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Memmingen: Gefälschte Impfpässe verkauft - Polizei nimmt Reichsbürger fest

500 Blanko-Impfpässe

Beschädigtes Paket brachte die Polizei auf seine Spur: Memminger verschickte gefälschte Impfpässe

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    Impfpass gefälscht: Die Memminger Polizei hat einen Mann festgenommen, der gefälschte Impfpässe verkauft haben soll.
    Impfpass gefälscht: Die Memminger Polizei hat einen Mann festgenommen, der gefälschte Impfpässe verkauft haben soll. Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolfoto)

    Festnahme in der Reichsbürger-Szene: Ein Mann aus Memmingen steht im Verdacht, mit gefälschten Impfpässen gehandelt zu haben, teilt die Polizei mit. Bei einer Durchsuchung fanden Polizisten Hinweise auf Blanko-Impfpässe, gefälschte Stempel und Impfchargen-Aufkleber. Der Verdächtige soll der Reichsbürger-Szene angehören.

    Memmingen: Impfpass gefälscht - Mann greift Polizisten an

    Der Impfpass ist so wertvoll wie nie. Egal ob für den Besuch im Möbelhaus oder im Restaurant, ohne digitales Impfzertifikat oder das gelbe Heft geht nichts. Der klassische Papierausweis wird jedoch immer wieder gefälscht, alleine im November ermittelten Allgäuer Polizisten über 100 gefälschte Dokumente in der Region.

    Fake-Impfpässe aus dem Allgäu: Das Bild zeigt einen Teil der sichergestellten Blanko-Impfausweise und Impfchargen-Aufkleber.
    Fake-Impfpässe aus dem Allgäu: Das Bild zeigt einen Teil der sichergestellten Blanko-Impfausweise und Impfchargen-Aufkleber. Foto: Polizei Schwaben Süd/West

    Doch nun gelang den Ermittlern ein Schlag gegen die Fälscherszene. In Memmingen nahm die Polizei eigenen Angaben zufolge bereits am 27. November einen 36-Jährigen fest, der drei Pakete mit rund zwei Dutzend gefälschten Impfpässen zum Versand aufgeben wollte.

    Gefälschte Impfpässe: Hinweis kommt von der Post

    Der entscheidende Hinweis zur Ergreifung des Mannes kam dabei aus einem Postverteilerzentrum. Dort war laut Polizei ein beschädigtes Paket aufgefallen – das Blanko-Impfpässe enthielt. Diese Spur führte die Ermittler zum tatverdächtigen 36-Jährigen, der bei einem gezielten Zugriff festgenommen wurde. Dabei widersetzte er sich massiv, laut Polizeisprecher Holger Stabik kam es zu einem „wüsten Gerangel“, in dessen Verlauf der Mann versuchte, die vier Polizisten gegen den Kopf zu treten.

    Einsatz gegen Impfpass-Fälscher: Polizist erleidet Hämatome und Schürfwunden

    Drei der eingesetzten Beamten wurden dabei verletzt, sie erlitten Hämatome und Schürfwunden. Als die Ermittler anschließend die Wohnung des Mannes durchsuchten, stießen sie gewissermaßen auf eine Fälscherwerkstatt. So fanden die Beamten Hinweise, dass der Mann 500 Blanko-Impfpässe besaß.

    Lesen Sie auch: Polizei ertappt Fälscher bei Übergabe eines gefälschten Impfpasses in Donauwörth

    Doch damit nicht genug: In drei Paketen für Adressaten in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg entdeckten die Ermittler nicht nur über 20 Blanko-Impfausweise, sondern auch mehr als 60 Impfchargen-Aufkleber sowie drei gefälschte Stempel von Impfzentren in Baden-Württemberg. Hinzu kam ein gefälschter Aufkleber einer Kfz-Hauptuntersuchung für ein Autokennzeichen.

