Es gibt Sorgen um das Trinkwasser von 80.000 Allgäuern. Denn seit Jahren steigen die Nitratwerte des Grundwassers, aus dem das Trinkwasser für diese Menschen gewonnen wird. Betroffen sind Teile des Unterallgäus, die vom Wasserversorger Woringer Gruppe beliefert werden, und Memmingen. Darauf machte der Bund Naturschutz am Freitag während eines Treffens aufmerksam.
Wer ist Verursacher? Das wird in einer Studie, die das Wasserwirtschaftsamt Kempten im Auftrag der Memminger Stadtwerke und der Woringer Gruppe erstellt hat, in einem Satz zusammengefasst: „Insbesondere die intensiv genutzten landwirtschaftlichen Böden im gesamten südlichen Bereich der Memminger Schotterebene gelten als Ursache für die hohen Nitratgehalte im Grundwasser.“
Nitrat: Sorge um das Grundwasser
Damit ist vor allem das Düngen mit Gülle gemeint: Alles, was Feldpflanzen nicht aufnehmen können, sickert langsam ins Grundwasser. Die Memminger Schotterebene zieht sich vom Süden der Stadt bis in den Süden des Unterallgäus. „Die Landwirtschaft soll nicht unter Generalverdacht gestellt werden“, sagt Marcus Geske, Leiter der Stadtwerke Memmingen. Die Mehrheit halte sich an die Düngeverordnung. Aber es gebe Ausreißer, „die die Grenzen des Machbaren ausloten und darüber hinausgehen“.
Um welche Werte geht es? Ab 25 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser gilt es als belastet, der Grenzwert liegt bei 50 Milligramm, sagt Bernhard Simon, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Kempten. Sobald im Grundwasser 37,5 Milligramm Nitrat gemessen werden, ist der Wasserversorger verpflichtet, etwas dagegen zu tun, sagt Marcus Geske. Dieser Wert werde zwar noch nicht erreicht. Sorgen machen sich die Wasserversorger dennoch, weil die Belastung kontinuierlich steige. Deshalb gebe es unter anderem Beratungen für Landwirte und Absprachen mit anderen Behörden.
Nitrat im Allgäuer Grundwasser - ist das gefährlich?
Ist Nitrat gefährlich? „Laut Bayerischem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit geht von Nitrat selbst nur eine geringe unmittelbare Gesundheitsgefährdung“ für Erwachsene aus, sagt Simon. Allerdings kann Nitrat unter Umständen im Körper zu der chemischen Verbindung Nitrit umgewandelt werden, die schädlich sein kann - vor allem für Säuglinge.
Was unternehmen die Wasserversorger? Über die bisherigen Messungen für die Studie könne nicht auf einzelne Verursacher geschlossen werden, sagt Geske. Stattdessen müssten Proben auf einzelnen Feldern genommen werden. Rechtlich problematisch könne es werden, wenn ein Acker außerhalb eines Wasserschutzgebiets liegt. Deshalb haben die Stadtwerke Memmingen bereits das Landratsamt Unterallgäu um Hilfe gebeten. Mit dessen Unterstützung sei es leichter, jenen auf die Spur zu kommen, die sich nicht an die Düngeregeln halten. Das Landratsamt habe dann auch die Möglichkeit zu sanktionieren.
Kann das Trinkwasser im betroffenen Bereich getrunken werden? Ja, sagt Marcus Geske. Denn noch liege die Belastung durch Nitrat nicht über dem Grenzwert. „Die Bürger können sicher sein, dass wir kein Trinkwasser abgeben, das nicht der Verordnung entspricht.“
Kann Nitrat aus dem Wasser gefiltert werden?
Kann Wasser nicht von Nitrat befreit werden? Doch, das funktioniere technisch, sagt Marcus Geske. Allerdings müssten dann die Verbraucher dafür zahlen, weil sich wenige Landwirte nicht an die Regeln hielten.
Was fordern die Naturschützer? Zum Beispiel, dass landwirtschaftliche Betriebe nur eine bestimmte Anzahl an Kühen halten dürfen, sagte BN-Agrarreferentin Rita Rott während des Treffens im Unterallgäu. Und zwar bemessen an der Fläche der Felder: Ihrer Meinung nach sollte ein Landwirt nur so viele Tiere halten dürfen, dass er deren Gülle auch auf seinen Feldern verteilen kann und dabei nicht die vorgeschriebene Grenze überschreitet.
So bestehe gar nicht erst die Gefahr, dass ein Betrieb zu viel Gülle ausbringe. Wobei ihr wichtig ist: Es seien nur sehr wenige Betriebe, die sich nicht an die Regeln hielten. Für die meisten Landwirte lege sie „die Hand ins Feuer, dass sie sich ans Recht halten“.
Nitrat im Wasser: Landwirt reagiert
Was sagt die Landwirtschaft? Ein großer Betrieb mache nicht mehr Probleme als ein kleiner, sagt Andreas Schmid, Obmann des Bayerischen Bauernverbands im Ostallgäu. Auch nicht, was erhöhte Nitratwerte im Grundwasser angeht. „Das ist an den Haaren herbeigezogen.“ Denn die Düngeverordnung gelte auch für große Höfe - egal, wie viele Tiere dort gehalten werden. Überschüssige Gülle werde an Landwirte verkauft, die sie benötigten.
Dafür gebe es einen Markt. Erhöhte Nitratwerte im Grundwasser hätten zudem auch andere Verursacher: etwa eine marode Kanalisation und Kläranlagen, die bei Starkregen Abwasser abgeben. „Die Bullerbü-Landwirtschaft, die sich viele wünschen, hat es nie gegeben und wird es auch nie geben.“
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