Kaum eine Region in Deutschland hält so viel für Motorradfahrer bereit wie das Allgäu. Kurven über Kurven vor Panoramen, die man auf der Maschine und beim Mittagessen genießen kann. Für die Anwohner beliebter Strecken beginnt mit der Motorradsaison jedoch oft eine Zeit des Ärgers – in der Lärm die Freude über gutes Wochenendwetter trübt. Der Frust über diese Schallkulisse ist verständlich, die Motorradfahrer pauschal zu verteufeln aber dennoch falsch.
Nun könnte man mir als leidenschaftlichem Motorradfahrer schlicht ein Zitat Kurt Tucholskys entgegenschmettern („Der eigene Hund macht keinen Lärm, er bellt nur“), um eine Debatte von vorneherein abzuwürgen. Um eins klarzustellen: Es gibt Motorräder, die Krach machen, das ist unbestritten. Trotzdem muss man in der Diskussion über den Motorradlärm stärker differenzieren.
Nur wenige Motorradfahrer lärmen mit Absicht
Denn nicht alle Fahrer machen Lärm. Ein Großteil ist unauffällig unterwegs, was den Fahrstil, aber auch die Geräuschkulisse angeht. Es gibt jedoch zwei für Anwohner problematische Gruppen von Fahrern. Eine kleine, die absichtlich Lärm macht, und eine große, deren Motorräder eigentlich zu laut sind und deren Fahrstil das verstärkt. Der Unterschied: Bei letzterer sind die Maschinen vollkommen legal zugelassen und nicht manipuliert.
Diese Einteilung nahm mir gegenüber ein Motorradpolizist aus der Eifel vor, die ähnlich stark von Motorradlärm geplagt ist wie das Allgäu. Er schilderte ein absurdes Szenario: Man erwische manchmal Fahrer, deren Maschinen einen nachgerüsteten, illegalen Auspuff haben, wodurch sie 98 Dezibel laut sind. Direkt im Anschluss ziehe man eine andere Maschine raus, die zwar mit 105 Dezibel gemessen wird, aber vollkommen legal ist – da sie ab Werk so zugelassen wurde. Die Polizei kann also nichts gegen diese Maschinen tun, auch wenn sie in Kombination mit einer sportlichen Fahrweise für Anwohner beliebter Strecken zum echten Ärgernis werden können.
Viele Maschinen sind legal, aber trotzdem zu laut
Das zeigt den Irrsinn des Problems. Viele Maschinen sind schlicht von vornherein zu laut. Der Grund für den Ärger vieler Anwohner ist also nicht das Hobby der Biker an sich, sondern es sind Messvorschriften im Zulassungsprozess der Maschinen, die nichts mit der Realität zu tun haben. Motorräder sollten darum deutlich leiser werden – allein schon, um die Akzeptanz des Hobbys nicht zu verspielen. Der Zorn der Anwohner müsste sich deshalb auf die Politik richten, die zu wenig tut, um Motorräder leiser zu bekommen.
Schlagartig leise würde es durch strengere Zulassungsrichtlinien jedoch nicht werden, denn die Motorräder aus den vergangenen Jahren blieben ja zugelassen. Dennoch muss man Forderungen nach Streckensperrungen nur für Motorräder ablehnen – denn sie verletzen den Gleichheitsgrundsatz. Schließlich zahlen Motorradfahrer genauso Kfz-Steuer. Gleichzeitig ist es überfällig, in der Diskussion gerechter zu argumentieren und nicht pauschal die Biker zu verurteilen oder nur von ihnen Rücksicht einzufordern. Das gilt beispielsweise für Schilder, auf denen um leises Fahren gebeten wird, auf denen aber nur Motorräder zu sehen sind.

Bei Motorradfahrern wird gerne die ganze Gruppe mit wenigen Rasern gleichgesetzt. Obwohl, wie erst kürzlich in einem Artikel unserer Zeitung, ein Polizeisprecher klarstellte, dass diejenigen, die mit ihrem Fahrzeug umgehen wie mit einer Waffe, überwiegend Autofahrer seien. Diese Unausgewogenheit gilt auch beim Lärm. Dass gestandene Sportwagen, immer öfter aber auch stärker motorisierte Familienkutschen, eine ganz ähnliche akustische Belastung darstellen, fällt gerne unter den Tisch. Wer Motorradfahrer aussperren will, muss das auch mit diesen Autos tun.
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