Interessierte Menschen stehen Schlange vor dem Gerichtssaal, drinnen drängen sich Fotografen und Kameraleute: Groß ist das Interesse an der Hauptverhandlung, die am Dienstag, 23. Januar, am Landgericht Memmingen begonnen hat. Die 1. Strafkammer als Schwurgericht soll klären, ob ein Ehepaar Schuld am Doppelmord von Altenstadt (Landkreis Neu-Ulm) trägt. Die Staatsanwaltschaft Memmingen wirft Patrick Marcel und Julia O., 38 und 33, vor Monika O. mit 44 Messerstichen und Karl O. in der Nacht auf den 22. April 2023 durch Ersticken getötet zu haben. Joffrey S. steht als dritter Angeklagter wegen Beihilfe zum Mord vor Gericht.

Zum Prozessauftakt wurden zunächst eine Schöffin und ein Schöffe vereidigt. Dann wurde die Anklage verlesen. Außerdem stimmten die Prozessbeteiligten den Zeitplan für die nächsten Verhandlungstage ab. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters sagten die Verteidiger von Patrick und Julia O., dass sich ihre Mandanten vorerst nicht zur Sache äußern werden. Der Mitangeklagte Joffrey S. will nach Angaben seiner Anwältin und seines Anwalts bei einem der nächsten Termine aussagen.

An insgesamt 29 Verhandlungstagen bis 2. Mai 2024 sollen nach bisherigem Stand 50 Zeuginnen und Zeugen sowie zwölf Sachverständige aussagen. Vor dem Prozess hatte nur einer der Angeklagten Angaben gemacht. Bei einem Geständnis ist ein kürzerer Prozessverlauf denkbar. Ob das Verfahren abgekürzt oder gar verlängert wird, entscheidet die Kammer unter dem Vorsitz von Bernhard Lang. Die vielen Tage sind nötig, weil es sich bisher um einen reinen Indizienprozess handelt. Bei der Tat selbst in einem Einfamilienhaus in Untereichen war niemand anderes dabei, der vor Gericht aussagen könnte. Deswegen werden Sachverständige sowie Zeuginnen und Zeugen aus dem Umfeld angehört.
Ehepaar-Doppelmord in Altenstadt: Prozess am Landgericht Memmingen
Patrick Marcel und Julia O. sollen in der Nacht auf den 22. April 2023 in das Wohnhaus von Karl und Monika O. im Altenstadter Ortsteil Untereichen eingedrungen sein. Karl O. ist der Vater des Angeklagten, Monika O. dessen zweite Ehefrau. Beide hätten nicht mit einem Angriff gerechnet und seien wehrlos gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Das angeklagte Ehepaar soll versucht haben, die Tat als erweiterten Suizid von Karl O. darzustellen. Der Tatort ist noch heute abgesperrt.

Angeklagt ist mit Joffrey S. ein weiterer Mann. Er soll mit der Tat gerechnet und sie billigend in Kauf genommen haben. Der 32-Jährige ist demnach mit dem Patrick Marcel und Julia O. befreundet. Er habe beiden ein Auto geliehen und sollte dem Paar laut Tatplan ein Alibi verschaffen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Zudem soll Joffrey S. während der Tat das zwei Jahre alte Kind des Paars beaufsichtigt haben. Alle drei Angeklagten befinden sich in Untersuchungshaft.
Ehepaar im Kreis Neu-Ulm getötet: Sohn eines Opfers vor Gericht
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es bei der Tat ums Geld ging. Die beiden Hauptangeklagten hätten das Haus erben wollen, das sich in unmittelbarer Nähe zum eigenen Wohnhaus befindet. Patrick Marcel und Julia O. hätten verhindern wollen, das die Schenkung des Hauses von Karl an Patrick Marcel O. rückabgewickelt wird. Dem Paar wird zweifacher heimtückischer Mord aus Habgier, dem Angeklagten Joffrey S. Beihilfe dazu vorgeworfen. Für Mord sieht das Gesetz zwingend eine lebenslange Freiheitsstrafe vor, Beihilfe wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.
Vor Beginn des Verfahrens hatten Medienschaffende am Dienstag die Möglichkeit, Bilder und Videos anzufertigen. Am zweiten Verhandlungstag, Mittwoch, 31. Januar, wird sich der Mitangeklagte Joffrey S. wohl schon äußern. Auch ein psychologischer Sachverständiger ist zu diesem und weiteren Terminen geladen. Am 1. Februar soll eine Faserngutachterin des Landeskriminalamts zu Wort kommen.