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Mit 60 will er nochmals durchstarten

Oberallgäu

Mit 60 will er nochmals durchstarten

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    Meusburger
    Meusburger Foto: reich-recla

    Die schlimmste Zeit war für Bernd Meusburger im Jahr 2016. Da war er arbeitslos. So sehr er sich auch bemühte, es hagelte Absagen auf seine Bewerbungen. Und das, obwohl er prima ausgebildet ist als Versicherungsfachmann und Verkaufstrainer. „Sie sind ja schon Ende 50“, habe er oft gehört. Und das klang in seinen Ohren wie ein Vorwurf. Schließlich klappte es doch – zumindest mit einer befristeten Anstellung. Die ist nun beendet. Der Oberallgäuer sorgte aber rechtzeitig vor, um eine weitere belastende Zeit der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Er ist auf dem Weg, Busfahrer zu werden – und eine Arbeitsstelle ist ihm sicher.

    Meusburger wandte sich bereits im März an die Agentur für Arbeit in Sonthofen. „Als Mensch, der unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht ist, bestand die Möglichkeit zu einer Qualifizierung“, sagt Reinhold Huber, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen. Kurzum, die Agentur bezahlt den Busführerschein. Aber das sei nicht generell so, sagt Huber. „Eine Förderung ist stark vom Engagement des Einzelnen abhängig.“ Und natürlich, welche Chancen er am Arbeitsmarkt hat. In der Pflege, als Bus- und Lkw-Fahrer gebe es beispielsweise gute Möglichkeiten. Auch für ältere Männer und Frauen, sagt Huber.

    Meusburger lernt täglich auf die Prüfung. Seine Fahrschule in Sonthofen ermöglicht es ihm, sich zu Hause am Computer mit einem Trainingsprogramm einzuarbeiten. Sie bietet auch Lehrfilme, die beispielsweise zeigen, wie Hänger angekuppelt werden. „Das kann ich mir immer wieder anschauen. Das ist eine feine Sache“, sagt Meusburger. „Aber man sollte sich das alles nicht so einfach vorstellen. Da gibt es viel Technisches zu lernen. Geschenkt kriegt man nichts.“

    Zur Theorieprüfung nächste Woche sollte er die 823 Fragen zum Grundwissen parat haben. Dann folgt der Fahrtest. Davor aber stehen mindestens 56 Fahrstunden inklusive Nacht-, Autobahn- und Überlandfahrten an. Das notwendige ärztliche Gutachten hat Meusburger bereits vorgelegt, den geforderten Erste-Hilfe-Kurs absolviert und das Führungszeugnis beantragt. Sein sportliches Ziel: „Bis Ende August möchte ich den Führerschein haben.“ Realistisch erscheint ihm aber selbst eher der 1. Oktober.

    Busfahrer sind gefragt. Es war für ihn ein Leichtes, ein Unternehmen zu finden, das ihn einstellen wird. Diese Bestätigung vor Beginn der Qualifizierung war Bedingung der Arbeitsagentur. „Ich habe im Internet geschaut, ob aktuell Busfahrer gesucht werden und dann angerufen und offen und ehrlich meine Situation geschildert.“ Beim persönlichen Gespräch hat er darauf hingewiesen, dass er im August 60 wird. Die verblüffende Antwort sei gewesen: „Wo ist das Problem?“

    Immer mehr Über-60-Jährige werden von der Agentur für Arbeit vermittelt. Sie sind in manchen Branchen gefragte Arbeitskräfte. Es gibt auch die Möglichkeit, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben und dann – auch mit 60 – neu durchzustarten. 2008 waren 8 650 Frauen und Männer aus dieser Altersgruppe beitragspflichtig beschäftigt, bis 2018 steigerte sich ihre Zahl auf knapp 21 400. Reinhold Huber von der Arbeitsagentur sagt: „Mit 58 in Rente gehen, das kann man sich heute kaum noch vorstellen.“ Die Vermittlungschancen in diesem Alter seien heutzutage „viel besser als noch vor zehn Jahren“.

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