Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat für ganz Deutschland untersucht, wo sich die Menschen am meisten leisten können - auch für alle Allgäuer Landkreise. Auffällig: Wie viel die Menschen in den Allgäuer Kreisen verdienen, sagt nicht viel darüber aus, wie hoch die tatsächliche Kaufkraft letzten Endes ist. Im bundesdeutschen Vergleich schafft es nur ein Kreis aus dem Allgäu unter die Top 50.
Kaufkraft-Atlas für das Allgäu: Die Methodik
Bevor wir aber zu den Ergebnissen schreiten, noch ein kurzer Einblick in die Methodik des IW. Ende Oktober hat das IW gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) einen regionalen Preisindex veröffentlicht: Damit lässt sich das Niveau der Lebenshaltungskosten in allen 400 Kreisen und kreisfreien Städten in ganz Deutschland ermitteln und vergleichen.
Oder etwas einfacher formuliert: Wie teuer (oder günstig) lebt es sich in allen Kreisen in Deutschland im Verhältnis zum bundesdeutschen Durchschnitt? Also wie bezahlbar ist der Wohnraum, wie hoch die Preise für Strom, Energieversorgung und anderes. Wie Oberallgäu, Ostallgäu und Co. bei diesem Vergleich abschneiden, seht ihr in der folgenden Grafik.
Um dem Ganzen noch etwas mehr Kontext zu geben, lohnt sich auch ein Blick auf die bayernweite Grafik. Klar zu erkennen hier:
, umso näher man an Metropolen und Ballungsräumen (München, Nürnberg o.ä.) lebt.Lebenshaltungskosten im Allgäu: Wie kommt man davon auf die Kaufkraft?
Doch können sich die Menschen in Kaufbeuren, dem günstigsten Kreis zum Leben im Allgäu, deshalb mehr leisten? Die Antwort ist nein. Denn die tatsächliche Kaufkraft ergibt sich erst, wenn man die Lebenshaltungskosten mit dem Einkommen verrechnet. Denn dann ist klar, wie viel Geld die Menschen tatsächlich noch haben, um damit Dinge zu kaufen oder Investitionen zu tätigen.
Doch wo verdienen die Menschen im Allgäu am meisten? Das lässt sich aus den Datenbanken des Statistischen Landesamts Bayern herauslesen. Spitzenreiter beim mittleren Einkommen in den Allgäuer Kreisen und kreisfreien Städten ist der Landkreis Lindau. Dort liegt der Median beim Gehalt pro Kopf bei 3724 Euro brutto pro Monat. Dicht dran am ersten Platz ist das Unterallgäu, wo auch viele international erfolgreiche Unternehmen ansässig sind. Dort verdienen Menschen im Mittel 3719 Euro brutto pro Monat. Wie hoch der Gender-Pay-Gap zwischen den Allgäuer Kreisen ist lesen Sie hier.
Die Kaufkraft im Allgäu oder das preisbereinigte Einkommen
Verrechnet man also die beiden oben genannten Werte miteinander erhält man die Kaufkraft, oder wie es im Fachjargon heißt: das preisbereinigte Einkommen. Dieser Wert macht auch den Vergleich mit anderen Kreisen in Deutschland möglich. Wie hoch die Kaufkraft im Jahr 2022 in den Allgäuer Kreisen lag - und wo die Kaufkraft am geringsten war, sehen Sie in dieser Grafik:
Erstaunlich dabei: Die Kaufkraft im Kreis Lindau ist niedriger, als die im Oberallgäu. Und das obwohl das mittlere Einkommen in Lindau am höchsten - und im Oberallgäu am niedrigsten ist. Das liegt daran, dass daran, dass die Lebenshaltungskosten in Lindau verhältnismäßig höher sind als im Oberallgäu.
In der Stadt Kempten ist die Kaufkraft am geringsten im ganzen Allgäu. Erklärung: Sieht man sich die beiden Grafiken zu den Lebenshaltungskosten und dem mittleren Einkommen an, wird klar, dass es in Kempten verhältnismäßig teuer ist, zu leben. Gleichzeitig verdienen die Menschen aber nicht mehr, als Einwohner aus den anderen Kreisen. Das lässt die Kaufkraft schrumpfen.
Am meisten leisten können sich Menschen aus Memmingen. Die Einwohner der Maustadt, die für ihre hohe Zahl an Einkommensmillionären bekannt ist, zählen sogar zu den 50 kaufkräftigsten in ganz Deutschland (Rang 38, 9,6% über dem Deutschen Durchschnitt). Denn während die Lebenshaltungskosten in Memmingen nur 1,5 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegen, verdienen die Menschen dort im Schnitt deutlich mehr.
Fazit aus der Kaufkraft-Studie: Großstädte schneiden eher schlecht ab, Starnberger auf Platz 1
Am meisten können sich die Einwohner des Landkreises Starnberg in Bayern leisten. Obwohl das Leben hier um rund 14 Prozent teurer ist als im Bundesschnitt, ist die Kaufkraft - also das preisbereinigte Einkommen - hier am höchsten. Rechnet man die regionalen Preisunterschiede heraus, hat jeder Starnberger knapp 33.000 Euro netto im Jahr zur Verfügung. Zum Vergleich: Am wenigsten können sich die Gelsenkirchener leisten, hier sind es preisbereinigt gerade einmal 19.000 Euro – Platz 400 für die Ruhrgebietsmetropole.
Am unteren Ende des Rankings finden sich viele strukturschwache Städte wieder, etwa Herne, Duisburg, Bremerhaven. Vergleichsweise schwach schneiden auch die deutschen Metropolen ab: Hamburg landet auf Platz 297, dahinter folgen Stuttgart (Platz 301), Köln (Platz 349), Frankfurt (Platz 370) und Berlin (Platz 376). Düsseldorf bildet mit Platz 103 neben München eine Ausnahme.
Vielfach wird deswegen in den Medien die Frage diskutiert, ob die Menschen auf dem Land schlussendlich reicher sind, als die Menschen in der Stadt, da "teure Städte Kaufkraft fressen", wie das Newsportal N-tv vermeldet. Grundsätzlich lässt sich mit dem Blick auf die Deutschlandweite Karte eine Tendenz erkennen: Abseits der teuren Großstädte haben die Menschen mehr Geld zur Verfügung. Oder kurz gesagt: Auf dem Land liegt die Kaufkraft.
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