Überraschende Entwicklung im Prozess um den Tod eines Ehepaars im Altenstadter Ortsteil Untereichen: Fast ein Jahr nach der Tat hat der Hauptangeklagte sein Schweigen gebrochen. Erstmals äußerte er sich am Donnerstagvormittag zum Tatvorwurf. Wie das Landgericht Memmingen mitteilte, gab Patrick O. eine sogenannte geschlossene Erklärung ab. Darin gibt er zu, seinen Vater Karl O. und dessen Ehefrau nach einer Auseinandersetzung umgebracht zu haben.
Patrick O. und seine Ehefrau Julia sind wegen Mordes angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, gemeinschaftlich das Ehepaar Karl und Monika O. in der Nacht auf den 22. April 2023 in dessen Haus in Untereichen getötet zu haben. Patrick O. ließ seine Erklärung durch einen seiner Verteidiger verlesen. Der Angeklagte will jedoch keine Fragen des Gerichts oder der Verfahrensbeteiligten dazu beantworten.
Die mitangeklagte Ehefrau soll vor dem Haus gewartet haben
Der Mitteilung des Landgerichts zufolge räumt Patrick O. in der Erklärung ein, in der Tatnacht über ein gekipptes Fenster in das Haus seines Vaters eingedrungen zu sein, während seine Ehefrau vor dem Haus gewartet haben soll. Aufgrund des Zerwürfnisses zwischen ihm und seinem Vater wollte er seinen Angaben zufolge Karl O. eine Schusswaffe „unterschieben“, um ihn dann bei der Polizei anzuzeigen. Für den Fall, dass sein Vater ihn überraschen sollte, habe er ein Messer aus der Küche des väterlichen Hauses mitgenommen.

Im Haus soll ihn Monika O. überrascht haben. Mit ihr sowie dem zwischenzeitlich aufgewachten Vater sei es dann zu einer Auseinandersetzung gekommen. In deren Verlauf seien dann die beiden Opfer, auch durch Stiche mit dem Messer, getötet worden.
Doppelmord von Altenstadt: Es sollte wie Suizid aussehen
Der Angeklagte hat sich nach eigener Aussage dazu entschlossen, die Tat wie einen Selbstmord oder einen erweiterten Suizid aussehen zu lassen, was er dann auch umgesetzt habe. Anschließend habe er den Tatort zusammen mit seiner Ehefrau, die vor dem Haus gewartet haben soll, verlassen.
Ob diese Darstellung auch der Wahrheit entspricht, ist jedoch fraglich. Zwei Tage zuvor hatten Sebastian Kunz, der Leiter der Rechtsmedizin in UIm, und ein Physiker von der Universität Stuttgart vor Gericht ihre Gutachten erläutert. Die beiden Sachverständigen halten es wie berichtet für sehr wahrscheinlich, dass nicht eine Person allein die Bluttat ausgeführt hatte, sondern mutmaßlich zwei Personen gemeinschaftlich tätig waren. Anhand der Spurenlage sei nämlich davon auszugehen, dass die Leiche von Karl O. erst nach der Tat auf das Bett gelegt worden war. Für einen Einzeltäter wäre das nach Einschätzung der Gutachter ein ziemlicher Kraftakt gewesen.
Einen Menschen zu ersticken, erfordert viel Kraft und Ausdauer
Laut Obduktionsbericht starb Monika O., weil ihr mit einem Messer insgesamt 44 Stich- und Schnittverletzungen zugefügt wurden. Karl O. wurde erstickt. Auch das Ersticken eines Menschen erfordert Kunz zufolge viel Kraft und Ausdauer: Theoretisch dauere ein Erstickungsvorgang zehn Minuten, sagte der Rechtsmediziner. Auch wenn der Mann bereits 70 Jahre alt war und eine Lungenerkrankung hatte, sei anzunehmen, dass die körperliche Auseinandersetzung zwischen dem Täter und ihm mindestens drei bis fünf Minuten gedauert hat.
Die Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Bernhard Lang wird sich nun beraten, wie es aufgrund der Einlassungen des Hauptangeklagten weitergeht. Bislang waren noch sechs weitere Verhandlungstage angesetzt, demnach würde am 2. Mai das Urteil verkündet werden.
Julia O. hat sich nach wie vor nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der wegen Beihilfe zum Mord angeklagte Joffrey S. hingegen hatte sich schon bei den Ermittlungen kooperativ gezeigt und bereits frühzeitig im Prozess ausführliche Angaben zur Sache gemacht.