Sie veranstalten illegale Rennen in der Stadt, bei denen sie mit Tempo 100 oder mehr innerorts rasen. Sie verändern ihre Autos so, dass diese schneller und – vor allem – lauter sind: Die Polizei in Kaufbeuren hat den zwischen 25 und 30 Jahre alten Mitgliedern der sogenannten Autoposer-Szene den Kampf angesagt. In diesem Jahr wurden in der Stadt bereits 80 von ihnen angezeigt. Und die Schwerpunktkontrollen sollen fortgesetzt werden, kündigte das Polizeipräsidium in Kempten an – in allen größeren Städten des Schutzbereichs. Denn fast überall gebe es eine solche Szene von jungen Männern, die sich in erster Linie über ihr Auto definieren. Frauen sind in diesen Kreisen absolut in der Minderzahl: Unter den 80 angezeigten Fahrern waren nur zwei Frauen.
Geschlossene Clubs und Diskotheken verstärken das Phänomen "Autoposer"
Rückblick: Ende April hatte die Polizei in Kaufbeuren zwei 30 und 35 Jahre alte Männer gestoppt, die sich mit über 100 km/h in der Innenstadt ein nächtliches Rennen lieferten. Die 507 und 408 PS starken Autos sowie die Führerscheine der Männer wurden sichergestellt. Alleine in Bayern gab es knapp 500 illegale Straßenrennen in den letzten zwei Jahren. Als im Mai die Corona-Regeln gelockert wurden, häuften sich in der Stadt die Beschwerden von Anwohnern über das rücksichtslose Verhalten von jungen Auto-Rowdies. Der Kaufbeurer Polizei-Verkehrssachbearbeiter Stefan Horent nimmt an, dass die Corona-Einschränkungen mit noch immer geschlossenen Clubs und Diskotheken das Autoposing-Phänomen noch verstärkt hätten.
Illegales Straßenrennen in Memmingen: Polizei stellt Autos und Führerscheine sicher
Entsprechend treffen sich die Autoverrückten vor allem abends an Wochenenden und bei schönem Wetter an einschlägigen Treffpunkten. Von dort fahren sie dann mit ihren hochmotorisierten, oft technisch veränderten Autos in die Stadt, um zu posen. Sehen und gesehen werden, heißt das Motto. „Man will halt zeigen, was man ist“, sagt der Kemptener Verkehrspsychologe Rudolf Mayr: „Das gesehen werden gehört auf jeden Fall dazu, das ist ganz wichtig.“ Imponieren wollen die 20 bis 30-Jährigen in der Szene vor allem jungen Frauen. Das Problem der Raser: Die meisten jungen Frauen finden das PS-Geprotze eher lächerlich, meinte ein Polizist im Gespräch mit unserer Zeitung.
Viele illegale Zubehörteile im Internet verfügbar
Bei den zwölf Schwerpunktkontrollen im Kaufbeurer Stadtgebiet nahm die Polizei 250 verdächtige Autos und deren Fahrer unter die Lupe. Bei vielen Pkw wurden technische Veränderungen festgestellt. Gefunden wurden auch Teile, für die es keine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) gab – zum Beispiel Auspuffanlagen, Felgen, oder Scheinwerfer. Ebenfalls beliebt: Die Rückleuchten werden mit Folien verdunkelt. Im Internet und im Fahrzeughandel seien viele Zubehörteile erhältlich, die teuer, aber in Deutschland eben nicht erlaubt sind, schildert Matthias Kustermann von der Polizei in Kaufbeuren. Werden diese eingebaut, erlischt im Extremfall die Betriebserlaubnis des Autos. Die Folge: Der Wagen wird sichergestellt und von einem Experten begutachtet. Die beanstandeten Teile müssen dann wieder ausgebaut werden. Erst wenn das Auto erneut überprüft worden ist, kann es wieder zugelassen werden.
Doch nicht jeder Autoposer ist ein Schrauber. Es gibt auch PS-starke Wagen zu kaufen, die vom Werk aus über einen sogenannten Rennmodus verfügen. Wird dieser – verbotswidrig – in der Stadt eingeschaltet oder manipuliert, ist das Auto lauter und schneller. Und der Fahrer kann den Auspuff knallen lassen.