Gerade noch freischaffender Musiker, nun festangestellter Professor in Stuttgart: Wie fühlt sich das nach den ersten Unterrichtsstunden an, Herr Schriefl?
Schriefl: Für mich ist die Zeit gekommen, Wissen weiterzugeben. Ich möchte gern andere von dem profitieren lassen, was ich über all die Jahre erfahren habe. Ich habe immer schon gern unterrichtet und fühle mich jetzt erst reif für so eine Stelle. Gleichzeitig werde ich auch selbst Student bleiben, weil ich meine Instrumente und Musik weiterhin mit immer noch wachsender Neugier erforsche.
Und warum Stuttgart?
Schriefl: Stuttgart ist der ideale Ort für mich. In der Jazz-Abteilung unterrichten mehrere meiner Lieblings-Musiker, meine Klassik-Trompete-Kollegen sind auch unglaublich kompetent und offen, und unser Jazz-Institutsleiter, Rainer Tempel, sowie die Hochschulleitung sind sehr idealistisch an einer Öffnung der Hochschule nach außen interessiert.
Wir haben Sie bisher als Freigeist erlebt, der sich immer wieder verrückte musikalische Projekte einfallen lässt und sie in verschiedenen Ländern realisiert. Ist dieser Lebensabschnitt vorbei?
Schriefl: Ganz klar nein! Ich hab das Gefühl, dass ich gerade erst angefangen habe, ganz vieles in der Musik zu verstehen, da wäre ich ja schön blöd, wenn ich jetzt aufhören würde weiterzuforschen. Außerdem ist für mich Musik etwas Lebendiges. Vieles, was sich nicht bewegt, stinkt irgendwann. Das gilt auch für Musik. Im Januar war ich über einen Monat lang in Indien mit indischen Musikern auf Tour und habe dort ganz viel gelernt über die philosophischen Texte der traditionellen Stücke und den Geschichten dahinter. Auch jetzt noch öffnen sich ständig neue Horizonte für mich.

Bleibt als Professor überhaupt noch Zeit für Tourneen?
Schriefl: Ja, weil es Spaß macht, und weil es nur eine halbe Professur ist. Auch im Allgäu wird man mich künftig regelmäßig erleben können. Am 9. Mai etwa werde ich mit meiner Band Amithias im Altusrieder Theaterkästle auftreten. Und im Sommer spiele ich mit „Six, Alps & Jazz“ zwei Konzerte im Allgäu.
Bringt so eine Professorenstelle eine finanzielle Sicherheit, die sich jeder freischaffende Jazzmusiker gern wünscht?
Schriefl: Das stimmt, andererseits hab ich mir auch als freischaffender Musiker keine Sorgen um meine Zukunft gemacht. Wenn eine harte Zeit käme, dann beträfe sie uns alle, egal wie scheinbar abgesichert wir uns fühlen.
Sie wohnen in Köln, die Professoren-Stelle ist in Stuttgart. Werden Sie ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlagern?
Schriefl: Nein, weil ich in zweieinhalb Stunden mit dem Zug von Köln nach Stuttgart fahre und auf dem Weg vieles erledigen kann, nehme ich die Strecke gern in Kauf. Übrigens liegt Stuttgart für mich auch auf direktem Weg ins Allgäu, und so wird sicher auch der eine oder andere kleine Heimaturlaub mehr für mich rausspringen.
Was möchten Sie den Studierenden beibringen? Sind Sie frei in den Methoden und Inhalten, oder müssen Sie einen Lehrplan erfüllen?
Schriefl: Ich bin komplett frei, und ich gehe sehr individuell auf die Bedürfnisse und den Stand der Studierenden ein. Mein Ziel ist es, dass alle das Handwerk solide lernen, sprich Trompete spielen können und eine gute Basis an musiktheoretischem Wissen, vor allem im Jazz, haben. Künstlerisch will ich, dass alle authentisch bleiben und vor allem Freude am Lernen haben. Und ich will Persönlichkeiten ausbilden, die der Gesellschaft etwas zurückgeben, und die gute und kreative Musik auf die Straße und in die Konzerthäuser bringen. Mir ist auch wichtig, dass meine Studierenden aus sich herausgehen und mit ihren eigenen Ideen auf mich zukommen. Ich bin dann nur derjenige, der die richtigen Fragen stellt und sie auf heiße Spuren bringen kann. Für ihr Wachstum sind sie allerdings selbst verantwortlich. Ich versuche, ihren Geist etwas zu öffnen und ihnen mögliche Wege zu zeigen, die für sie passen könnten.