In der Hotellerie und Gastronomie darf zwar wieder aufgedeckt werden. Aber noch sind nicht alle Betriebe im Oberallgäu und in Kempten über den Berg. Armin Hollweck und Michael Heel, Kreisvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, warnen vor Insolvenzen im Herbst.
Bild: Ralf Lienert
In der Hotellerie und Gastronomie darf zwar wieder aufgedeckt werden. Aber noch sind nicht alle Betriebe im Oberallgäu und in Kempten über den Berg. Armin Hollweck und Michael Heel, Kreisvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, warnen vor Insolvenzen im Herbst.
Bild: Ralf Lienert
Armin Hollweck hat bereits vor Monaten während des Lockdowns davor gewarnt, dass Betriebe in der Gastronomie und Hotellerie für immer schließen müssten, wenn die Corona-Beschränkungen nicht gelockert werden würden. Bisher gab es zwar keine große Pleitewelle und auch keine vermehrten Anträge auf Insolvenzen. „Aber einige Betriebe im Oberallgäu haben aufgeben müssen. Bei weiteren ist das Überleben vage. Hier werden die nächsten Monate entscheiden“, sagt Hollweck.
Er ist Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (BHG) und Eigentümer des Hotels Adler in Oberstaufen. Auch Hollwecks Kollege Michael Heel, Vorsitzender der BGH-Kreisstelle Kempten, schließt nicht aus, „dass Betriebe im Herbst schließen werden“. Corona sei auch an den Handwerksbetrieben nicht spurlos vorüber gegangen, berichtet Hans-Peter Rauch aus Waltenhofen, Präsident der Handwerkskammer Schwaben.
Man müsse damit rechnen, dass die Insolvenzen im Laufe des Jahres zunehmen, wenn die staatlichen Finanzhilfen wegfallen, sagt Hollweck. Viele Betriebe hätten in den vergangenen Jahren enorm investiert „und mussten wegen des Lockdowns zusätzliche Kredite aufnehmen“.
Die Vergabe von zinsgünstigen staatlichen Krediten sei zwar kurzfristig eine Lösung gewesen, „jedoch müssen diese Kredite auch wieder zurückgezahlt werden“, lässt Hollweck wissen. Dies sei bei vielen Betrieben überhaupt nicht oder nur schwer möglich. Das Thema Insolvenzen sei deshalb noch nicht ausgestanden.
„Um Pleitewellen zu verhindern, fordern wir inzidenzunabhängige Konzeptlösungen, wie es sie in fast ganz Europa gibt sowie die dauerhafte Reduzierung der Mehrwertsteuer für alle Leistungen des Gastgewerbes“, sagt Hollweck. „Wir brauchen auch klare Regeln und Planungssicherheit für Unternehmen, Gäste und Mitarbeiter sowie verlässliche politische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen.“
Die Öffnung von Hotels und Gastronomiebetrieben müsse für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete inzidenzunabhängig gelten. Eine erneute Schließung im Herbst aufgrund steigender Infektionszahlen würde für viele Betriebe das Aus bedeuten. Hinzu komme, dass aufgrund der langen Schließung in vielen Betrieben Mitarbeiter in andere Branchen gewechselt oder ins Ausland gegangen seien.
„Viele Betriebe kämpfen ums Überleben, haben von ihren Rücklagen gezehrt und machen trotz finanzieller Probleme weiter“, sagt BHG-Kreisvorsitzender Heel, Chef des Hotel Restaurants Waldhorn in Kempten. Betroffen seien unter anderem Gaststätten und Restaurants, die keine Außengastronomie haben. „Wir alle müssen jetzt im Sommer kräftig Gas geben.
Aber Verluste aus der Zeit des Lockdowns lassen sich nicht wettmachen.“ Eine erneute Schließung im Herbst wäre der Todesstoß für viele Betriebe. Diese würden geplante Investitionen zurückstellen, was weniger Aufträge für heimische Handwerksbetriebe zur Folge habe.
Die Corona-Krise hat auch Auswirkungen auf die Handwerksbetriebe im Oberallgäu und in Kempten, berichtet Hans-Peter Rauch aus Waltenhofen, Präsident der Handwerkskammer Schwaben. Die Mehrheit der Unternehmen seien Familienbetriebe, die in der Regel über eine hohe Eigenkapitaldecke verfügen.
„Dadurch konnten Insolvenzen zwar vermieden werden, doch Corona hat dramatische Konsequenzen. Denn Rücklagen für anstehende Investitionen oder die Altersvorsorge der Unternehmer stehen auf der Kippe“, berichtet Rauch. „Aber wir rechnen nicht damit, dass es im Herbst im Allgäuer Handwerk eine Insolvenzwelle geben wird.“
Große Schwierigkeiten hätten vor allem Unternehmen und Dienstleister, die ihre Ladengeschäfte oft über Monate hinweg nicht oder nur sehr eingeschränkt öffnen durften. Unter anderem Autohäuser, Kosmetik-Studios, Friseure oder Betriebe, die Imbisse, Cafébetriebe oder Catering anbieten. Über den Berg seien die Betriebe nicht. Denn es bleibe abzuwarten, wie sich das Infektionsgeschehen im Herbst entwickele. Die Handwerksunternehmen, egal in welcher Branche, seien noch nicht zur Normalität zurückgekehrt.
Doch in den Betrieben der Region herrsche Zuversicht, sagt Rauch. „Wir Handwerker sind Pragmatiker und stellen uns sehr schnell auf neue Situationen ein.“ Enttäuscht ist er darüber, dass er vom bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek keine Hilfe erhielt. Rauch hatte sich um Impftermine für die Handwerksbetriebe und ihre Beschäftigten bemüht. Es sei zu wenig Impfstoff vorhanden, wurde ihm mitgeteilt.
„Dabei sind es unsere Betriebe und ihre Mitarbeiter, die Tag für Tag im Kundenkontakt stehen und mit ihrem Einsatz das Land am laufen gehalten haben“, sagt der HWK-Präsident.
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