An Weihnachten macht man seinen Liebsten eine Freude - oft mit einem festlichen Mahl oder mit Geschenken. Doch während die Allgäuer sich zwar weniger, aber dafür teurere Dinge schenken, ist Weihnachtsstimmung in Allgäuer Tierheimen ein seltenes Gut: Inflation, steigende Heizkosten und der Ukraine-Krieg wirken sich auch auf die Arbeit der Betreiber-Vereine aus. Wir haben in vier Allgäuer Tierheimen nachgefragt, wie die Situation ist und wie sie das Weihnachtsfest für ihre Schützlinge gestalten.
Kaufbeuren-Ostallgäu: Der Krisenmix macht dem Tierheim Beckstetten zu schaffen
Das Tierheim in Beckstetten - zuständig für die Region Kaufbeuren und Umgebung - hat im Jahr 2022 wegen des Krisenmix aus Corona, Ukraine-Krieg und Problemen in anderen Tierheimen deutlich mehr Katzen, Hunde und Kleintiere aufnehmen müssen. Und der Ansturm flache noch nicht ab: "Die Situation ist zurzeit dramatisch", sagt Harald Eberhard, Vorsitzender des Tierschutzvereins Kaufbeuren und Umgebung, unserer Redaktion.
Ein großes Problem: Viele Besitzer lassen ihre Tiere nicht chippen, sagt Heimleiterin Melanie Kühn. So wisse man bei vielen Fundtieren nicht, zu wem sie gehören und die Tiere landen oft im Tierheim. Außerdem holten viele Menschen derzeit aus Mitleid Hunde aus der Ukraine, so der Vorsitzende Eberhard. Diese Hunde seien oft anders sozialisiert, gelten schnell als schwierig und würden dann oft wieder abgegeben.
Nichtsdestotrotz wollen die Pflegerinnen und Pfleger in Beckstetten den flauschigen Bewohnern des Tierheims auch 2022 zu Weihnachten eine Freude bereiten. Es gibt eine kleine Bescherung für die Tiere - verschenkt w erden Futter, Knochen oder Spielzeug. Das Tierheim ist am 24. Dezember bis Mittag besetzt, abends sehen zwei Betreuende noch einmal nach den Tieren. Zuvor veröffentlicht das Tierheim auf seiner Facebook-Seite jeden Tag einen Adventskalender. Hier schreibt das Personal, was für sie für die Tiere benötigen - etwa ein Katzenbett, eine Nager-Tränke oder Hundespielzeug. Freiwillige Spender können diese Wünsche erfüllen und die Geschenke im Heim abliefern. Wie eine Bescherung im Tierheim dann ablaufen kann, zeigt ein Video aus dem vergangenen Jahr:
Tierheim Marktoberdorf: "Wir bekommen nur noch durch einen Strohhalm Luft"
Im Marktoberdorfer Tierheim schildern Angestellte und Vereinsmitglieder kurz vor Weihnachten eine prekäre Lage. Das Heim stehe laut Vorstandschaft kurz vor der Insolvenz und befindet sich derzeit im Notbetrieb, kann also wegen fehlenden Personals aktuell gerade noch die Versorgung der rund 60 Tiere sicherstellen. „Uns steht das Wasser nicht nur zum Hals – wir bekommen eigentlich nur noch durch einen Strohhalm Luft", sagt Kurt Budschied, Vorsitzender des zuständigen Tierschutzvereins.
Zu Beginn des Jahres konnten Feste und Feiern - Anlässe bei denen das Tierheim Spenden sammelt - unter anderem wegen der Pandemie nicht stattfinden. Die steigenden Heizkosten und auch die höheren Kosten für Tierarztbesuche lassen die Mittel des Tierheims schneller schmelzen als zuvor.
"Die einfachste Untersuchung beim Tierarzt kostet nun 23,62 Euro - vorher waren es für Katzen 8,98 Euro und für Hunde 13,47 Euro", sagt die Schriftführerin des Tierschutzvereins, Monika Vietz auf Anfrage unserer Redaktion.

