Die brennende Kerze versinnbildlicht Christus als Licht der Welt. In der Osternachtliturgie wird der Auferstehung Jesu Christi von den Toten als Fundament des christlichen Glaubens in ganz besonderer Weise gedacht.
Bild: Ralf Lienert
Die brennende Kerze versinnbildlicht Christus als Licht der Welt. In der Osternachtliturgie wird der Auferstehung Jesu Christi von den Toten als Fundament des christlichen Glaubens in ganz besonderer Weise gedacht.
Bild: Ralf Lienert
Eine künstliche Intelligenz (KI) aus den USA versetzt Menschen weltweit in Erstaunen. Das Programm des US-Unternehmens OpenAI erstellt kostenlos mit dem sogenannten Chatbot „ChatGPT“ auf Basis von Millionen vorhandener Informationen Texte zu beliebigen Themen. Aber kann KI neben Bewerbungsschreiben, Hausaufgaben und Aufsätzen auch eine Predigt verfassen? Wir haben es ausprobiert und die KI aufgefordert, mit den Stichworten Jesus, Auferstehung, Glaube und Ostern eine Predigt zu schreiben (siehe Text unten). Pfarrer Micha Steinbrück von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Immenstadt-Blaichach sagt, was er von dem Text der KI hält.
Wie beurteilen Sie das Ergebnis?
Micha Steinbrück: Ich denke, dass kaum Jemandem in einem Gottesdienst auffallen würde, wenn eine Pfarrerin oder ein Pfarrer diese Predigt so halten würde. Es ist beeindruckend, dass die KI von Trost, Mut, Zuversicht und auch der Herausforderung der Passion und des Todes Jesu für den Glauben schreiben kann. Hier kann man sehen, dass unzählige im Internet veröffentlichte Texte zugrunde liegen, aus denen dann ein logisch schlüssiges Konstrukt entsteht. Der Text ist theologisch nahezu vollständig haltbar, allerdings besteht er fast exklusiv aus theologischen Allgemeinplätzen. In den wesentlichen Details einer Predigt, die mir persönlich etwas geben würde, fehlt das gewisse Etwas. Damit meine ich den Alltagsbezug. Ich möchte in einer Predigt merken, dass diese nicht beliebig ist, sondern dass sie eine Art Handschrift von Jemandem hat, der in und mit seiner Gemeinde lebt. Die Aufgabe einer Predigt ist im Wesentlichen das Auslegen der biblischen Texte in die heutige Wirklichkeit.
Sind auch Passagen dabei, die Wichtiges, Essenzielles und Neues enthalten? Zum Nachdenken anregen und neue Perspektiven eröffnen?
Steinbrück: Selbstverständlich. Die Kurzpredigt beschreibt in wenigen Worten den „Kern unseres Glaubens“, wie ChatGPT es selbst nennt. Wichtiges und Essenzielles wiedergeben beherrscht die KI auf eine Art, die auch sprachlich vielen Predigten in nichts nachsteht. Neues zu beschreiben bzw. weitergehende Gedanken anzustoßen, scheint nicht die Stärke der KI zu sein.
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Warum würden Sie keine Predigt wie diese halten?
Steinbrück: Ehrlich gesagt, würde ich dies vielleicht sogar ganz gerne einmalig versuchen und das Ergebnis im Nachhinein mit meiner Kirchengemeinde diskutieren. Ich stelle mir ein Gespräch dazu außerordentlich interessant vor, da es uns als Christinnen und Christen auch in unserer Sprachfähigkeit hinterfragt. Für meine regelmäßigen Predigten stellt die KI in ihrer derzeitigen Form keine Alternative dar, da ich es auch als ein Geschenk in meinem Beruf ansehe, selber mit einem biblischen Text und offenen Augen und Ohren durch die Woche zu gehen und dies in einer Predigt verarbeiten zu dürfen.
Was fehlt in dem Text? Auf was kommt es bei einer guten Predigt an?
Steinbrück: Ein Professor, bei dem ich Predigtlehre belegt hatte, meinte einmal, dass man sich im Idealfall den biblischen Text für den kommenden Sonntag am Montag mitnimmt und ihn immer bei sich hat. Dann muss man „nur“ eine Woche warten und es passiert in meinem Leben, meinem Umfeld und in der Welt genug, um auf Grundlage dieses Textes mehrere Predigten zu erstellen und sie dann zu halten. Ihm war auch der Unterschied zwischen dem Manuskript und der gehaltenen Predigt sehr wichtig. Beides nehme ich mir bis heute zu Herzen und kann es bestätigen. Was ich im Laufe der Woche schreibe ist für mich gut und wichtig. Was ich jedoch in der Predigt sage, sind oftmals ganz andere Sätze und Inhalte. Ohne eine eigene Vorarbeit würde ich hierzu aber nicht kommen.
Ist KI „seelenlos“ und ohne jegliches Gefühl und kann deshalb nie die Predigt eines Pfarrers ersetzen?
