„Die globale Erwärmung tritt in den Alpen und in der Arktis verstärkt auf“, sagt der aus Sonthofen stammende Chefmeteorologe Joachim Schug von Meteogroup in der Schweiz. Er verweist auf die Daten vom Oberservatorium Hohenpeißenberg im Kreis Weilheim-Schongau auf 977 Metern Höhe. Diese gilt als älteste Bergwetterwarte der Welt. Seit 1781 wird dort das Wetter aufgezeichnet.
Ein Blick auf die Folgen des Temperaturanstiegs anhand von einigen Beispielen in verschiedenen Bereichen:
"Unumstritten, dass sich die Erde seit der Industrialisierung stark erwärmt"
- Ausgangslage: Global war das Jahrzehnt 2011-2020 laut MeteoSchweiz schon 1,1 Grad wärmer als der vorindustrielle Durchschnitt von 1850 bis 1900. Es sei „unumstritten, dass sich die Erde seit der Industrialisierung stark erwärmt und sich das Klima maßgeblich verändert hat.“ Verändert hat sich laut Meteorologe Schug unter anderem die Niederschlagsverteilung. Insbesondere im Sommer seien Starkregenereignisse und längere Dürre- oder gar Trockenperioden mit großer Hitze häufiger.
Lesen Sie auch: Hitze, Dürre, Hochwasser: Wie die Landkreise in der Region auf Klimafolgen vorbereitet sind
Wasserwirtschaftsamt Kempten: "Wassersparen ist das Gebote der Stunde"
- Wasserhaushalt Seit dem Hitzesommer 2003 habe die „Grundwasserbildung kontinuierlich abgenommen“, schildert Karl Schindele, Chef des Wasserwirtschaftsamts Kempten. Trotz der Niederschläge im Frühjahr seien inzwischen wieder fast alle „Grundwasserpegel im Minus“.
Auch die Niedrigwasserperioden an Bächen und Flüssen im Allgäu hätten „gefühlt zugenommen“, sagt Schindele. Sein Fazit: „Wassersparen ist das Gebot der Stunde.“ Zudem müsse die Flächenversiegelung begrenzt werden. Er verweist auf die Wasserstrategie Bayern“. Demnach sollen die großen Wasserversorger besser vernetzt werden, damit in Dürrezeiten ein besserer gegenseitiger Austausch möglich ist.
Gesundheitsminsiter Karl Lauterbach rät zu Hitzeschutzplänen
- Gesundheit Der Freistaat Bayern und die Bundesregierung betonen immer wieder den besonderen Schutz vulnerabler Gruppen bei starker Hitze, also beispielsweise von Senioren und Kranken. Das Bundesgesundheitsministerium plant eine „bundeseinheitliche in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten“ zu etablieren, so Minister Karl Lauterbach. Sie soll helfen, vulnerable Gruppen vor Hitzewellen besser zu schützen.
Außerdem sollen Ärzte dafür gewonnen werden, dass sie betroffene Patienten über den Schutz bei extremer Hitze aufklären.
Absterben und Borkenkäfer: Wälder leiden stark unter dem Klimawandel
- Forstwirtschaft Trockene und heiße Sommer, wie zuletzt im vergangenen Jahr, führen zum Anstieg der Borkenkäfer-Population. Die ohnehin durch die Trockenheit geschwächten Bäume sterben ab, besonders betroffen ist die Fichte. In Bayern wurden bereits 2008 der Schutz der Bergwälder in das Klimaprogramm 2020 aufgenommen und zeitgleich die Bergwaldoffensive ins Leben gerufen. Diese ist ein Sonderprogramm der Bayerischen Forstverwaltung zur Anpassung der Bergwälder an den Klimawandel.
Das Programm erstreckt sich über den gesamten bayerischen Alpenraum. Ziel ist angesichts des Klimawandels der Umbau beispielsweise von Fichten-Monokulturen in klimastabile Mischwälder. Nur so können sie ihre wichtigste Aufgabe erfüllen, den Schutz vor Muren, Erosion und Lawinen. Zudem spielt der Wald bei der Bekämpfung des Treibhauseffekts eine entscheidende Rolle. Unter anderem, weil Bäume der Atmosphäre Kohlendioxid entziehen und es speichern.