Die Tierarztpreise wiederum sorgten laut Vietz nicht nur dafür, dass der Unterhalt der Katzen, Hunde und Kleintiere teurer wird - sondern auch dafür, dass mehr Menschen sich ebendiesen nicht mehr leisten könnten und ihre Tiere ins Heim geben.
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Kurz vor Heiligabend gibt es aber auch Lichtblicke in Marktoberdorf: Zum ersten Mal seit Jahren konnte das Tierheim heuer wieder einen Weihnachtsbasar veranstalten, bei dem die Helferinnen und Helfer run 2000 Euro für das Heim einnehmen konnten. Zudem stehen laut Vietz in drei Märkten in der Umgebung sogenannte Wunschbäume für die Tiere aus. Dort können Kunden den Tieren durch eine Spende ein Weihnachtsgeschenk kaufen.
Doch Weihnachtsstimmung kommt bei den Mitarbeitenden des Tierheims in Marktoberdorf heuer nicht auf. "Wenn es so weitergeht, ist das das letzte Weihnachten im Tierheim", sagt Budschied unserer Redaktion.
Anfang Januar 2023 kämen zwar die Pauschalzahlungen der Gemeinden ans Tierheim an - "doch die Beträge sind bereits jetzt weg, weil wir damit die ausstehenden Tierarzt-Rechnungen aus 2022 bezahlen müssen“, erklärt Budschied. „Nach Feiern ist uns dieses Jahr so gar nicht zumute – wir hoffen eher auf ein Wunder.“
Wangen im Allgäu: Fundtiere verbringen Weihnachten im Familienkreis
Ganz anders ist die Situation beim Tierschutzverein Wangen im Allgäu e.V. Der Verein im westlichen Teil des Allgäus - mit Einzugsgebiet über Wangen im Allgäu, bis nach Kisslegg, Achberg, Neuravensburg, Primisweiler und Amtzell - betreibt nämlich kein eigenes Tierheim, sondern arbeitet mit mehreren ehrenamtlichen Pflegestellen zusammen. Das sind Menschen oder Familien, die die beim Tierschutzverein abgegebenen Katzen, Hunde oder Kleintiere bis zur Vermittlung bei sich zuhause aufnehmen und versorgen.
"Unsere Pflegestellen integrieren die Vierbeiner voll in ihr eigenes Familienfest", sagt Carmen Müller, Vorsitzende des Vereins. Die Tiere dürften an der Bescherung teilnehmen und Geschenke auspacken. "Für Katzen ist zwar in manchen Fällen allein das Geschenkpapier schon Spielfreude genug, aber die leckeren Köstlichkeiten darin wurden bisher dann doch nie ignoriert", erzählt Müller. Gebastelt würden eigens auf die Tiere abgestimmte Weihnachtspäckchen, gefüllt und bepackt mit Futter, Leckerlis, Spielsachen, Katzenmilch und -minze, "teilweise besprüht mit ein wenig Baldrian zur inneren Ruhe". Finanziert werde die Pflege durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und die freiwillige Eigenleistung der Pflegestellen.
Zuflucht für Tiere in Kempten: Keine Weihnachtsfeier, dafür Gesellschaft und Bescherung
Auf dem Hof der Kemptener Tierschutzvereins Zuflucht für Tiere e.V. leben nicht nur Tiere, sondern auch Mitglieder des Vereins - zum Beispiel die zweite Vorsitzende Daniela Kienle. "Somit sind wir natürlich auch an Weihnachten hier bei den Tieren", sagt Kienle unserer Redaktion. Da aber auf dem Hof so viele Tiere leben, sei eine gemeinsame Feier unmöglich, meint die Tierschützerin.

"Wir hatten vor kurzem einen Adventsbasar hier, eine Weihnachtsfeier gibt es aber nicht." Keine Weihnachtsfeier bedeute aber nicht, dass es keine Bescherung für die Tiere gibt: "Die Tiere bekommen Geschenke zu Weihnachten, weil es viele liebe Menschen gibt, die uns Futter und manchmal auch Körbchen oder Ähnliches spenden", erklärt Kienle. Im Gartencenter Dehner in Kempten und im Futterhaus Sonthofen stehen bis Weihnachten Christbäume mit Bildern der Tiere und ihren Weihnachtswünschen, die die Kunden dann erfüllen können.

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