Steinbrück: Ja und Nein. Ja, eine KI ist per Definition seelenlos. Selbst wenn sie jemals künstliches Bewusstsein entwickeln können sollte. Und nein, ich bin sicher, dass KI eines Tages in Bereichen wie Therapie aber auch Seelsorge eine Unterstützung sein kann. Dies kann ich mir durch beispielsweise die Wiedergabe bekannter Gebete oder auch das reine Verlesen einer passenden Bibelstelle zu einer besonderen biografischen Situation vorstellen. Ähnlich wie bei Musik kann das richtige Wort zu richtigen Zeit – gerade, wenn es bekannt ist – Menschen wirklich helfen.
Können Sie sich vorstellen, künftig „ChatGPT“ für Ihre Arbeit zu nutzen? Zum Beispiel im Verwaltungsbereich oder für Geschäftsbriefe?
Steinbrück: Wenn die Landeskirche jemals das Nutzen von KI im Verwaltungsbereich zulassen würde, wäre ich sofort dabei. Hier wären allerdings grundlegende Datenschutzfragen wahrscheinlich das große reale Hindernis, da wir in einer Kirchengemeinde mit extrem vielen personenbezogenen und sensiblen Daten arbeiten. Für die Seelsorge und die Predigtarbeit sehe ich noch keinen Bedarf, KI anzuwenden. Eher im Erwachsenenbildungsbereich oder in theologischen Gesprächen mit der Gemeinde. In der Öffentlichkeitsarbeit kann ich mir das Arbeiten mit Midjourney – eine KI zum Erstellen von Bildern – dagegen bereits heute gut vorstellen.
Was ist die Kernbotschaft Ihrer Osterpredigt in diesem Jahr?
Steinbrück: Als Predigttext werde ich einen Paulusbrief nehmen, in dem er das Geschenk Gottes in seinem Leben beschreibt. Er nennt es die Gnade, die er nicht verdient. Dies ist eine sehr demütige Haltung. In einer Welt und Zeit wie der unseren ist eine Grundhaltung, dass nicht jeder alles alleine schaffen und erreichen kann und es auch nicht muss. Für mich eine wichtige Gegenreaktion, die es immer wieder wert ist benannt zu werden. Wie es ChatGPT formuliert: „Das bedeutet, dass wir uns um die Menschen um uns herum kümmern sollen, dass wir barmherzig sind und uns für Gerechtigkeit einsetzen.“ Ostern kann ich in diesem Jahr nicht anders als im Kontext zur Hoffnung auf Frieden verstehen. Weil Gott selbst den Tod besiegt hat, ist es möglich an eine Welt ohne Finsternis im Herzen, ohne Kriege und ohne Hass zu glauben. Wenn ich mit diesem biblischen Text durch die Woche gehe, kann ich das im Kleinen und im Großen nicht nur bei mir sehen. Diese Hoffnung dürfen wir uns Ostern zusprechen.
Liebe Gemeinde,
an diesem Ostersonntag wollen wir uns auf die Auferstehung Jesu konzentrieren. Es ist ein besonderer Tag für uns Christen, denn heute feiern wir die Tatsache, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist. Diese Wahrheit ist der Kern unseres Glaubens, denn sie bestätigt, dass Jesus der Sohn Gottes ist und dass er uns durch seinen Tod am Kreuz von unseren Sünden erlöst hat.
In der Bibel finden wir viele Zeugnisse darüber, wie Jesus nach seiner Kreuzigung tatsächlich auferstanden ist. Seine Jünger berichten davon, dass sie ihn gesehen haben, dass er mit ihnen gesprochen hat und dass er sogar mit ihnen gegessen hat. Diese Begegnungen haben sie zutiefst beeindruckt und ihnen einen neuen Glauben geschenkt. Denn durch die Auferstehung Jesu hat sich gezeigt, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern dass es einen Weg gibt, der über den Tod hinausreicht.
Für uns als Gläubige bedeutet dies, dass wir Hoffnung haben dürfen. Denn wenn Jesus Christus tatsächlich auferstanden ist, dann haben wir die Gewissheit, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Das gibt uns Trost und Zuversicht, gerade in schweren Zeiten. Wir wissen, dass wir in Jesus Christus einen Freund haben, der uns auch im Leiden begleitet und der uns durch seine Auferstehung den Weg in die Ewigkeit gezeigt hat.
Doch die Auferstehung Jesu hat auch eine Herausforderung für uns als Christen. Denn sie ruft uns dazu auf, unseren Glauben ernst zu nehmen und zu leben. Wir sollen uns nicht nur auf die Hoffnung verlassen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, sondern auch unser Leben hier und jetzt entsprechend gestalten. Das bedeutet, dass wir uns um die Menschen um uns herum kümmern sollen, dass wir barmherzig sind und uns für Gerechtigkeit einsetzen. Es bedeutet aber auch, dass wir uns immer wieder auf den Weg machen müssen, um Jesus besser kennenzulernen und um unseren Glauben zu vertiefen.
Liebe Gemeinde, die Auferstehung Jesu Christi ist das Fundament unseres Glaubens. Sie gibt uns Hoffnung und Kraft, aber auch eine Herausforderung. Lassen Sie uns in diesem Ostergottesdienst gemeinsam feiern und uns daran erinnern, dass Jesus tatsächlich von den Toten auferstanden ist. Möge das uns allen Mut und Zuversicht geben.
Amen.
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