Jetzt geht es wieder so richtig zur Sache im Kunsthaus Bregenz. Nach der spröden, rätselhaften Ausstellung von Dora Budor unternimmt Jordan Wolfson einen ziemlich heftigen Angriff auf die Augen. Der 42-Jährige, der in Los Aneles und New York lebt, hat auf den vier Etagen einen Parcours aufgebaut, der mit Plastiken, Installationen und (animierten) Videos eine Bilderflut auf Besucherinnen und Besucher schwappen lässt. Höhepunkt im obersten Stockwerk: eine leicht bekleidete Frau, die lasziv tanzt, einem tief in die Augen blickt und in mehrerlei Hinsicht verblüfft. Bis man an sie rankommt, darf man eine Menge anderer aufregender Dinge erleben.
Diese Ausstellung ist nichts für empfindsame Gemüter
Diese Sommerausstellung ist nichts für empfindsame Gemüter. Kein Wunder, denn weltweite Aufmerksamkeit erregte Jordan Wolfson in den 2010er Jahren mit reichlich provokanten Werken – bezogen auf Amerika und mit einem selbstironischen Blick auf sich selbst. Mittels Motiven aus Computerspielen, Comics, Filmen und Internet-Clips untersucht er – technisch aufwändig und verblüffend ausgefeilt – die moderne Gesellschaft, vor allem wie sie sich in den Massenmedien spiegelt.
Vieles dreht sich um Erotik und Gewalt, um Rassismus, Sexismus und Homophobie. Spielerisch-assoziativ macht er sich auf Spurensuche – und findet Hässliches wie Schönes, Kitschiges und Tiefgründiges, Niedliches und Brutales. Alles in allem ein kaleidoskopartiger Spiegel der US-amerikanischen Medienwelt, die wir Europäer bestens kennen, und von der wir ja massiv beeinflusst sind.
Man wird Zeuge eines brutalen Mordes auf offener Straße
Gleich im Erdgeschoss gibt es die volle Dröhnung. Da begrüßt einen nicht nur ein riesiges feuerrotes Gesicht, das aus einem Haus wächst – eine hexenähnliche Grimasse schneidend, die unterschwelliges Unbehagen auslöst. Es gibt da auch ein Video, das man nur über eine Virtual-Reality-Brille anschauen kann und nichts für Menschen unter 18 Jahren ist. Wer sie sich auf die Augen gesetzt und die Kopfhörer über die Ohren gezogen hat, wird Zeuge eines brutalen Mordes auf offener Straße. Und man fragt sich unweigerlich, was man hier gerade tut, und welche Rolle man spielt ...

So hart geht es auf den nächsten Etagen nicht weiter. Auf einer riesigen Leinwand ist ein Film zu sehen, in dem es um Wolfsons Angst vor Aids geht. Ein stachliges Virus tanzt durch Videos aus New York, ein Kondom versprüht Herzchen. Und zwischendurch schneidet sich eine Comicfigur selbst den Bauch auf. Auch nicht gerade lustig.
Ein wenig harmloser mutet da die große Installation im zweiten Stock an. 20 Hologramm-Ventilatoren erzeugen Bilder, die im Raum zu schweben scheinen. Auf ihnen läuft ein Programm ab, das „Artists, Friends, Racists“ zeigt. Allein diese Arbeit wäre ein Besuch wert.
Eine Frau tanzt lasziv vor dem Spiegel. Oder ist das ein Roboter?
Aber die Verblüffung lässt sich noch steigern: Ganz oben im Kunsthaus wartet eine Frau mit platinblonden Haaren. Verlockend tanzt sie, aber ihr Körper und ihr weißes Negligé sind abstoßend dreckig. Wer sich ihr neugierig nähert, den trifft ein tiefer Blick aus dunklen Augen. Erst jetzt wird deutlich: Man interessiert sich hier für einen Roboter.