„Kümmerer“ treiben die Nachbarschaftshilfe voran, es gibt Informationen für pflegende Angehörige und Kurse für ein gesünderes Leben sollen angeboten werden: Mit dem Projekt „Gesundheitsregion plus“ wollen Landkreise und kreisfreie Städte an vielen Punkten ansetzen – und Dinge auf der lokalen Ebene verändern.
„Dass wir bekannte Probleme wie den Fachkräftemangel in der Pflege nicht allein lösen können, ist klar“, sagt Nicole Galm, die selbst Pflege studiert hat und nun die „Gesundheitsregion plus“ in Memmingen und dem Unterallgäu leitet. Doch gehe es Akteuren wie Ärztinnen oder Pflegekräften gut, komme das auch bei den Patientinnen und Patienten an. Um einen Einblick in den Alltag dieser Gesundheitsakteure zu bekommen, hat Galm beispielsweise einen Tag in einer Arztpraxis mitgearbeitet.
Auch Einblicke in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder Gespräche mit dem Jobcenter seien wichtig, um Herausforderungen in der Gesundheitsvorsorge zu erkennen und Lösungen zu finden. Gerade plant Galm ein Gesundheitsforum, bei dem im Juni Akteure aus Stadt und Landkreis zusammentreffen sollen.
Gesundheitsregion plus: Defibrillator für Kammlach
Ein Beispiel dafür, wie überregionale Probleme vor Ort gelöst werden können, sind laut Galm Anreize für junge Medizinerinnen und Mediziner, einen der zahlreichen freien Posten in einer Hausarztpraxis zu übernehmen. Außerdem will Galm die Gesundheitsvorsorge stärker in den Fokus rücken: „Die Menschen wissen, dass Ernährung, Bewegung und die Reduktion von Stress wichtige Faktoren sind, doch häufig fehlen motivierende Faktoren, das umzusetzen.“ Galm will Angebote in diesen Bereich sichtbarer machen – und wiederbeleben, was durch die Corona-Pandemie eingeschlafen ist – etwa Sportkurse.
Ein weiteres Beispiel aus der Praxis: Im Unterallgäuer Kammlach gebe es durch die „Gesundheitsregion plus“ nun einen öffentlich zugänglichen Defibrillator. Galm sagt: „Das wollen wir auch für andere Gemeinden. Davon haben dann alle Bürgerinnen und Bürger etwas.“ Während sich Memmingen und das Unterallgäu seit dem Start im Oktober im Aufbau des Netzwerks befinden, ist der Landkreis Lindau eine Phase weiter. Dort läuft das Projekt seit Januar 2021. Nun steht laut Leiter Thomas Kaleja vor allem die praktische Umsetzung im Fokus.
Aktion „Hand aufs Herz“ klärt über Herzinfarktrisiko auf
Gespräche mit Ärztinnen und Ärzten sollen zeigen, wie die ärztliche Versorgung in der Region gesichert werden kann. Auch eine Arbeitsgruppe hat sich dafür gegründet. An einer Veranstaltung zum Thema Pflege nahmen im Oktober beispielsweise auch pflegende Angehörige teil. Die Hochschulen Kempten und Weingarten analysieren unter anderem, welcher Bedarf bei der ärztlichen oder pflegerischen Versorgung in der jeweiligen Region besteht. So könne das Gesundheitsforum seine Arbeit „noch gezielter auf die bestehenden Probleme im Landkreis abstimmen“.
Seit Februar sind nun auch Kempten und der Landkreis Oberallgäu beim Projekt „Gesundheitsregion plus“ dabei – insgesamt fördert das bayerische Gesundheitsministerium aktuell 60 solche Regionen. Eines der ersten Projekte im Oberallgäu: In zahlreichen Gemeinden gibt es lokale „Kümmerer“, die vor Ort Nachbarschaftshilfe, Seniorenberatung oder den Aufbau von Begegnungsstätten vorantreiben. Außerdem ist Leiter Markus Weber als Diplom-Sportlehrer besonders die Präventionsarbeit ein Anliegen. Zum Beispiel beteiligt sich die Gesundheitsregion Oberallgäu-Kempten laut einer Sprecherin des Landratsamtes an der bayernweiten Aktion „Hand aufs Herz“, die über die Risikofaktoren für Herzinfarkte aufklärt.
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