Die Römer in Kempten

Neue Ausgrabungen in Kempten zeigen: Die ersten Römer liebten auch Luxus

Graben in Kemptens Geschichte: Archäologen legen derzeit ein großes Wohnhaus der Römerstadt Cambodunum frei. Dabei stießen sie auf eine Therme.

Graben in Kemptens Geschichte: Archäologen legen derzeit ein großes Wohnhaus der Römerstadt Cambodunum frei. Dabei stießen sie auf eine Therme.

Bild: Martina Diemand

Graben in Kemptens Geschichte: Archäologen legen derzeit ein großes Wohnhaus der Römerstadt Cambodunum frei. Dabei stießen sie auf eine Therme.

Bild: Martina Diemand

Bei den Sommer-Grabungen im Archäologischen Park Kempten ist ein privates Bad entdeckt worden. Gebaut hat es ein vermutlich wohlhabender Bewohner Cambodunums.
27.10.2022 | Stand: 10:03 Uhr

Erneut graben Archäologen in der Geschichte Kemptens: Auf einem 1600 Quadratmeter großen Areal beim Archäologischen Park Cambodunum (APC) sind rund ein Dutzend Studierende mit Spaten, Schaufeln, Hacken, Kellen und Schubkarren zugange, um mehr über die Vorgängerstadt und ihre Bewohner zu erfahren. Sie haben inzwischen die Mauern eines großen Wohnhauses freigelegt. Dabei stießen sie auf eine Therme mit drei Räumen. Diese Art Sauna hat sich der Besitzer geleistet. „Ein Hausbad war für damalige Verhältnisse eine Luxusausstattung“, sagt Johannes Schießl, stellvertretender Leiter des APC.

Die Archäologen suchten nach dem ersten Forum. Gefunden haben sie ihn vermutlich nicht

Inzwischen wird im vierten Jahr in Folge auf dem Lindenberg oberhalb der Iller gegraben – dort wo ab der Zeitenwende die ins Alpenvorland vordringenden Römer eine Verwaltungs- und Handelsstadt namens Cambodunum errichteten. Kempten kooperiert dafür mit Archäologen der Universität München sowie dem Landesamt für Denkmalpflege. In den vergangenen Jahren konzentrierten sich die Grabenden auf das Forum, um generell die Stadtentwicklung zu klären: Sie hofften, auf den ersten zentralen Platz zu stoßen. Ob ihnen das gelang, ist unsicher, erläutert der Münchner Grabungsleiter Julius Fagner. Derzeit werden die Funde noch ausgewertet.

Heuer, im vierten und vorerst letzten Grabungssommer, verlegten sich die Archäologen auf ein Wohnhaus an einer Hauptstraße der Römerstadt nahe des Forums. Der Kemptener Heimatforscher August Ullrich hatte schon Ende der 1880er, Anfang der 1890er Jahre Grundmauern ausgegraben und damit die Existenz Cambodunums ans Licht gebracht. Nun widmen sich die Archäologen einem Wohnhaus genauer, dessen Mauern dank der Vorarbeiten von Ullrich zügig freigelegt werden konnten. Dabei werde erneut deutlich, wie planvoll und sorgfältig die Römer ihre Gebäude anlegten und hochzogen, erläutert Schießl. Rund 1000 Quadratmeter misst das Wohnhaus aus dem 1. Jahrhundert. Die Böden der Räume bestanden aus einem gut zehn Zentimeter starken Estrich – einem Gemisch aus Ziegelbruch, Sand und Kalkmörtel. Vermutlich gehört das Haus zu Bauten der zweiten Generation in Cambodunum. Die ersten Gebäude bestanden aus Holz. In der sich prächtig entwickelnden Stadt gab es immer wieder Neuerungen und Vergrößerungen.

Unter der Therme wurde ein Raum zum Heizen gebaut

Besondere Freude machte den Grabenden die Bestätigung, dass sich der – offenbar wohlhabende – Besitzer eine Therme ins Wohnhaus eingebaut hat mit drei Räumen unterschiedlicher Temperatur von heiß bis kalt. Für damalige Verhältnisse eine aufwändige Angelegenheit. Schließlich musste darunter ein Raum zum Beheizen von Fußböden und Wänden eingebaut werden, außerdem gab es wohl Leitungen für den Zufluss von Wasser. „Das ist vergleichbar mit einer heutigen Sauna“, sagt Grabungsleiter Fagner.

Wer den Archäologen beim Graben zuschauen möchte: Das geht heuer nur mit dem Blick durch den Bauzaun

Fünf Wochen dauern die Grabungen. Danach geht es wieder ans Auswerten. Neben den Mauern finden die Archäologen auch Keramik, Knochen und Metallteile. Den Kemptener Stadtärchäologen schwebt zudem vor, auf den Mauern in nicht allzu ferner Zukunft ein Wohnhaus nachzubauen – um damit das Freilichtmuseum auszubauen und aufzuwerten.

Während in den vergangenen Jahren die Kemptener zuschauen und Fragen stellen konnten, entschieden sich die Archäologen heuer fürs nichtöffentliche Graben. Die Sicherung wäre angesichts des großen Geländes zu schwierig gewesen. Allerdings schauen immer wieder Leute vorbei und blicken durch den Bauzaun auf Kemptens frühe Geschichte.

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