Gelöste Stimmung bei den deutschen Skispringern. Einen Tag vor Beginn der 72. Vierschanzentournee in Oberstdorf präsentierten sich die Top-Springer Andreas Wellinger, Pius Paschke und Karl Geiger sowie Bundestrainer Stefan Horngacher bei einer Pressekonferenz im neuen Teamhotel Sonnenbichl in Fischen-Langenwang in bester Laune. "Stefan da. Alle da", gab Bundestrainer den Startschuss für das Treffen mit den Journalisten, obwohl Routinier Pius Paschke noch im Hotel umherirrte und für seine zweiminütige Verspätung von Teamkollegen Andreas Wellinger prompt eine Strafe aufgebrummt bekam: "Vier Mal ums Haus rumrennen und dann 100 Liegestütz' - einarmig."

Auch in ihren Aussagen bezüglich ihrer Erwartungshaltungen an die Tournee waren die erfolgshungrigen DSV-Springer bemüht, Optimismus und Zuversicht zu versprühen.
Hier die Aussagen von Trainer und Springern im einzelnen:
Bundestrainer Stefan Horngacher (54, Österreich):

- zur langen Pause seit dem Weltcup in Engelberg und ob die schwächelnden Nationen seitdem aufgeholt hätten: "Ja, der Faktor Zeit hilft immer, wenn man nicht gut springt. Wir haben die Zeit aber auch ziemlich gut genutzt, auch mit einer längeren Regenerationsphase."
- zum Abschlusslehrgang in der Vorwoche in Oberstdorf: "Wir konnten noch zweimal richtig gut in Oberstdorf trainieren. Wir hatten hier hervorragende Bedingungen, nachdem es in Garmisch-Partenkirchen aufgrund der Wetterbedingungen leider nicht funktioniert hat, die Schanze zu präparieren. Kurzerhand haben wir entschieden, nach Oberstdorf zu fahren. Dort war die Schanze super präpariert. Wir haben unser ganzes Programm durchziehen können. Leichte Materialtests, ein paar freie Sprünge - ganz ohne Druck. Ab Mittwochabend habe ich die Jungs in die Weihnachtspause verabschiedet."
- zum Formanstieg seines Teams: "Es war hauptsächlich harte Arbeit. Es war eine sehr gute Analyse nach der Saison, auch mit den Sportlern. Wir haben viele Dinge aufgearbeitet. Ein Geheimnis war das nicht, sondern eine Schlussfolgerung vom letzten Jahr raus - und die Dinge haben wir akribisch abgearbeitet. Wir dürfen jetzt nur nicht den Fehler machen und bei der Tournee in den Verteidigungsmodus zu gehen. Wir müssen angreifen und müssen noch besser werden. Die Sprünge müssen noch exakter werden. Es hört nicht auf, wir sind weiter im Arbeitsmodus und buddeln hier weiter."
- zum Wegfall des sechsten Startplatzes: "Leider ist dieser Startplatz im Conti-Cup verfallen. Deshalb haben wir hier nur fünf Starter. Ein kleines, kompaktes, aber schlagfertiges Team. Alle fünf haben in dieser Saison schon sehr, sehr gute Sprünge gezeigt. Ich denke, wir sind sehr gut vorbereitet für diese Vierschanzentournee."
- zum neuen Mannschaftshotel in Fischen: "Das hat sicher nichts mit Aberglaube zu tun. Es macht einfach Sinn, wenn man 99 Prozent seiner Lehrgangstage hier verbringt, dass wir hier auch während der Tournee wohnen. Die Jungs kennen sich aus, jeder weiß genau, wo man alles kriegt. Es ist eine logische Konsequenz. Das war ein sehr guter Schachzug."
Andreas Wellinger (28, SC Ruhpolding):

