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Skistar Stefan Luitz im großen Interview nach Karriere-Ende: „Entscheidung fühlt sich absolut richtig an“

15 Jahre im Weltcup

Stefan Luitz im großen Interview nach Karriereende: „Entscheidung fühlt sich absolut richtig an“

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    Sein größter Triumph: Im US-amerikanischen Beaver Creek feierte Stefan Luitz am 2. Dezember 2018 seinen einzigen Weltcupsieg. Doch bis heute hat der Tag für den Allgäuer einen extrem faden Beigeschmack.
    Sein größter Triumph: Im US-amerikanischen Beaver Creek feierte Stefan Luitz am 2. Dezember 2018 seinen einzigen Weltcupsieg. Doch bis heute hat der Tag für den Allgäuer einen extrem faden Beigeschmack. Foto: Imago Images

    Herr Luitz, Sie haben vor wenigen Wochen bekannt gegeben, nach 15 Jahren im Ski-Weltcup Ihre Karriere zu beenden. Was machen Sie mit der neu gewonnenen Freizeit?
    STEFAN LUITZ: Mir wird aktuell nicht langweilig (lacht). Ich hatte in den letzten Jahren nicht immer so viel Freiraum für meine Familie, wie ich es gerne gehabt hätte. Jetzt genieße ich es, Zeit mit meiner Frau und unseren beiden Kindern zu verbringen.

    Das klingt nicht so, als würden Sie den Profi-Sport vermissen ...
    LUITZ: Die Entscheidung fühlt sich nach wie vor absolut richtig an. Es war eine wunderschöne Zeit, die ich niemals missen wollen würde, jedoch musste ich auch die Schattenseiten des Leistungssports kennenlernen. Ich verlasse den Weltcup daher mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Für mich ist es jetzt einfach an der Zeit, mit Spaß und Freude hobbymäßig Skifahren zu gehen, trainieren zu können, aber nicht den Druck verspüren zu müssen. Das habe ich lange genug gemacht.

    Was hat den Ausschlag gegeben, dass Sie gesagt haben: Jetzt ist Schluss?
    LUITZ: Da gab es mehrere Gründe. Einerseits habe ich gemerkt, dass es für mich schwieriger geworden ist, richtig ans Limit zu gehen. Ich konnte oder wollte nicht mehr 100 Prozent in den Sport investieren, das ist aber nötig, wenn man ganz vorn in der Weltspitze mitfahren möchte. Das hat sich dann auch auf meine Ergebnisse ausgewirkt. Mit so vielen Verletzungen und Rückschlägen in den letzten Jahren fährt man da nicht mehr wie ein 18-Jähriger die Hänge runter. Andererseits ist der finanzielle Part auch ein großes Thema. Ich habe mich die letzten zwei Jahre mit dem privaten Rennteam „Global Racing“ vorbereitet – ohne Unterstützung des Deutschen Skiverbandes. Mir war von Anfang an klar, dass das nicht über viele Jahre hinweg möglich ist, so viel Geld in die Hand zu nehmen. In der neuen Saison hätte ich erneut keinen finanziellen Support vom Verband erhalten.

    Stefan Luitz fühlte sich nicht mehr wohl im Deutschen Skiverband

    War der Schritt weg vom Deutschen Skiverband und hin zu dem privaten Global Racing Ski Team rückblickend trotzdem der richtige?
    LUITZ: Definitiv – ohne das Team hätte ich nicht den versöhnlichen Abschluss mit dem Leistungssport gefunden, wie ich es habe. Und dafür bin ich sehr dankbar! Ich habe mich damals im Verband nicht mehr wohlgefühlt. Da haben viele Bausteine nicht mehr zusammengepasst. Mir ging es körperlich und mental nicht gut! Ich habe gemerkt, ich brauche eine Veränderung. Global Racing war wie eine neue Familie für mich, ich habe den Spaß am Skifahren und meine Leichtigkeit wieder gewonnen. Ich bereue keine Minute.

