„Schon wieder?“ ächzte eine Türkheimerin, als sie am Montagnachmittag von der Abkochverordnung für das Trinkwasser in Türkheim, Irsingen und Berg erfuhr. Sie und viele andere machten ihrem Unmut unter anderem auf Facebook Luft.
Auch Bürgermeister Christian Kähler war alles andere als amüsiert, als er von den Problemen mit dem Trinkwasser erfuhr: „Ja, leider schon wieder“, seufzte Kähler auf Anfrage unserer Redaktion. Denn Probleme bei der Trinkwasserversorgung sind ihm wie vielen anderen Türkheimerinnen und Türkheimern noch in schlechter Erinnerung. 2017 und 2018 beschäftigte die „Trinkwasser-Misere“ die Verbraucherinnen und Verbraucher, monatelang musste das Trinkwasser abgekocht werden. Damals waren es koliforme Keime, die das Türkheimer Trinkwasser verunreinigt hatten. Diesmal wurden Bakterien, sogenannte Enterokokken, bei Proben entdeckt.
Noch kein Verdacht, wie die Bakterien in das Türkheimer Trinkwasser gelangt sind
Bislang gebe es noch keinen Verdacht, wie die Bakterien in das Trinkwasser gelangen konnten. Die erste Probenentnahme sei am Donnerstag, 20. Oktober, erfolgt. Das Ergebnis habe der Gemeinde dann am Montag, 24. Oktober, vorgelegen. Um 15.43 Uhr ging die entsprechende Warnung bei unserer Redaktion ein, fast zeitgleich informierte die Gemeinde auf den üblichen Kanälen die Öffentlichkeit.
Das Landratsamt hatte deshalb eine Abkochanordnung erlassen. Demnach müssen die Bürgerinnen und Bürger ab sofort ihr Trinkwasser abkochen. Nach Auskunft des Landratsamtes wurden im Türkheimer Trinkwasser Enterokokken gefunden. Pressesprecherin Sylvia Rustler erklärte auf Anfrage: Enterokokken sind Bakterien, die in seltenen Fällen Infektionen auslösen können. Der Nachweis dieser Erreger sei aber auch ein Hinweis darauf, dass mit dem Vorkommen anderer fäkal ausgeschiedener Erreger gerechnet werden muss. Diese wiederum können Bauchschmerzen, Erbrechen, Übelkeit, Durchfall und andere Erkrankungen auslösen. Es gehe hier also nicht nur um das Vorkommen von Enterokokken. „Deshalb ist es nicht unbedingt ausschlaggebend, wie viele Enterokokken gefunden worden sind. Es gilt hier eine Null-Toleranz-Grenze, weil diese ein eindeutiger Hinweis auf fäkale Einträge sind“, betont Rustler.
Das Landratsamt gibt Tipps, wie sich die Türkheimer mit dem Trinkwasser verhalten sollten
Wäsche könne mit normalem Leitungswasser gewaschen werden. Das Wasser muss hierfür nicht abgekocht werden. Die Waschtemperatur sollte mindestens 40 Grad betragen. Zum Geschirrspülen sollte man die Spülmaschine auf mindestens 60 Grad einstellen. Zum Spülen von Hand verwendet man am besten abgekochtes Wasser.
Bei Enterokokken gilt in Deutschland eine Null-Toleranz, also null Keime pro 100 Milliliter Wasser. Im Türkheimer Wasserwerk habe man vier Keime gefunden, so Bürgermeister Christian Kähler. Weitere Proben würden noch untersucht. Noch am Montag seien diese Nachproben direkt ins Labor nach Kempten gebracht worden, mit Ergebnissen rechnet Kähler „vielleicht am Mittwoch oder Donnerstag“. Die Proben seien vom Labor und von den dazu berechtigten Mitarbeitern im Wasserwerk genommen worden.
Das Leitungswasser dürfe nicht ungekocht getrunken werden, warnt Kähler. Das abgekochte Wasser zu trinken, sei dagegen unbedenklich. Abkochen heißt nach der Definition der Gemeinde: einmal aufsprudeln lassen. Auch für die Zubereitung von Salaten und Salatsaucen muss abgekochtes Wasser verwendet werden, will man gesundheitliche Folgen vermeiden. Das gelte auch für das Wasser, das zum Zähneputzen genutzt wird. Zum Duschen oder Baden könne das Wasser direkt aus der Leitung verwendet werden, ebenso für das Waschen der Wäsche.
Tiere können nach Auskunft der Gemeinde nicht mit abgekochtem Wasser getränkt werden. Wie lange die Abkochverordnung gelten wird, sei derzeit noch nicht absehbar, so Kähler. Auch ob dies überhaupt mit dem örtlichen Wassernetz zu tun habe, könne angesichts der momentan vorliegenden Informationen nicht gesagt werden. Jetzt gehe es vor allem darum, weitere Proben zu entnehmen, mögliche Ursachen einzugrenzen und die Ursache dann auch zu finden, so Kähler.
Das Jahr 2017 stand ganz im Zeichen der „Trinkwasser-Misere“ und daran erinnern sich alle Türkheimer Verbraucher ebenso wie Bürgermeister Christian Kähler und die Marktgemeinderäte noch immer mit Grausen: Monatelang musste das Trinkwasser im Gemeindebereich abgekocht und/oder mit Chlor versetzt werden, nachdem im Februar koliforme Keime festgestellt worden waren. Seit Anfang 2018 konnte nach einer aufwendigen und teuren Spülaktion des gesamten Leitungsnetzes Entwarnung gegeben werden – und alle atmeten auf.