Im Fall des in einen mutmaßlichen Betrugsskandal verstrickten Allgäuer Bürgermeisters haben sich am Dienstag die Meldungen regelrecht überschlagen: Demnach bleibt Markus Berktold (CSU) weiterhin in Untersuchungshaft. Auch ein Disziplinarverfahren, das den Bürgermeister von Seeg (Ostallgäu) seines Amts entheben könnte, ist inzwischen gegen den 42-Jährigen eingeleitet worden. Obendrein durchsuchte die Kriminalpolizei am Montag und Dienstag erneut mehrere Objekte in der Region. Darunter waren das Rathaus Seeg, aber nach AZ-Recherchen auch das Landratsamt Ostallgäu in Marktoberdorf.
Betrugsskandal in Seeg: Strafbehörden weiter auf der Suche nach 1,1 Millionen Euro
Informationen unserer Redaktion zufolge sind die Strafbehörden noch immer auf der Suche nach dem Verbleib von 1,1 Millionen Euro an Corona-Hilfen. Diese Summe soll sich Berktold mit einem weiteren Beschuldigten zu Unrecht vom Staat erschlichen haben. Und zwar mittels Scheinrechnungen für das in Seeg ansässige Caritas-Pflegeheim und einen Pflegedienst.
Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, habe die Auswertung der bislang sichergestellten Dokumente weitere Durchsuchungen notwendig gemacht. Denn die Hintergründe für interne Geldströme seien noch immer unklar. Nähere Angaben machten die Behörden mit Verweis auf ermittlungstaktische Gründe nicht. Bereits vor drei Wochen waren das Rathaus, das Caritasheim in Seeg sowie Berktolds Privathaus durchsucht worden. In diesem Zuge war der Bürgermeister auch vorläufig festgenommen worden.
Gericht lehnt Beschwerde gegen Haft von Bürgermeister Berktold ab
Wegen Fluchtgefahr sitzt der 42-Jährige seither in Untersuchungshaft. Auch eine zwischenzeitlich von seinem Verteidiger Robert Chasklowicz eingereichte Beschwerde wurde von der nächsthöheren Instanz abgeschmettert. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hält weiterhin eine Fluchtgefahr für gegeben und verwarf deshalb die Beschwerde von Berktolds Anwalt.
Weshalb Kripo-Beamte nun auch Büros im Landratsamt durchsuchten? Dazu wollte sich Behörden-Sprecher Stefan Leonhart nicht näher äußern: „Wir sind jedenfalls nicht Gegenstand der Vorwürfe.“
Landratsamt Ostallgäu: „Wir sind nicht Gegenstand der Vorwürfe.“
Bei den jetzigen Durchsuchungen berief sich die Generalstaatsanwaltschaft auf Paragraf 103 der Strafprozessordnung. Heißt: Es sollten weitere belastende Dokumente gegen Berktold sichergestellt werden. Das Landratsamt gilt nach Angaben von Generalstaatsanwalt Matthias Held selbst aber ausdrücklich nicht als beschuldigt.
Angelaufen ist zwischenzeitlich auch ein Disziplinarverfahren, an dessen Ende Berktold sein Amt verlieren könnte. Oberlandesanwalt Michael Pahlke bestätigte dies am Dienstagnachmittag. „Die dem Disziplinarverfahren zugrunde liegenden Vorwürfe sind inhaltsgleich mit den im Strafverfahren erhobenen Vorwürfen“, sagt Pahlke. Daher sei das beamtenrechtliche Prozedere bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens direkt wieder ausgesetzt worden. Berktold habe zudem Gelegenheit bekommen, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Suspendiert ist Berktold damit nicht. „Bislang ist keine vorläufige Dienstenthebung ausgesprochen“, sagt Pahlke.
Stellvertreter führt aktuell Amtsgeschäfte in Seeg
Die Amtsgeschäfte in der Gemeinde Seeg führt damit bis auf Weiteres Lorenz Schnatterer, Berktolds Stellvertreter. Dieser will sich bei einer für Montag terminierten Gemeinderatssitzung erstmals öffentlich erklären. Thema soll dann auch eine umfangreiche Rechnungsprüfung sein. Man wolle für Transparenz und Vertrauen sorgen.
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