Sie nahmen den „Frey Seyn“-Whisky in der Martinskirche in Empfang (von links): Bernd Walcher, Christoph Schieder und Harald Wiedemann.
Bild: Uwe Hirt
Sie nahmen den „Frey Seyn“-Whisky in der Martinskirche in Empfang (von links): Bernd Walcher, Christoph Schieder und Harald Wiedemann.
Bild: Uwe Hirt
Es ist schon ein ziemlich ungewöhnliches Ereignis, dass ein 225-Liter-Fass Whisky in eine Kirche gerollt wird, um dort zu reifen. Deshalb wurde es in St. Martin in Memmingen auch gebührend mit einem kleinen Festakt empfangen. Zu tun hat die „verrückte Aktion“ – wie sie die beiden Ideengeber Bernd Walcher und Harald Wiedemann vom Feinkostladen GenussArt bei diesem Anlass nannten – mit den Zwölf Bauernartikeln, die im Jahr 1525 in Memmingen verfasst wurden.
Zwei Jahre lang soll der Whisky nun im Dachboden des evangelischen Gotteshauses reifen, bis er im Jubiläumsjahr 2025 in Flaschen zu 0,35 Liter abgefüllt und verkauft wird (jeweils ein Euro davon geht an die Kirchengemeinde St. Martin). 500 Jahre nach der Abfassung der Zwölf Artikel, die als eine der ersten Forderungen nach Freiheits- und Menschenrechten in Europa gelten, sollen diese dann auch mit diesem „Frey Seyn 1525 Single Malt Whisky“ gefeiert werden.
Bis dahin hat das Destillat aus einer Brennerei am bayerischen Schliersee ideale Bedingungen, um seinen Geschmack zu entwickeln. Denn in dem nur mit einfachen Dachplatten gedeckten Dachboden herrschen übers Jahr sehr hohe Temperaturunterschiede von -10 Grad bis über 40 Grad plus. „Diese Schwankungen beeinflussen den Reifeprozess ausgesprochen positiv“, erläuterte Wiedemann. Ausgesucht hat er für das „Frey Seyn“-Projekt einen jungen, milden Whisky, der bereits zwei Jahre in einem neuen Eichenfass lagerte, bevor er in der Kirche angeliefert wurde.
Es sei im Kirchenvorstand von St. Martin durchaus kontrovers diskutiert worden, ob das statthaft sei, sagte Dekan Christoph Schieder. „Ja, das wagen wir“, war man sich dann aber einig. Denn ein wichtiges Anliegen des Jubiläumsjahrs 2025 sei auch, die mutigen Gedanken, die in den Zwölf Artikel stecken, einer breiten Gesellschaft zugänglich zu machen, aber nicht nur mit Vorträgen oder Festakten. Mit Kooperationen wie diesen „kann man viele Fäden spannen in unsere Stadt“, sagte Schieder. Und der Schriftzug „Frey Seyn“ auf den Flaschen rege vielleicht zum Nachdenken an, was das eigentlich bedeute.
Oberbürgermeister Manfred Schilder wünschte dem Fass, dass es ihm nicht ergeht wir der großen Kugel voller Gin im Bodensee, die jetzt verschwunden ist. Doch da konnte Schieder beruhigen: „Wir haben eine ausgezeichnete Alarmanlage.“
Kaufen kann man den „Frey Seyn 1525 Single Malt Whisky“ schon jetzt bei GenussArt unter den Arkaden der Kramerzunft, wo die Zwölf Artikel einst abgefasst wurden. Allerdings nur als Gutschein, denn zum Abholen abgefüllt wird er natürlich erst in zwei Jahren.