Pläne für nachhaltigeren Tourismus im Allgäu

Bessere Parkplätze für Fahrgemeinschaften oder Hotelrabatt für Bahnreisende?

Der Klimawandel hinterlässt auch im Allgäu seine Spuren - wie dieses Bild aus dem vergangenen Winter zeigt. Es werden Pläne geschmiedet, wie der Tourismus in der Region nachhaltiger werden kann.

Der Klimawandel hinterlässt auch im Allgäu seine Spuren - wie dieses Bild aus dem vergangenen Winter zeigt. Es werden Pläne geschmiedet, wie der Tourismus in der Region nachhaltiger werden kann.

Bild: Ralf Lienert

Der Klimawandel hinterlässt auch im Allgäu seine Spuren - wie dieses Bild aus dem vergangenen Winter zeigt. Es werden Pläne geschmiedet, wie der Tourismus in der Region nachhaltiger werden kann.

Bild: Ralf Lienert

Beim Allgäu-Tag auf der Allgäuer Festwoche geht es darum, wie der Tourismus im Allgäu nachhaltiger werden kann. Einige Vorschläge sind unkonventionell.
16.08.2023 | Stand: 11:27 Uhr

Sollte man Skifahrern, die in einer Fahrgemeinschaft anreisen, einen besseren Parkplatz am Lift reservieren? Wie wäre es mit einem Hotelrabatt für Touristen, die mit der Bahn kommen? Beim Allgäu-Tag anlässlich der Festwoche in Kempten ist es darum gegangen, wie sich eine Destination als nachhaltige Tourismus-Region präsentieren und mit den Folgen des Klimawandels erfolgreich umgehen kann. Für den neuen Aufsichtsratschef der Allgäu GmbH, Thomas Kiechle, steht fest: Die Region solle eine Vorreiterin in Sachen Nachhaltigkeit werden. „Das ist kein Marketing-Instrument, sondern hat mit Werten zu tun“, sagte der Kemptener Oberbürgermeister.

Nachhaltiger Tourismus im Allgäu: Am "Zwei-Saisonen-Modell" festhalten

„Die globale Klimaerwärmung ist menschengemacht. Wir müssen lernen, damit umzugehen. Dafür ist es noch nicht zu spät“, sagte Dr. Ralf Roth von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Als Beispiel für eine Auswirkung des Klimawandels nannte er, dass „die Zahl der Betriebstage für eine Beschneiung rückläufig ist“. Es tue natürlich weh, „wenn man ein weißes Schneeband in einer grünen Landschaft sieht“. Dennoch riet er dem Allgäu, auch weiter auf das Wintergeschäft zu setzen und am „Zwei-Saisonen-Modell“ festzuhalten. Das sei wichtig, um Arbeitsplätze zu sichern. Und der Schnee übe einen ganz besonderen Reiz auf die Gäste aus: „Das ist eine verzauberte Landschaft, die beruhigt und Hektik abfedert.“

Die Nachfrage nach einem Skiurlaub sei „ungebrochen hoch“, sagte Roth: „Viele Ältere, die vom Schneesport einmal angefixt wurden, bleiben immer dabei.“ Der Markt verändere sich erst in zehn bis 20 Jahren, „wenn von unten weniger nachkommt“. Es sei keine Option für die Region, „Winter ade“ zu sagen, bestätigte Bernhard Joachim, Geschäftsführer der Allgäu GmbH. Wie aber kann es gelingen, den Tourismus mit dem Streben nach Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen? Martina Hollenstein Stadler aus dem schweizerischen Kanton Graubünden nannte als Beispiel eine Kooperation mit der Bahn: „Ab einer bestimmten Aufenthaltsdauer gibt es die Anfahrt umsonst. Dadurch kommen mehr Gäste mit öffentlichen Verkehrsmitteln“, sagte die „Leiterin Nachhaltigkeit“ in der Ferienregion Graubünden.

Besserer Parkplatz am Lift für Fahrgemeinschaften

Eine umweltfreundliche Anfahrt zu belohnen, ist auch für Ralf Roth eine denkbare Variante. Vielleicht könnte man Gästen, die in Fahrgemeinschaften kommen, einen besseren Parkplatz am Lift geben, sagte er beim Allgäu-Tag in Kempten. Ein ganz anderes Beispiel, um Nachhaltigkeit zu erzielen, erwähnte der Oberstdorfer Tourismusdirektor Frank Jost. „Unser Nordic Zentrum ist ein Leuchtturm-Projekt. Diese Wintersport-Anlage kann man auch im Sommer nutzen.“ Dort gibt es beispielsweise einen Pumptrack. Das ist eine Wellenbahn für Räder oder Skateboards.

Bleibt die Frage, ob und wie der Gast all diese Bemühungen überhaupt honoriert. „Er sucht die Region nicht nach dem Kriterium Nachhaltigkeit aus, nimmt sie aber vor Ort wahr“, sagte der Oberstdorfer Jost in der von Doris Bimmer moderierten Diskussionsrunde. Martina Hollenstein Stadler sagte, dass diese Werte gut über positive Vorbilder vermittelt werden könnten: „Zum Beispiel mit Videos und Fotos von einem Hotel oder einem landwirtschaftlichen Betrieb, die für Nachhaltigkeit einstehen.“ Wichtig sei auch, Lebensmittel aus der Region anzubieten, sagte Joachim. Ein weiterer Baustein könne eine umweltfreundliche Mobilität sein, ergänzte Jost bei der Veranstaltung der Allgäu GmbH. In diesem Zusammenhang nannte der Oberstdorfer die seit Langem fürs Allgäu geforderte Elektrifizierung der Bahn, die es bislang aber nur auf der Strecke München-Memmingen-Lindau gibt.

Skeptikern zuhören: "Bringen vielleicht Argumente, die man selbst nicht bedacht hat"

Beim Allgäu-Tag in Kempten herrschte Einigkeit darüber, dass Tourismus-Orte sich nachhaltig aufstellen müssen. Wie sollen sie aber mit Menschen in ihren Reihen umgehen, die solche Veränderungen nicht wollen? „Es gibt bei allem zehn bis 20 Prozent, die dagegen sind“, sagte Michaela Gasser-Mark, die sich in der Region Arlberg Stanzertal mit den Auswirkungen des Klimawandels beschäftigt. Doch die Tirolerin riet zur Gelassenheit, da die Skeptiker zum Nachdenken anregten: „Sie bringen vielleicht Argumente, die man selbst nicht bedacht hat.“

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