Vom belgischen Gent aus, wo er gerade mit Nachwuchsspielern aus dem Schweizer Nationalteam unterwegs ist, verfolgt der Blaichacher Tennistrainer Dieter Kindlmann die heiße Phase der Australien Open in Melbourne und hat dabei nicht nur einen Blick auf ehemalige Schützlinge von ihm – aber auch.
Beeindruckt etwa zeigte er sich von der Leistung von Lokalmatadorin Ashley Barty, die am Donnerstag Madison Keys im Halbfinale förmlich abkochte. „Das war souverän. Madison hatte keine Chance“, sagt der Ex-Profi, der früher neben Keys auch große Namen wie Maria Sharapova oder Angelique Kerber trainierte. Zu ehemaligen Schützlingen oder deren Agenten bestehe immer noch loser Kontakt. Keys-Bezwingerin Barty wird seiner Meinung nach auch das Finale am Samstag gegen die Amerikanerin Danielle Collins gewinnen.
Kindlmann: "Bei den Männern ist alles offen"
Bei den Männern sei derweil alles offen, sagt der 39-jährige Experte. „Zwischen Medwedew und Nadal wird die Tagesform entscheiden. Da im Best-of-5 gespielt wird, kommt es auch darauf an, wer zuvor mehr gelassen hat.“ Deutschlands derzeit größte Tennishoffnung, Alexander Zverev, ist nicht mehr dabei. Er schied früh aus, sprach dabei selbst von einer schlechten Turnier-Woche, die er beim ersten Grand Slam des Jahres gespielt habe.
Kindlmann betrachtet Zverevs Entwicklung dennoch nicht negativ: „Er hat zuletzt eigentlich sehr konstant gespielt. Dass er sang- und klanglos in drei Sätzen ausschied, hat mich überrascht. Aber solche Niederlagen passieren mal.“ Dabei wäre es für Zverev die große Chance auf seinen ersten Grand-Slam-Sieg gewesen, zumal der Weltranglistenerste Novak Djovokic nach spektakulärer Impfdebatte nicht mitspielte.

Djokovic-Diskussion "der Wahnsinn"
„Die ganze Diskussion war der Wahnsinn“, erklärt Kindlmann und begründet: „Die Debatte ging total weg vom Sport. Australien ist so ein tolles Land, die Australien Open sind so ein tolles Turnier. Und dann redet man zehn Tage lang nur über Corona.“ Richtig sei die Entscheidung der Australier letztlich gewesen, schließlich müssten Regeln für alle, und die Tenniswelt sollte unter dem Strich froh sein, solche Turniere während einer Pandemie überhaupt austragen zu dürfen.
Große Nachwuchsprobleme in Deutschland
Deutschland, so glaubt Kindlmann, kann derzeit nur auf Zverev setzen. Bei den Frauen sei man weit weg von einer Grand-Slam-Siegerin und bei den Männern käme auch nichts nach. „Man hat sich lange Zeit von der Generation um Angi Kerber blenden lassen“, behauptet Kindlmann. „Mich wundert es, dass die Nachwuchsproblematik erst jetzt langsam in den Medien auftaucht“, ergänzt der Blaichacher, der 2010 mit Weltranglistenplatz 317 seine beste Position erreichte.
Deutschland hätte seiner Meinung nach alle Möglichkeiten und doch würden derzeit keine Spielerinnen oder Spieler so nachrücken, „wie es sein sollte“. Dass das in der Schweiz besser läuft, ist die Aufgabe von Kindlmann, der zurzeit mit 14- und 15-Jährigen bei einem internationalen U 18-Turnier in Belgien auf dem Platz steht.
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