    Auf den gefälschten Impfausweisen waren die Unterschriften echter Ärzte

    Der mutmaßliche Fälscher ging dabei offenbar höchst professionell vor. So waren die Impfausweise teilweise mit Chargen-Aufklebern von Vakzinen, Stempeln und gefälschten Unterschriften echter Ärzte versehen. Der Festgenommene setzte offenbar auch anderweitig auf gefälschte Dokumente. So prangte am Auto, mit dem der Mann bei seiner Festnahme unterwegs war, nach Polizeiangaben eine Dublette eines tatsächlich existenten Kennzeichens mit einer falschen Zulassungsplakette.

    Nun wollen die Ermittler die Adressaten der Pakete ins Visier nehmen. Außerdem sollen sichergestellte Datenträger ausgewertet werden, um eventuell noch unbekannte Abnehmer dingfest zu machen. Hinweise auf Mittäter gibt es laut Polizei bisher jedoch nicht. Der Versand der Pakete erfolgte nur drei Tage nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung, die das Fälschen von Impfausweisen ins Visier nimmt.

    Gefälschte Impfpässe verschickt: Mann offenbar ein "Reichsbürger"

    Seit September 2020 ist der 36-Jährige der Polizei als Angehöriger der Reichsbürger-Szene bekannt. Während seiner Festnahme, so die Polizei, sprach der Mann den Beamten die "Rechtmäßigkeit ihrer Maßnahmen ab, da sie nur Angestellte einer Firma und keine Polizeibeamten seien."

    Lesen Sie auch: Zahlen und Fakten: Reichsbürger-Szene hat in Bayern immer mehr Zulauf

    Gefälschter Impfpass: Aktueller Fall auch in Lindau

    Das Problem der gefälschten Impfpässe zeigt auch ein aktueller Fall in Lindau. Dort legte eine Kundin nach Polizeiangaben einen Impfpass in einer Apotheke vor, um sich ein digitales Impfzertifikat ausstellen zu lassen. Eine Mitarbeiterin zweifelte jedoch an der Echtheit des Passes – die Kriminalpolizei bestätigte dies. Die Kundin gestand, für sich und ihren Lebensgefährten zwei Pässe für einen dreistelligen Betrag von einer Bekannten gekauft zu haben. Daraufhin wurde die Wohnung der Verkäuferin im Westallgäu durchsucht, ein weiterer Pass sowie Laptop und Handy wurden sichergestellt.

    Gefälschte Impfpässe erkennen: Das rät die Polizei

    • Zertifikat oder Impfpass mit Ausweis und Foto abgleichen
    • App prüfen, Screenshot beispielsweise durch Wischen ausschließen
    • QR-Code scannen
    • Erhöhte Vorsicht bei neuen Impfpässen
    • Begründeter Verdachtsfall? Polizei informieren

    Wie viele Reichsbürger gibt es im Allgäu?

    272 Reichsbürger zählt die Polizei im Jahresbericht 2020 im Bereich des Präsidiums Schwaben Süd/West. Das umfasst aber nicht nur das Allgäu, sondern auch die Landkreise Günzburg und Neu-Ulm. 2019 waren in der Region laut Polizei 259 Reichsbürger aktiv.

    Was ist ein Reichsbürger?

    Sogenannte Reichsbürger sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Sie glauben, Deutschland wäre noch immer besetzt und hätte keine gültige Verfassung. Oft stehen sie deshalb im Konflikt mit Behörden. In Deutschland sind laut Verfassungsschutzbericht rund 1000 Menschen in der Szene aktiv.

    Seit 2016 wurden bei Menschen aus dieser oft recht kleinteilig organisierten Szene - manche "Reichsbürger" gehören gar keiner Gruppe an - fast 900 waffenrechtliche Erlaubnisse eingezogen. Bei einer Razzia hatte im selben Jahr ein sogenannter Reichsbürger im bayerischen Georgensgmünd auf vier Polizisten geschossen. Einer von ihnen erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Das Spezialeinsatzkommando wollte die Waffen des Jägers beschlagnahmen.

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