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Hubschrauber in den Allgäuer Alpen: Wieso Vorräte nur auf dem Luftweg zum Waltenbergerhaus kommen

Berge

Das „Eichhörnchen“ fliegt Bier und Nudeln zum Waltenbergerhaus

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    Die Ware kommt per Hubschrauber: Hier werden Bierfässer zum Waltenbergerhaus transportiert.
    Die Ware kommt per Hubschrauber: Hier werden Bierfässer zum Waltenbergerhaus transportiert. Foto: Fotos: Michael Munkler

    „Eichhörnchen“ nennen die Männer der württembergischen Heli-Fluggesellschaft Helix fast liebevoll den Hubschraubertyp, der an diesem Morgen in den Oberstdorfer Bergen im Einsatz ist. Bis zu 1400 Kilo Gewicht pro Flug kann Pilot Udo Ramm mit der Maschine am Tau in wenigen Minuten nach oben bringen. Insgesamt 15 Tonnen Lebensmittel sowie fünf Tonnen Diesel und Gas (zum Kochen) sind es an diesem Tag. Zu Beginn der Bergsaison steht die Grundversorgung des 2087 Meter hoch gelegenen Waltenbergerhauses auf dem Programm. Sie ist die einzige Alpenvereinshütte im Allgäu, die so versorgt wird.

    „Da brauchen wir jede helfende Hand“, sagt Markus Karlinger, der die Hütte mit seiner Frau Claudia bewirtschaftet. Dankbar sei er für die 15 Freiwilligen, die an diesem Vormittag mit anpacken. Nach mehreren „Personalflügen“ – neben den Helfern werden auch Handwerker auf den Alpenvereinsstützpunkt gebracht – startet der Materialtransport. In weißen Säcken verpackt, stehen tonnenweise haltbare Lebensmittel wie Reis und Linsen, Käse oder Nudeln, Konserven und 5000 Liter Bier in Fässern bereit.

    Nach wenigen Minuten fliegt nächste Ladung ein

    Jetzt muss alles ganz schnell gehen: Ein Sack wird am Tau des Hubschraubers befestigt, während die Maschine oben schwebt. Dann fliegt Pilot Ramm in etwa fünf Minuten hinauf und oben werden die Säcke abgeladen. Auf einer Plattform am Waltenbergerhaus warten bereits viele fleißige Hände, um die Waren in den Vorratsraum zu verräumen. Fast wie ein Stein stürzt sich die Maschine dann nach unten ins Bacherloch und ins Stillachtal. Nach wenigen Minuten kommt die nächste Ladung. Insgesamt acht Minuten dauert ein „Umlauf“, also vom Aufnehmen der Säcke am Depot im kleinen Bergweiler Birgsau bis der Hubschrauber nach dem Absetzen der Waren oben auf der Hütte wieder unten ist und erneut ein Sack an das Tau gehangen wird. Zeit ist Geld: Mit den steigenden Energiekosten haben sich die Flugkosten beträchtlich erhöht, liegen inzwischen bei knapp 30 Euro pro Minute. Die hohen Energiepreise bekommen auch andere Alpenvereinshütten zu spüren, die ihre Waren meist mit diesel-betriebenen Materialseilbahnen hinauf transportieren.

    Waltenbergerhaus-Hüttenwirt Karlinger hatte seine Speisekarten für die Saison bereits drucken lassen, als die Energiepreise so richtig durch die Decke schossen. „Eigentlich hätte ich noch mehr aufschlagen müssen“, sagt er. Aber jetzt bleibt es bei den vor Wochen kalkulierten Preisen. Beispiel: Die Halbe Bier kostet heuer 5,30 Euro, 40 Cent mehr als im vergangenen Sommer. Am späten Vormittag wirkt Hüttenwirt Karlinger entspannt: „Alles wieder gut gegangen“, sagt er. Vor allem das Wetter habe perfekt mitgespielt – und die vielen freiwilligen Helfer natürlich auch.

    Früher musste Material auf den Berg geschleppt werden - für 20 Mark pro Ladung

    Seit Jahrzehnten wird das Waltenbergerhaus aus der Luft versorgt. Das war nicht immer so. Noch Mitte der 1960er Jahre verdiente sich etwa der gebürtige Oberstdorfer Richard Müller einen Teil seines Lebensunterhalts unter anderem als Träger. Der gelernte Schreiner und staatlich anerkannte Skilehrer absolvierte damals die Ausbildung zum Bergführer – er wollte seine Leidenschaft zum Beruf machen. Das Geld war knapp und für einen Material- und Lebensmitteltransport aufs Waltenbergerhaus gab es 20 Mark. Für damalige Zeit recht viel Geld, aber dafür musste ein Zentner, das sind 50 Kilo, hinaufgetragen werden.

    Gegen Mittag bringt Pilot Ramm die letzte Ladung hinauf und verschwindet mit seiner Maschine in Richtung Illertal. Etwa 30 Flüge waren es. Doch Ramm wird wiederkommen. Voraussichtlich im August muss nochmals Verpflegung hinaufgeflogen werden. Dann bringt das „Eichhörnchen“ Nachschub für die Küche des abgelegenen Alpenvereinsstützpunkts unter Mädelegabel und Trettachspitze und wohl auch nochmals fassweise Bier.

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