Mit zahlreichen Einsatzkräften suchte die Polizei seit dem vorvergangenen Wochenende nach einem vermissten Mindelheimer. Der 65-Jährige hatte an jenem Freitagvormittag das Haus verlassen und war nach seinem Termin bei der Krankengymnastik nicht zurückgekehrt. Die Polizei schloss nicht aus, dass er sich in einer hilflosen Lage befindet, er sei auf medizinische Hilfe angewiesen. Inzwischen wurde der Mann tot aufgefunden. Ein Fremdverschulden wird ausgeschlossen.
(Anmerkung der Redaktion: Wir haben Text inzwischen anonymisiert, den Namen sowie seine Beschreibung herausgenommen. Ansonsten wurde der nachfolgende Bericht nicht verändert.)
Laut Polizeihauptkommissarin Silke Hopp vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/West in Kempten wurde die Umgebung bereits großräumig abgesucht, unter anderem an der Wohnanschrift des Vermissten sowie an Orten, an denen er sich möglicherweise aufhalten könnte.
Suchhunde suchen nach dem Vermissten, ein Hubschrauber nicht
Auch Mantrailerhunde waren laut Hopp im Einsatz. "Ein Hubschrauber wurde bislang nicht eingesetzt, da der Suchbereich nicht genauer eingrenzbar ist", so die Pressesprecherin. Derzeit suchen Beamte der Mindelheimer Polizeiinspektion und eine Suchhundestaffel nach dem Vermissten.
Seit dem Wochenende läuft auch eine öffentliche Fahndung nach dem 65-Jährigen. Doch hier gingen laut Hopp bislang nur wenige Hinweise ein.
Jeden zweiten Tag wird im Unterallgäu ein Mensch vermisst
Dass Angehörige einen Menschen vermissen, ist leider keine Seltenheit. Im Durchschnitt wird laut Polizei jeden zweiten Tag ein Unterallgäuer als vermisst gemeldet. Allerdings ist diese Zahl mit Vorsicht zu genießen: Beispielsweise können Minderjährige, die mehrfach aus einem Heim "ausbrechen", die Statistik schnell mal nach oben verschieben. Und auch minderjährige Flüchtlinge, die zu Verwandten ins Ausland ziehen, ohne sich abzumelden, gelten als vermisst.
Meist sind es Menschen mit Demenz, die vermisst werden, Jugendliche, (Sucht-)Kranke oder Suizidgefährdete. "Der erwachsene, gesunde Vermisste ist eher die Seltenheit, es gibt aber natürlich immer wieder Fälle, in denen von einem Unglück oder einer Gewalttat ausgegangen werden muss", sagt Holger Stabik von der Polizei. Aber: "Ebenso gibt es Menschen, die alle Brücken hinter sich abreißen und so als vermisst gelten."
Was tut die Polizei bei Vermisstenfällen?
Geben Angehörige eine Vermisstenanzeige auf, so wird die Polizei als Erstes versuchen, ein komplettes Bild über die vermisste Person zu bekommen. Dazu gehören neben den Grundsteinen wie einer Personenbeschreibung, einem Foto und einer Auflistung der mitgeführten auffälligen Gegenstände auch Ermittlungen zum Umfeld: Wo hält sich die Person auf? Gab es Streit? Einen Grund für das Verschwinden – etwa Krankheit oder Schwermut?
Anhand dessen werde dann das weitere Vorgehen entschieden: Es werden Bekannte und Verwandte befragt, Wohnungen und Örtlichkeiten im Freien abgesucht. Die Polizei erkundigt sich bei Ärzten und Krankenhäusern und bei Taxiunternehmern, Bahn und Busunternehmen, ob sie den Vermissten oder die Vermisste gesehen haben.
Auch Rettungsdienste (mit Personensuchhunden), die Feuerwehren, das Technisches Hilfswerk, die Wasserwachten sowie eine Öffentlichkeitsfahndung kommen als weitergehende Maßnahmen in Betracht. Zudem sucht die Polizei natürlich im internen Fahndungssystem nach dem Vermissten. Streifen und Polizeisuchhunde können eingesetzt werden, dazu Drohnen oder ein Polizeihubschrauber – dessen Einsatz hängt allerdings vom Wetter und dem Einsatzort ab.
Werden Fälle von vermissten Kindern und Jugendlichen anders behandelt die von Erwachsenen?
Es besteht laut Stabik ein gravierender Unterschied, ob Kinder und Jugendliche oder Erwachsene vermisst werden: Bei Ersteren liegt eine sogenannte "Vermissung" bereits dann vor, wenn ihr Aufenthaltsort unbekannt ist und sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben. Bei Erwachsenen muss noch eine Gefahr für Leib und Leben dazukommen. "Man gesteht ihnen also ein gewisses Recht auf Verschwinden zu", erläutert Stabik. "Das ist auch der Grund, warum nicht gleich jede Vermisstenmeldung auch in eine Vermisstenanzeige und -suche mündet." Die Öffentlichkeitsfahndung stelle relativ hohe Anforderungen an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. "Sie ist erst als eine der letzten Suchmöglichkeiten vorgesehen oder andersherum: Die Polizei ist verpflichtet, erst nahezu alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen."
Der Grund dafür ist simpel: Der Vermisste kann in die Veröffentlichung seiner Daten nicht einwilligen. Gerade über das Internet verbreiten sich Namen und Bilder rasend schnell und werden selbst dann, wenn der Vermisste wieder aufgetaucht ist, nicht überall gelöscht. Deshalb muss die Polizei jedes Mal die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen abwägen mit den Gefahren, die ihm drohen, sollte er nicht gefunden werden.
Wie lange werden Menschen in der Regel vermisst?
"Grob gesagt erledigt sich ein Großteil aller Vermissungen noch am selben oder innerhalb der darauffolgenden Tage", erklärt Holger Stabik. Hintergrund ist beispielsweise, dass ein Unglücksfall vorliegt und die Person hilflos aufgefunden wird, dass Demenzkranke an einer unerwarteten Stelle aufgegriffen werden oder dass Kinder und Jugendliche als vermisst gemeldet werden, weil sie nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zu Hause sind, wenige Stunden später aber wieder auftauchen. Es gibt aber natürlich auch ungeklärte Fälle, bei denen Personen tatsächlich von der Bildfläche verschwinden und nie wieder auftauchen. Über die Hintergründe kann dann oft nur gerätselt werden.