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Personalmangel im Allgäu: Wo sind die Bedienungen hin?

Personalmangel im Allgäu

Wo sind die Allgäuer Bedienungen hin?

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    Manch ein Wirtshaus in der Region hat bereits die Öffnungszeiten reduziert, weil Personal fehlt. Dann bleibt die Küche zu und der Biergarten leer.
    Manch ein Wirtshaus in der Region hat bereits die Öffnungszeiten reduziert, weil Personal fehlt. Dann bleibt die Küche zu und der Biergarten leer. Foto: Peter Kneffel, dpa (Symbolbild)

    Es war ein Schock für Festwirt Jochen Mörz: Kurz vor Beginn der Allgäuer Festwoche in Kempten eröffnete ihm sein Personalvermittler, dass er nicht genügend Kräfte habe. Eine anstrengende Suche begann, mittlerweile habe sich die Situation gebessert, sagt Mörz. Um Personal zu finden, schaute er sich nicht nur in der Region um: „Wir haben auch mehrere Servicekräfte aus dem Rheinland.“ Ab und an gebe es zwar Verständigungsprobleme wegen des Dialekts und auch Maßkrüge tragen habe im Rheinland keine Tradition – „aber es geht“. Dennoch bleibt die Frage: Wo sind die Servicekräfte aus dem Allgäu hin?

    Wo sind die Servicekräfte aus dem Allgäu hin?

    Vor der Corona-Pandemie wurden Mitarbeiter für Festzelte oder größere Veranstaltungen oft über sogenannte Bedienungsringe organisiert. Von dieser Möglichkeit hat auch Metzgermeister Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer in Schwaben, bei Caterings schon Gebrauch gemacht: „In den Ringen haben sich mehrere Bedienungen zusammengeschlossen, eine oder einer hat die Leitung übernommen.“

    Mit dieser Person habe man dann abgesprochen, wie viele Leute gebraucht werden. „Die Servicekräfte waren meist Selbstständige, die über das Jahr hinweg für mehrere Arbeitgeber tätig waren.“ Durch Corona habe dieses Konzept gelitten, viele Ringe hätten sich aufgelöst.

    Genügend Bedienungen für das Festzelt auf der Allgäuer Festwoche zu finden war nicht leicht. Hier packen jetzt auch Servicekräfte aus dem Rheinland mit an – wie zum Beispiel Jeff Awumbe aus Düsseldorf.
    Genügend Bedienungen für das Festzelt auf der Allgäuer Festwoche zu finden war nicht leicht. Hier packen jetzt auch Servicekräfte aus dem Rheinland mit an – wie zum Beispiel Jeff Awumbe aus Düsseldorf. Foto: Ralf Lienert

    Arbeitsbedingungen in der Gastronomie schon vor Corona oft nicht gut gewesen

    Personalmangel gibt es allerdings nicht nur bei größeren Events, sondern in der gesamten Gastronomie. Einige Restaurants haben deswegen bereits ihre Öffnungszeiten verkürzt. „Das ist kein Wunder“, sagt Claudia Weixler, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Allgäu (NGG). Die Arbeitsbedingungen seien schon vor Corona oft nicht gut gewesen.

    „Aber der Mensch ist nicht so angelegt, dass er einfach von heute auf morgen sein Leben umkrempelt. Deswegen sind die meisten in ihren Jobs geblieben.“ Die Pandemie habe dann viele gezwungen, sich anderweitig umzuschauen – oder dafür den entscheidenden Impuls gegeben. „Einige Köche sind zum Beispiel in die Lebensmittelindustrie abgewandert.“ Sie seien mit den Produkten vertraut und hätten ein Verständnis für Hygiene. Zudem seien Arbeitszeiten und Verdienst besser. Andere Servicekräfte hätten in Supermärkten angefangen – und sich ebenfalls an die geregelteren Arbeitszeiten gewöhnt.

    "Gastronomen müssen aufhören zu jammern"

    Für Weixler gibt es nur eine Lösung: „Die Gastronomen müssen aufhören zu jammern und sich mit den Gründen für den Mangel auseinandersetzen.“ Nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit standen einem Kellner laut Tarif bei einer 39-Stunden-Woche bislang 2477 Euro im Monat zu – brutto. Im Frühjahr dieses Jahres wurde der Betrag auf 2651 Euro erhöht.

    „Das Problem ist nur, dass kaum ein Betrieb an den Tarif gebunden ist“, sagt Weixler. Zwar höre sie von vielen Gastronomen immer wieder, dass man sogar über Tarif bezahle. „Da muss man aber genau hinschauen. Häufig werden dann beispielsweise Überstunden nicht vergütet.“ Auch könne jeder Wirt werden und ein Restaurant eröffnen: „Oft fehlt dabei das Wissen über Personalführung und Planung.“ Von alleine werde sich daran nichts ändern. Weixler rät den Servicekräften, sich zusammenzuschließen, sich nicht klein zu machen und vor allem „frech zu sein“ und Forderungen zu stellen.

    "Der Mitarbeiter ist König"

    Susanne Droux, Geschäftsführerin für Berufsbildung beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband, weist darauf hin, dass vielerorts bereits über Tarif bezahlt werde. „Früher hieß es: Der Gast ist König. Jetzt ist es der Mitarbeiter.“ Die Gehälter seien bereits massiv erhöht worden und man habe sich intensiv mit Personalfragen beschäftigt, sagt Droux. Dabei habe sich gezeigt: Bei den Festangestellten gab es in der Pandemie keine „Massenabwanderung“, lediglich 8,5 Prozent der insgesamt 470.000 Mitarbeiter seien gegangen – viele davon in den vorzeitigen Ruhestand.

    Aktuell fehlen laut Droux gerade die Mini-Jobber, die beispielsweise in den Einzelhandel oder zu Impf- und Testzentren abgewandert seien und dort noch bindende Verträge hätten. Ein weiteres Problem: Gerade für die Sommermonate, wenn die Biergärten öffnen und Volksfeste stattfinden, habe man normalerweise viele Kräfte aus Staaten wie Albanien oder Montenegro nach Deutschland geholt. Das sei heuer wegen Corona nicht möglich gewesen. „Wir hoffen auf eine Entlastung im kommenden Frühjahr“, sagt Droux.

    Lesen Sie auch: Fehlende Servicekräfte: Aufs Essen warten, macht manche im Bierzelt sauer

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