- zur Rivalität mit den Österreichern: "Natürlich ist es schön, dass wir diese Rivalität haben. Das macht die Tournee aus. Das macht auch die Teams aus. Ohne dieses Duell wäre es ein bisschen fad.
- zum Start in die Tournee: "Natürlich war die Tournee auch über Weihnachten präsent. Das ist unser Beruf. Natürlich ging auch alles schnell rum zuhause und wir sind heiß auf das, was jetzt kommt. Wenn man sieht, dass das erste Springen in Oberstdorf seit zwei, drei Monaten ausverkauft ist, dann ist das ein Privileg, das wir genießen dürfen. Ich freue mich unglaublich drauf und bin optimistisch, dass wir in einer guten Form sind. Ich hoffe, dass wir ab morgen den Stein ins Rollen bringen."
- zum Matchplan, wie ein deutscher Erfolg gelingen kann: "Das wichtigste ist, morgen vom ersten Trainingssprung an richtig zu starten. Das ist das einzige, was jeder für sich beeinflussen kann. Wenn wir es schaffen, sauber und verdammt gut Ski zu springen, dann bin ich überzeugt davon, dass die anderen uns erst mal schlagen müssen. Jeder von uns will die Tournee gewinnen, will am 6. Januar ganz oben stehen. Aber am Ende darf das nur einer und am Ende wird das auch der beste Skispringer sein. Es gehört das Quäntchen Glück dazu, aber man muss für sich dafür Stabilität erarbeiten, ins richtige Gefühl reinkommen muss. Und das kann man nur, wenn die Sprungqualität passt und es am Ende mit dem richtigen Körpergefühl auch laufen lassen kann. Abgerechnet wird am 6. Januar und noch nicht morgen. Aber wir sind alle vorbereitet und wollen es endlich mal wieder gewinnen."
Karl Geiger (30, SC Oberstdorf):

- zur großen Kulisse bei seinem Heimspiel: "Mal hilft so ein volles Stadion. Mal nicht. Es ist mit das größte Privileg das wir haben, dass wir vor so vielen Zuschauern und bei so einer Stimmung springen dürfen. Wenn man in Form ist und es gut läuft, ist es glaube ich der größte zusätzliche Motivationsschub. Das macht so viel Spaß und ist so einprägsam wie sonst kein Wettkampf. Wenn es aber nicht ins Laufen kommt, dann versucht man es besonders gut zu machen - was aber nicht besonders hilfreich ist. Ich glaube, wir sind gut drauf, sind ein starkes Team und werden alle unser Bestes geben.
- zur Spannung vor der Tournee: "Es war echt okay. Ich freu mich unglaublich auf den Wettkampf, speziell zum Einstarten in Oberstdorf. Das wird mega-cool. Die Weihnachtstage waren sehr entspannt. Ich habe relativ wenig an Skispringen gedacht. Das war wichtig. Jetzt schauen wir einfach mal, wie wir morgen reinstarten."
- zum Heimvorteil und den vielen positiven Erinnerungen an die Schattenberg-Schanze: "Blauäugig darf man da nicht rangehen. Ich kenne die Schanze aus dem Effeff. Die ersten Tournee-Springen, die ich hier bestritten habe, waren unter aller Sau. Ich weiß schon, dass ich da auch ganz schöne Fehler machen kann. Weiß aber auch, dass es in den letzten Jahren sehr, sehr gut funktioniert hat. Alles in allem verstehe ich diese Schanze. Aber man muss es am Wettkampftag auch erst mal rumbringen und deshalb ist für mich die oberste Priorität, konzentriert ranzugehen und zu arbeiten. Die Schanze streut dann auch schnell mal: Wenn man wirklich gut springt, ist man gleich mal bei 135 Meter und bei einem mittelmäßigen Sprung kommt man über 125 Meter nicht hinüber. Deshalb ist es extrem wichtig, saugut Ski zu springen.
- zum Weihnachtsfest zuhause: "Wir haben es uns einfach entspannt gemacht. Es gibt viel zu essen: an Heiligabend hatten wir Raclette, am ersten Feiertag gab's Wild mit Knödel, Pilzsoße und Blaukraut. Es war sehr lecker und ich hatte die Leute um mich rum, die ich am liebsten habe. Und speziell wenn man soviel unterwegs ist wie wir, dann wissen wir diese Zeit auch mehr zu schätzen. Ich habe die Zeit bewusst genossen und versucht, runterzufahren."
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Pius Paschke (33, WSV Kiefersfelden):


- zum Verarbeiten des Erfolgs von Engelberg: "Das war alles sehr entspannt und auch gar nicht tragisch. In Engelberg waren es ein paar mehr Interviews. Aber ansonsten hab ich das ganz gut verarbeitet. Ich hatte daheim ein paar schöne, ruhige Tage."
- zu den Podestplätzen in Engelberg: "Für mich war der Sonntag fast noch der wichtigere Wettkampf für mich. Dass ich nach dem Sieg wieder so konstante Sprünge zeige und einen dritten Platz hole, war für mich sehr wertvoll. Natürlich ist das Selbstvertrauen gerade so hoch wie nie. Aber es hat ja auch lange gedauert."
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Philipp Raimund (23, SC Oberstdorf) und Stephan Leyhe (31, SC Willingen) ergänzen das deutsche Team, das heuer erstmals seit vielen Jahren nur zu fünft antritt, weil der sechste mögliche Startplatz durch mäßige Ergebnisse im Continental-Cup diesmal nicht an den DSV ging.
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