Lesen Sie auch: Ostallgäuer Jagdgenossenschaft trifft sich in Hohenschwangau: Die Zukunft des Waldes
Bäume erblühen früher - dann gefährden Nachtfröste die Ernte
- Obstanbau Die größten Herausforderungen für den Obstanbau stellen derzeit Wetterextreme wie Hitze und Starkregen mit Hagel dar, aber auch Spätfröste. Die Bäume schlagen am Bodensee seit Jahren immer früher aus und blühen. Kommt es in Folge beispielsweise in der zweiten Aprilhälfte zu empfindlichen Nachtfrösten, . Am Anbau anderer Obstsorten wird geforscht und dieser ausprobiert. Auch im Ackerbau werden neue, hitzebeständigere Sorten ausprobiert. Der zunehmende Wassermangel stellt die Landwirtschaft zusätzlich vor Probleme.
Aus diesen Gründen sind Tiere in den Bergen von den steigenden Temperaturen betroffen
- Wildtiere Viele Tiere in den Bergen, die sich auf diese extremen Lebensräume spezialisiert haben, gehören eindeutig zu den Verlierern des raschen Klimawandels. Wenn auch in den Bergen weniger Schnee liegt, schadet das beispielsweise Arten, die auf die isolierende Schneedecke angewiesen sind.
Dazu gehören unter anderem die Raufußhühner. Sie überwintern in Schneehöhlen, und auch Murmeltiere profitieren im Winterschlaf von der isolierenden Schneedecke auf ihren Bauten. Wenig oder kein Schnee bedeutet auch, dass Hermelin und Schneehase schneller zur Beute eines Raubvogels werden können. Denn ihr Fell färbt sich im Winter weiß, sozusagen als natürliche Tarnung vor Feinden.
Monitoring-Projekte des Alpiniums im Oberallgäu beschäftigen sich mit den Folgen des Klimawandels für Tiere und Pflanzen im Alpenraum. Vieles sei noch unerforscht, sagt Wildbiologe Henning Werth.
Vergangene Saison standen die meisten Lifte im Allgäu für lange Zeit still
- Wintersport Weniger hoch gelegenen Skigebiete bekommen es bereits massiv zu spüren: Mit steigender Temperatur geht natürlich auch die Schneefallgrenze nach oben. Die Zahl der Eistage, an denen das Quecksilber nicht über null steigt, habe signifikant abgenommen, sagt Meteorologe Schug. Die Winter werden kürzer, immer häufiger unterbrochen von längeren Tauwetter-Perioden. So wie im Januar dieses Jahres, als fast zehn Tage lang die meisten Lifte im Allgäu inmitten der Hochsaison still standen. Schug schränkt aber ein: „Auch ein sehr warmer Winter kann vorübergehend viel Schnee bringen.“
Rekordrückgang bei Gletschern im Allgäu
- Gletscher Der letzte kleine Gletscher in den Allgäuer Alpen, die Schwarze Milz, wird wohl in wenigen Jahren ganz verschwunden sein. Das Eisfeld unterhalb von Mädelegabel und Hochfrottspitze in den Oberstdorfer Bergen, war noch Anfang des 20. Jahrhunderts ein respektabler Gletscher. Heiße Sommer und zunehmend schneeärmere Winter haben dem Eis aber immer mehr zugesetzt. Zuletzt im vergangenen Sommer.
Da sei ein Rekordrückgang verzeichnet worden, sagt der aus dem Oberallgäu stammende Gletscherforscher Dr. Christoph Mayer von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Erst im vergangenen Sommer hatte Mayer den südlichen Schneeferner an der Zugspitze medienwirksam für „tot“ erklärt. Das kleine Eisfeld erfülle nicht mehr die Gletscher-Kriterien, befand die Akademie der Wissenschaften. Weitere werden folgen, sagt Mayer. Die Entwicklung sei nicht mehr aufzuhalten - im ganzen Alpenraum und weltweit.
Ohne Veränderungen ist der Blick in die Zukunft beunruhigend
- Ausblick Das bayerische Landesamt für Umweltschutz (LfU) hat sich mit Szenarien beschäftigt, wie unser Leben 2050 aussieht bei gemäßigten, zunehmenden oder starken Anstrengungen beim Klimaschutz. Erwartungsgemäß würde bei geringem Engagement die Zahl der Hitzetage und die Durchschnittstemperatur weiter stark steigen.
Bayern will bis 2040 klimaneutral werden. Manche Allgäuer Kommune hat sich sogar noch ehrgeizigere Ziele gesetzt. Um diese zu erreichen und in der Region nachhaltig etwas zu verändern, sind viele Aspekte wichtig. Vom Bau neuer Windräder über den Umgang mit Abfall bis zum Pflanzen von Bäumen. In unserer Serie „Der Klima-Check“ haben wir jeden Samstag einen Gesichtspunkt aufgegriffen und über über den Stand der Dinge informiert – und dabei aufgezeigt, was noch getan werden muss.