. Dieser argumentierte laut Urteilsbegründung: „Wenn jemand als Lama vorne sitzt und im Vortrag eine radikale Äußerung macht, kann er sich nicht darauf zurückziehen, dass diese Äußerung privat gemeint war. Es ist wie bei einem Priester, der in der Predigt auch nicht privat sprechen kann.“
Nydahls Klage wurde abgewiesen. Er legte inzwischen Rechtsmittel ein. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. Trotz mehrfacher Bitte um Stellungnahme reagierte die Pressesprecherin des „Diamantwegs“ nicht.
„Was in Österreich passiert, hat mit uns hier nichts zu tun“, sagte auf Anfrage Philip Leube als Sprecher des Buddhistischen Zentrums bei Immenstadt. Das Allgäuer Zentrum des Diamantwegs sei „in einem konstruktiven Dialog mit den örtlichen Kirchen und der muslimischen Gemeinde in Immenstadt“. Seit der öffentlichen Diskussion 2018 um islamfeindliche Äußerungen habe sich der Lama im Allgäu auch nicht mehr zu politischen Themen oder dem Islam geäußert.
Im Gut Hochreute laufe das buddhistische Leben wie gehabt, sagte Leube. Jeden Donnerstagabend gebe es für Besucher eine öffentliche, geführte Meditation mit Vortrag und vor allem an den Wochenenden würden Buddhisten das Zentrum zu Vorträgen und Meditationen aufsuchen.