Der Viehscheid im Oberallgäu zieht viele Gäste an. Touristiker werben mit den Veranstaltungen und freuen sich über steigende Gästezahlen in der „fünften Jahreszeit“ des Allgäus.
Bild: Ralf Lienert (Archiv)
Der Viehscheid im Oberallgäu zieht viele Gäste an. Touristiker werben mit den Veranstaltungen und freuen sich über steigende Gästezahlen in der „fünften Jahreszeit“ des Allgäus.
Bild: Ralf Lienert (Archiv)
Wenn das Vieh nach 100 Tagen Alpsommer zurück ins Tal getrieben wird, haben nicht nur die Hirten und Landwirte alle Hände voll zu tun. Auch bei allen, die vom Tourismus leben, herrscht Hochbetrieb. Rund um den Scheid seien die Zimmer ausgebucht, heißt es beispielsweise von den Gäste-Informationen von Blaichach und Wertach. Dort bringt der Viehscheid aus Sicht der Touristiker eine willkommene Belebung im September. Einen positiven Effekt des Scheids auf die Übernachtungszahlen spürt man laut einer Pressesprecherin auch in der Tourismus-Hochburg Oberstaufen.
Dort startet die Viehscheid-Saison im Oberallgäu am kommenden Freitag, 9. September, mit der Rückkehr von 1100 Rindern von 16 Alpen ins Weißachtal. 1600 Stück Vieh aus 19 Alpen werden am Samstag, 17. September, in Gunzesried erwartet. Beide Scheide laufen wie immer ab, erklären die Tourismus-Fachleute.
In Obermaiselstein oder Bad Hindelang wollen die Veranstalter in diesem Jahr den Gäste-Andrang eindämmen. Auch in anderen Orten kritisieren Älpler, dass der Trubel so groß geworden sei, dass er die Arbeit von Hirten und Bauern behindere. Manche Organisatoren arbeiten daher an Konzepten, um die Party rund um den Scheid zu verringern. „Für uns war das nie ein Thema“, sagt hingegen der Scheidmeister von Gunzesried, Franz Abrell. Der Scheid sei „eine Tradition, die wir auf gar keinen Fall sterben lassen dürfen“.
Im Marketing der Touristiker spielt der Scheid in Gunzesried eine große Rolle. Sowohl der Tourismusverein von Gunzesried als auch die Tourist-Info Blaichach werben damit aktiv um Gäste. In der Region Alpsee-Grünten ist vom „großen Dankesfest für Hirten und Älpler“ die Rede, es werde „nach Ankunft der Herden ausgelassen gefeiert“.
Bei den Gästen kommt das offenbar an. 2019 besuchten den Gunzesrieder Scheid laut Blaichachs Tourismus-Chefin Jeanette Keller 10.000 Besucher. „Wir sind in dieser Zeit komplett ausgebucht“, freut sie sich. Viele würden extra nach dem Viehscheid fragen. (Lesen Sie auch: 7 Dinge, die Sie beim Viehscheid im Allgäu nicht tun sollten)
Auch Wertach werbe mit dem Viehscheid 2022 um Gäste, schildert Verena Angerer von der Tourist-Info. Die 1600 Gästebetten im Ort seien rund um den Scheid komplett ausgebucht. Das Festzelt sei mit 2000 bis 3000 Besuchern voll besetzt, zusätzlich seien Gäste vor dem Zelt und auf dem Marktplatz, um die Ankunft der 700 Tiere von sechs Alpen zu feiern. Für den Tourismus in Wertach habe der Viehscheid „eine sehr große Bedeutung“, stellt Angerer fest. Die meisten Besucher blieben anlässlich des Festes zwei bis vier Tage. Für die Vermieter sei das von Bedeutung, da der September in Wertach ansonsten ruhiger sei, berichtet Angerer. „Es würde ganz viel fehlen, wenn der Viehscheid nicht wäre“, sagt sie. Die Frage sei, wie der Scheid im nächsten Jahr aussehen wird.
In Gunzesried soll laut Organisator Abrell alles so bleiben, wie es war. Er betont, dass im Festzelt nur Blasmusik gespielt wird und es zum Essen einen Ochsen aus dem Tal gebe. In Thalkirchdorf legt Organisator Thomas Wintergerst ebenfalls Wert auf einen traditionellen Scheid, bei dem die Hirtinnen und Hirten im Vordergrund stehen. Er verweist darauf, dass die Musikkapelle den ersten Zug der Tiere bis zum Scheidplatz begleitet.
Dann spielten Kapelle und Alphornbläser weiter draußen, damit die Leute nicht ins Zelt gehen, sondern an der Straße bleiben, bis die Herden aus den Bergen eingezogen sind. Danach dürfe man einkehren. „Das gehört dazu“, sagt der Organisator. Davon profitierten auch die Vereine. Denn mit den Einnahmen des Scheids finanzieren diese laut Wintergerst schließlich ihre Vereinsarbeit.
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