    Sie sind bei 127 Weltcups gestartet. Gibt es ein Rennen, das Sie in ganz besonderer Erinnerung haben?
    LUITZ: Meinen Sieg in Beaver Creek 2018. Auf den Moment, einmal ganz oben zu stehen, habe ich meine ganze Karriere hingearbeitet. Es war einer der schönsten Tage in meinem Leben und zugleich einer der bittersten.

    Sie spielen auf die Sauerstoff-Affäre an. Ihnen wurde der Sieg zwischenzeitlich aberkannt, später aber wieder zugesprochen ...
    LUITZ: Genau, dieser Tag hat viel verändert in meinem Leben. Trotzdem bin ich wahnsinnig stolz, dort gewonnen zu haben.

    Einen weiteren ganz bitteren Moment haben Sie bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi erlebt. Sie lagen im ersten Durchgang des Riesenslaloms auf Podestkurs, sind aber am letzten Tor eingefädelt ...
    LUITZ: Ich habe damals in einem Interview gesagt, was ich denn für ein Dummkopf sei. Und ja, es war ein richtig blöder Fehler, aber dem trauere ich heute nicht mehr nach. Ich habe aus diesem Rennen primär mitgenommen, wie gut ich skigefahren bin. Darauf habe ich mich immer konzentriert.

    Einer seiner bittersten Momente: Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi/Russland lag Stefan Luitz im Riesenslalom auf Podestkurs, aber fädelte im ersten Durchgang am letzten Tor ein.
    Einer seiner bittersten Momente: Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi/Russland lag Stefan Luitz im Riesenslalom auf Podestkurs, aber fädelte im ersten Durchgang am letzten Tor ein. Foto: dpa

    Rückschläge haben Sie immer wieder erlebt, nicht zuletzt durch zahlreiche schwere Verletzungen. Wie haben Sie es geschafft, sich stets zurückzukämpfen?
    LUITZ: Früher ist mir das leicht gefallen. Ich bin immer wieder aufs Neue noch stärker zurückgekommen. Das wurde mit der Zeit schon mühsamer. Zuletzt habe ich gemerkt, ich zieh‘ an Stellen zurück, an denen es gar nicht nötig ist. Ich konnte nicht mehr so ans Limit gehen. Da habe ich mir die Frage gestellt, ob es noch sinnvoll ist, weiterzumachen.

    Diese beruflichen Pläne hat Stefan Luitz nach seinem Karriereende

    Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was Sie künftig beruflich machen wollen?
    LUITZ: Mir war während meiner aktiven Zeit schon klar, dass das Leben danach noch lang ist. Noch gibt es zwar keinen wasserdichten Plan, aber ich habe meine Fühler ausgestreckt.

    Ein Studium oder eine Ausbildung, was kommt infrage?
    LUITZ: Kein Studium, aber eventuell eine Ausbildung. Da gibt es über die Sportfördergruppe der Bundeswehr glücklicherweise super Möglichkeiten.

    Können Sie sich eine Zukunft im Skisport vorstellen?
    LUITZ: Ja. Ich werde meine Trainerlizenzen über den Verband machen. Und ich kann mir vorstellen, mein Know-how an Jüngere weiterzugeben. Aktuell fühlt sich der Abstand zum Ski-Zirkus aber gut an.

    Stellen Sie Ihre Kinder auch auf Skier?
    LUITZ: Skifahren ist etwas Wunderbares, und das werde ich an meine Kinder weitergeben. Aber ob sie Rennen fahren, überlasse ich ihnen selbst, wenn es mal so weit ist. Ich werde sie bei allem unterstützen!

    Zur Person

    Stefan Luitz kommt aus Bolsterlang im Oberallgäu. Der 33-jährige Riesenslalomspezialist ist bei 127 Weltcup-Rennen gestartet, feierte zehn Podestplätze, darunter einen Sieg. 2014 nahm er an den Olympischen Winterspielen in Sotschi/Russland teil. 2021 holte er mit dem deutschen Team in Cortina/Italien WM-Bronze im Parallel-Event. Mit seiner Frau Sarah hat Luitz einen Sohn und eine Tochter. Die Familie lebt in Lauterach bei Bregenz. 

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