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Telefonbetrug in Memmingen: 59-Jährige hilft der Polizei, Täter zu überführen

"Jetzt habe ich sie..."

Wie eine Memmingerin (59) mit der Polizei dreiste Telefonbetrüger reinlegte

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    Während die 59-jährige Memmingerin zur Bank ging, blieben die Täter am Telefon.
    Während die 59-jährige Memmingerin zur Bank ging, blieben die Täter am Telefon. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa (Symbolbild)

    „Ich habe am Telefon meine Stimme verstellt, um wie eine alte, gebrechliche Frau zu klingen – und das mehr als drei Stunden lang.“ Das war erfolgreich: Eine 59-jährige Memmingerin, deren Name unserer Redaktion bekannt ist, hat der Polizei geholfen, zwei Anrufbetrüger festzunehmen. Als am Dienstagmittag ihr Telefon klingelte und sich ein vermeintlicher Polizeikommissar unter einer unterdrückten Nummer meldete, merkte die Frau sofort, dass sie zum Ziel von Telefonbetrügern geworden war.

    Bereits 300 Fälle von Telefonbetrug im Allgäu allein im Jahr 2023

    Ein Fall von vielen in der Region: Im gesamten Allgäu hat die Polizei heuer bislang 300 betrügerische Anrufe registriert. Zwölf Mal waren die Täter erfolgreich und erbeuteten eine Summe von insgesamt 460.000 Euro. Vergangene Woche gab es fünf solche Telefonanrufe – zwei Täter bekamen von ihren Opfern jeweils einen fünfstelligen Betrag.

    Doch am Dienstag war die Memminger Kripo erfolgreich – was ohne die Courage der 59-Jährigen nicht möglich gewesen wäre.

    Die Polizei kam nach kurzer Zeit: "Das ganze sollte ganz leise ablaufen"

    „Man muss dazu sagen, dass es ganz anders hätte laufen können, wäre mein Mann nicht da gewesen“, sagt die Memmingerin im Gespräch mit unserer Redaktion. Er habe die Polizei gerufen, während sie mit den Betrügern telefonierte. „Die Polizei war nach kürzester Zeit da. Mein Mann hat sie durch den Garten und die Hintertür hereingelassen. Das sollte ganz leise ablaufen.“

    Das Telefonat habe sich über mehrere Stunden hingezogen, erzählt die 59-Jährige: „Die Täter sagten mir, mein Telefon sei gehackt worden und um die Hacker zu schnappen, müsse ich dran bleiben. Das war natürlich gelogen.“ Sie habe ab und zu vorgegeben, auf die Toilette zu müssen, um sich in einem anderen Raum kurz mit den Beamten abzusprechen, wie es weitergehen soll.

    Die Täter gaben sich am Telefon als Polizisten aus und fragten nach Geld und Schmuck

    Mit drei Personen hat die 59-Jährige nach eigenen Angaben telefoniert. Einer habe sich als Kommissar ausgegeben, einer als Einsatzleiter und einer als Staatsanwalt. Sie hätten vorgegaukelt, dass eine rumänische Diebesbande in der Nachbarschaft eingebrochen sei – und nun auch das Haus der Memmingerin im Visier habe.

    „Dann wollten sie alles wissen: Wie viel Bargeld, Schmuck oder Gold ich wo aufbewahre – natürlich unter dem Vorwand, es in Sicherheit zu bringen.“ Sie habe angegeben, dass sie ihr Vermögen in einem Bankschließfach aufbewahre, sagt die 59-Jährige: „Sonst wären sie am Ende noch direkt zu mir nach Hause gekommen. Das wollte ich unbedingt verhindern.“ Sofort hätten die Täter wissen wollen, wie viel Geld sich in dem Schließfach befinde.

    Bank angeblich von der Mafia unterwandert: "Das war sehr dick aufgetragen"

    Dann die nächste Lüge: Das Vermögen sei auch auf der Bank nicht sicher, denn diese sei von der Mafia unterwandert. „Das war sehr dick aufgetragen. Jeder hätte spätestens hier bemerkt, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht“, glaubt die Memmingerin. Doch sie ging darauf ein, damit die Täter überführt werden können.

    Diese hätten von ihr verlangt, auf die Bank zu gehen und ihr Schließfach zu leeren, um das Geld vermeintlich in die Obhut der Polizei zu geben. „Ich bin dann tatsächlich mit einer leeren Tasche zur Bank. 20 Minuten war ich weg. Währenddessen sind die Täter am Telefon geblieben.“ Auf der Bank habe sie Falschgeld bekommen, die Polizei habe das alles organisiert.

    "Mulmig zumute", aber "kein einziges Mal das Gefühl von Bedrohung"

    Ihr sei dabei „schon mulmig zumute“ gewesen, sagt die 59-Jährige. „Aber die echten Polizisten hatten die ganze Zeit ein Auge auf mich.“ Die Beamten seien sich sicher gewesen, dass die Täter zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vor Ort waren. „Eigentlich hatte ich kein einziges Mal wirklich das Gefühl von Bedrohung, weil die Polizei eine sehr gute Arbeit gemacht hat“, lobt die Memmingerin.

    „Die Übergabe war der Knackpunkt. Bis dahin hat es eine Weile gedauert, weil die Abholer ja erst mal herfahren mussten“, sagt die 59-Jährige. Die Polizei berichtete später, dass es sich um zwei Männer aus der Schweiz im Alter von 32 und 37 Jahren handelte. „Bis sie da waren, bin ich weiter am Telefon geblieben“, erzählt die Frau. Die Täter hätten sogar ein Codewort mit ihr ausgemacht: Nur wenn sie das höre, solle sie die Haustür öffnen.

    Statt der 59-Jährigen öffnete die Polizei den Tätern die Haustür

    „Sie haben geklingelt und das Codewort genannt. Und dann habe eben nicht ich die Tür aufgemacht, sondern die Polizisten. Sie haben den ersten Mann festgenommen.“ Ein Komplize habe am Straßenrand im Auto gewartet. Er versuchte noch zu fliehen, doch nur zwei Straßen weiter wurde er von der Polizei gestellt.

    Die 59-Jährige ist erleichtert, dass alles gut gegangen ist: „Es hat so lange gedauert, ich wäre enttäuscht gewesen, hätte es nicht funktioniert. Diese Betrüger legen Menschen herein. Jetzt habe ich sie hereingelegt.“

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