Das Bild ist eindeutig: Fünf Menschen haben vor der Gedenkstelle Position bezogen, teils mit einer lodernden Fackel in der Hand. Die Jacken weisen sie als Anhänger oder Mitglieder des III. Weges aus. „National“, „revolutionär“ und „sozialistisch“ ist auf den Kleidungsstücken zu lesen. Abgespielt hat sich das Ganze im November 2019 an der Lindenberger Aureliuskirche – ein „Heldengedenken“ der rechtsextremistischen Partei. Bekannt geworden ist das erst jetzt.
Der Inlandsgeheimdienst bescheinigt dem III. Weg einen „stark neonazistisch geprägten“ Rechtsextremismus. Verboten ist die Partei nicht, anders als das „Freie Netz Süd“, das als Vorläuferorganisation des III. Weges gilt. Der hat kürzlich erstmals im Vorfeld von Wahlen im Westallgäu plakatiert. Verwundert hat das politische Beobachter nicht. Immer wieder taucht die extremistische Gruppe vor Ort auf.
Keine Möglichkeit, gegen "Heldengedenken" vorzugehen
Erstmals machte sie 2015 mit der „Deutschen Winterhilfe“ von sich reden. Mitglieder brachten Bewohnern der Obdachlosenunterkunft in Lindenberg Kleidung. Verbunden war die Aktion mit Parolen, die an die dunkelste Zeit in der deutschen Geschichte erinnern. Vier Jahre später landeten in Dutzenden Briefkästen mehrseitige Broschüren der Partei. Damit wollte die rechtsextremistische Gruppierung über die Lage in den „deutschen Ostgebieten“ aufklären. Gemeint waren freilich nicht Sachsen oder Thüringen, sondern Ostpreußen und Schlesien, also polnisches Staatsgebiet. Im Frühjahr diesen Jahres haben Anhänger schließlich einen Flyer in der 11500-Einwohner-Stadt Lindenberg verteilt, in dem sie sich gegen die Corona-Politik wandten. Beide Aktionen sorgten bei Bürgerinnen und Bürgern für Aufsehen.
Weitgehend unbemerkt geblieben ist dagegen das „Heldengedenken“, das Anhänger der rechtsextremistischen Partei im November 2019 abgehalten haben – im Schutz der Nacht, wie die Aufnahme auf der Homepage der Partei vermuten lässt. Als Datum nennt der III. Weg selber den Volkstrauertag, also den 1. November. Sehr wahrscheinlich stimmt das Datum. Darauf lassen die Kränze schließen, die unter anderem die Stadt an dem Tag hat niederlegen lassen. Sie sind auf der Aufnahme zu sehen.
Das Rathaus hat erst durch unsere Zeitung von dem Treffen der Rechtsextremisten erfahren. Der Lindenberger Bürgermeister Eric Ballerstedt zeigte sich schockiert: „Das kann niemand für gut befinden, natürlich nicht“, sagte er. Die Verwaltung hat mittlerweile klären lassen, ob sie Möglichkeiten hat, gegen ein Heldengedenken dieser Art vorzugehen. Die Auskunft von Polizei und Staatsschutz sei negativ gewesen, sagt Ballerstedt. Die Gedenkstelle sei ein öffentlicher Platz, der III. Weg eine nicht verbotene Partei. Und auch um eine Kundgebung, die angemeldet werden muss, habe es sich nicht gehandelt.
Dritter Weg: 160 Mitglieder in ganz Bayern
Wie viele Mitglieder und Anhänger die Partei im Allgäu hat, ist unklar. Der Verfassungsschutz nennt in seinem Jahresbericht 2020 die Zahl 160 für ganz Bayern. Sie verteilen sich auf fünf Stützpunkte im Freistaat. Nach den Erkenntnissen des Inlandsgeheimdienstes hat der III. Weg seinen Allgäuer Stützpunkt bereits 2016 aufgelöst und organisatorisch dem Bereich „München Oberbayern“ zugeordnet.
Allerdings sind seine Mitglieder weiter in der Region aktiv. Dafür gibt es viele Beispiele. In Kempten wollte die Partei 2019 verhindern, dass auf dem Gelände der ehemaligen Artillerie-Kaserne ein Zentrum für Flüchtlinge entsteht. Die Anhänger verteilten Flyer mit der Aufschrift „Überfremdung endlich stoppen!“ Jüngst trat der III. Weg in München in Aktion: Am Montag entfernte die Polizei dort nach eigenen Angaben Wahlplakate der Partei, auf denen „Hängt die Grünen!” zu lesen war.
In Lindau trafen sich am 8. Mai 2018 selbst ernannte „volkstreue Kräfte“ des III. Weges in der Gedenkstätte der Peterskirche. Dort haben sie unter anderem der „europäischen Freiwilligen der Eliteverbände“ gedacht – mit dem Begriff bezeichnen Neonazis die Waffen-SS. Als besonders sattelfest in Sachen Heimatkunde zeigen sich die Nationalisten allerdings nicht. So verorten sie in Posts auf dem Messengerdienst Telegram die Stadt Lindau schon mal in Baden-Württemberg.
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