Nach dem ersten Verdacht auf einen Infizierten entwickelte sich die Lage rasend schnell: Neun Menschen flogen die Rettungskräfte am vergangenen Mittwoch von Berghütten in den Allgäuer Alpen aus - wegen des Verdachts auf das Norovirus. Der Einsatz - an dem über 50 Rettungskräfte beteiligt waren und sogar eine Notfallzentrale im Nordic-Zentrum errichtet wurde - sorgte bundesweit für Aufsehen. Doch ist der große Aufwand tatsächlich nötig?
Ganz klar ja, sagt Dr. Karsten Menzel, Bereitschaftsleiter der Bergwacht Oberstdorf. "Das Norovirus ist ein hochansteckendes Virus, das insbesondere durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. Gerade in Gemeinschaftsunterkünften wie den Berghütten können sich in kürzester Zeit viele Menschen anstecken." In Hotels sei das kein Problem - "da kann jeder auf sein Zimmer gehen". Aber gerade auf Hütten sei das meistens nicht möglich.
Norovirus-Ausbruch auf Berghütten im Allgäu: Warum die Bergwacht so reagieren musste
"Das Ganze ist zum Glück tagsüber bekannt geworden", sagt Menzel. "Vor zwei oder drei Jahren hatten wir einen Fall mit einer Jugendgruppe, da kamen die Symptome in der Nacht", erzählt der Bereitschaftsleiter. Damals hätten sie 40 bis 50 Patienten auf den Hütten gehabt.
Beim Ausbruch in der vergangenen Woche habe man sich deswegen dazu entschieden, möglichst schnell und geordnet alle möglicherweise Infizierten von den Hütten zu holen und sie von den anderen Gästen zu separieren. "Je länger die Infizierten sich auf den Hütten aufhalten, umso mehr Menschen können sich anstecken", sagt Menzel. "Und wir wissen nicht, wie sich die Lage dann in der Nacht entwickelt."
Notfälle in den Alpen: Hütten für Medizin-Teams nur schwer erreichbar - vor allem nachts
Die Rettungsteams können im Falle eines Ausbruchs nur per Hubschrauber oder zu Fuß auf die Hütten kommen, betont Menzel. "Bei den betroffenen Hütten vergangene Woche sprechen wir von mindestens zwei Stunden Fußmarsch bei sämtlichen Aufstiegen - mit viel Material", sagt Menzel. Zudem seien Nachtflüge für Helikopterpiloten deutlich gefährlicher, da die Piloten Stromleitungen oder andere Hindernisse viel schlechter erkennen können.
Der erfahrene Bergretter rät deshalb: "Wenn man selbst Krankheitssymptome hat, sollte man sich zweimal überlegen, ob man auf eine Hütte geht - insbesondere bei möglichen Infektionskrankheiten." Und wenn eine Krankheit erst kurz zurückliegt, sollte man besonders auf die Hygiene achten - Handhygiene sei hier sehr wichtig. "Denn wenn man überlegt: Da kommt einer von der Toilette und wäscht sich nicht ordentlich die Hände, fasst an die Türklinke - und innerhalb der nächsten halben Stunde haben dreißig Leute die Erreger an der Hand." Um sich das richtige Verhalten bei einer Infektion vor Augen zu führen, legt Menzel die Infoseite des Robert-Koch-Instituts nahe.