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Nach Absturz: So lief die spektakuläre Bergung des Flugzeugs aus dem Öschlesee

Flugzeubabsturz Öschlesee

Nach Absturz: So lief die spektakuläre Bergung des Flugzeugs aus dem Öschlesee

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    Rettungskräfte bargen gestern ein abgestürztes Kleinflugzeug aus dem Öschlesee. Die Maschine war am Sonntag aus noch nicht geklärter Ursache in Turbulenzen geraten. Alle vier Insassen überlebten.
    Rettungskräfte bargen gestern ein abgestürztes Kleinflugzeug aus dem Öschlesee. Die Maschine war am Sonntag aus noch nicht geklärter Ursache in Turbulenzen geraten. Alle vier Insassen überlebten. Foto: Ralf Lienert

    Wie die Schwanzflosse eines weißen Hais ragte das Heck der abgestürzten Cessna 172 am Montag stundenlang aus den Wogen des Öschlesees – und versetzte 60 Rettungskräfte von Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz am Ufer des Strandbades in Sulzberg (Oberallgäu) in Alarmbereitschaft. Die Bergung des am Sonntagnachmittag aus bislang ungeklärter Ursache abgestürzten Leichtflugzeugs wurde zum technischen Kraftakt. Oberstes Ziel: Die Maschine nicht weiter zu beschädigen, um zu verhindern, dass der Kraftstoff aus dem Tank in den beliebten Badesee fließt.

    Nach knapp vier Stunden gelang es, das über 800 Kilogramm schwere Flugzeug mit einem Teleskopstapler an Land zu hieven. Dabei gelangte nur eine geringe Menge Öl in den See. Größere Schäden sind nach ersten Einschätzungen nicht zu erwarten.

    „Eine Cessna hatte ich noch nie am Haken. Das war außergewöhnlich“, sagte Martin Prestel (33) vom Amt für Brand- und Katastrophenschutz in Kempten, der sich als Mann der Stunde feiern lassen durfte. Der Oberbrandmeister zog das gut acht Meter lange Flugzeug in einer an „Wetten, dass…?“ erinnernden Präzisionsarbeit aus den Wellen. „Ich bin ganz ruhig geblieben. Gott sei Dank ging es nicht um Menschenleben, sondern um Sachwerte.“ Wie berichtet, überlebten alle vier Insassen, drei Männer und eine Frau im Alter von 27 bis 38 Jahren aus Niederbayern, den Absturz. Zwei Personen wurden schwer, zwei leicht verletzt. Lebensgefahr bestand gestern nicht mehr, teilte ein Polizeisprecher mit.

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    Das Kleinflugzeug war am Sonntag gegen 17.15 Uhr am Flughafen in Durach gestartet. Dem Piloten gelang es nach dem Start offenbar nicht, mit dem Flugzeug an Höhe zu gewinnen. Er steuerte die Maschine über die Autobahn 980 in Richtung Öschlesee, wo sie etwa 40 Meter vor dem Strandbad ins Wasser stürzte und acht Meter in die Tiefe sank. Die im Sommer bei vielen Familien beliebte Einrichtung hatte wegen der Corona-Krise nicht geöffnet. Auch der Verleih von Tretbooten ruhte. „Wer weiß, was da alles passieren hätte können“, rätselte gestern ein einheimischer Radler, der mit seiner Frau hinter der Polizeiabsperrung die Bergung der Maschine verfolgten. „Da darf ich gar nicht dran denken“, sagte sie.

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    Gestern Vormittag begaben sich zunächst Polizeitaucher an die Unglücksstelle im 13 Grad kalten Wasser. Mit Unterwasserfotos dokumentierten sie die Lage des Flugzeugs am Seegrund. Später wurde die Cessna mit sogenannten Bergungssäcken, die im Wasser mit Druckluft befüllt werden, behutsam in Richtung Wasseroberfläche bewegt und mit Motorbooten und Seilwinden in Ufernähe transportiert. Auf den Einsatz eines Hubschraubers wurde verzichtet, um weitere Schäden, speziell den Bruch der Tragflächen, am abgestürzten Flugzeug zu verhindern.

    Die Feuerwehr bekämpfte auslaufendes Öl mit Bindemittel. Nach ersten Einschätzungen sollen nur kleinere Mengen Öl ausgelaufen sein. Schäden im Gewässer sind demnach nicht zu befürchten.
    Die Feuerwehr bekämpfte auslaufendes Öl mit Bindemittel. Nach ersten Einschätzungen sollen nur kleinere Mengen Öl ausgelaufen sein. Schäden im Gewässer sind demnach nicht zu befürchten. Foto: Ralf Lienert

    Zwar bildeten sich schimmernde Ölspuren auf der Wasseroberfläche. „Das Ökosystem wurde jedoch nicht gefährdet“, sagte ein Sprecher des Wasserwirtschaftsamtes. Um Schäden zu verhindern, wurden Bindemittel eingesetzt und zudem eine 200 Meter lange Ölsperre im Wasser ausgelegt. Optisch an eine Leine im Schwimmbad erinnernd, soll sie das Ausbreiten schädlicher Betriebsstoffe aus dem Flugzeug unterbinden. Ab wann wieder im Öschlesee gebadet werden kann, ist noch unklar. Gewässerproben des Gesundheitsamtes sollen Gewissheit geben, hieß es.

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    Derweil laufen die Ermittlungen zur Unglücksursache auf Hochtouren. Ein Gutachter der Staatsanwaltschaft Kempten prüft, ob der Pilot einen Fehler machte. Ein weiterer Gutachter kommt vom Bundesamt für Flugunfalluntersuchungen. Er nimmt das Unglück auf „präventiver Ebene“ in Augenschein, erläuterte Polizeisprecher Holger Stabik. Mit anderen Worten: Der Gutachter klärt, ob ein technischer Defekt vorlag und welche Schlüsse aus dem Absturz generell gezogen werden können.

    Für die Untersuchungen wurde die Cesna 172 nach der Bergung auf ein nicht näher genanntes Polizei-Gelände verfrachtet. Die Arbeit der Gutachter könne mehrere Wochen dauern, hieß es am Montag.

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