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Ulrike Müller sitzt nicht mehr im EU-Parlament: Wie blickt die Oberallgäuerin auf die EU?

Oberallgäuerin jetzt im Landtag

Was bleibt nach zehn Jahren EU-Parlament, Frau Müller?

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    Die Oberallgäuerin Ulrike Müller saß zehn Jahre lang für die Freien Wähler im Parlament der Europäischen Union. Im Herbst wurde sie in den Bayerischen Landtag gewählt.
    Die Oberallgäuerin Ulrike Müller saß zehn Jahre lang für die Freien Wähler im Parlament der Europäischen Union. Im Herbst wurde sie in den Bayerischen Landtag gewählt. Foto: Ralf Lienert (Archivbild)

    Das Büro ist ausgeräumt, die Sachen gepackt, sagt Ulrike Müller. Man erreicht die Europaabgeordnete an einem Nachmittag im Auto. Müller ist gerade auf dem Rückweg von Brüssel ins Allgäu. Mitte Juli ist ihre Zeit als EU-Politikern offiziell beendet. Die Oberallgäuerin aus Missen-Wilhams saß zehn Jahre lang für die Freien Wähler im Parlament. Sie stellte sich nicht mehr zur Wahl, da sie im Herbst in den Bayerischen Landtag gewählt wurde (wir berichteten). Einen EU-Abgeordneten aus dem Allgäu gibt es nun auf europäischer Ebene nicht mehr. Wie blickt Müller auf die vergangenen Jahre und den Rechtsruck?

    Ulrike Müller über den Rechtsruck bei der Europawahl: Das ist jetzt wichtig

    "Wir sind schon nochmal alle mit einem blauen Auge davon gekommen", sagt Müller, die im Allgäu mit ihrem Mann einen Bauernhof führt. In der demokratischen Mitte gebe es aber die Mehrheiten. "Wir dürfen aber nicht müde werden, den Bürgern unsere Politik zu erklären", fügt die 61-Jährige hinzu. Das sei für sie nicht immer einfach gewesen. Sie nennt ein Beispiel: Auf EU-Ebene arbeite man an Akten, die zum Teil über tausend Seiten haben und wo es auf jedes Wort ankomme. Vor Ort sollen Politiker dann erklären, was eigentlich entschieden wurde. Das schaffe man nicht immer. Insgesamt arbeiteten die Abgeordneten parteiübergreifend zusammen. "Da sucht man nach Lösungen über alle Mitgliedstaaten hinweg", sagt Müller, die Agrarpolitische Sprecherin ihrer Fraktion war.

    Große Projekte waren aus ihrer Sicht die Trinkwasserrichtlinie, die überarbeitet wurde. Oder die gemeinsame Agrarpolitik, die jetzt in der nationalen Umsetzung sei. Und natürlich der "Green Deal", also das Ziel der EU, klimaneutral zu werden. Viel Arbeit stecke in diesen Prozessen. Beispiel gemeinsame Agrarpolitik: 2500 Änderungsanträge habe es gegeben, "die man lesen und verstehen muss", sagt Müller. Dann stehe man vor der Entscheidung: Nimmt man die Änderungen auf oder nicht. Für die EU-Ebene gelte: Erfolgreich ist, wer gut vernetzt ist und Menschen zusammenbringt. Dabei spiele jeder einzelne Abgeordnete eine Rolle.

    Ulrike Müller über ihre Arbeit in Brüssel: "Ich musste jedes Treffen transparent machen"

    An den Politikern haben auch Lobbyisten Interesse. Lobbycontrol schätzt ihre Zahl in Brüssel auf 25.000. Etwa 70 Prozent von ihnen arbeiteten für Unternehmen und Wirtschaftsverbände, teilt der Verein mit, der sich für mehr Transparenz und Regeln mit Blick auf die Einflussnahme einsetzt. Wie ist Müller damit umgegangen? "Ich muss jedes Treffen transparent machen und darlegen mit wem ich über ein Gesetz gesprochen habe", betont die Allgäuerin. Sie habe mit allen gesprochen, sich beide Seiten - Pro und Contra - angehört und sich selbst ein Bild von einem Thema gemacht. Nichtsdestotrotz gebe es schwarze Schafe, sagt Müller. "Wenn man nicht geerdet bleibt, ist es für den einen oder anderen womöglich verlockend."

    (Lesen Sie auch: Diese bayerischen Politiker fliegen aus dem EU-Parlament)

    Kritik an Müller gab es nach der Landtagswahl bezogen auf ihr Doppel-Mandat, weil sie im Landtag und im EU-Parlament gleichzeitig saß. Schon damals sagte Müller, die Aufgaben seien zu schaffen. Heute sagt sie: "Ich habe nichts von beidem vernachlässigt. Ich habe mich oft vom Landtag aus in den Ausschuss geschaltet." Sie sei viel zwischen den Stationen unterwegs gewesen. "Übergangsweise ist das möglich, dauerhaft aber nicht", lautet ihr Fazit.

    Vom EU-Parlament in den Landtag: Freie Wähler-Politikerin Ulrike Müller fühlt sich gerüstet

    Für ihre Arbeit im Landtag profitiere sie nun enorm von den vergangenen zehn Jahren. "Ich habe nach wie vor die Vernetzung, weiß genau in welcher Kommission ich wen ansprechen muss oder wo ich die ganzen Unterlagen finde." Denn das, was auf EU-Ebene entschieden wurde, komme mit zeitlicher Verzögerung in den Mitgliedstaaten an, um dort umgesetzt zu werden. Und auch wenn Müller sich nun im Landtag voll einbringen möchte, wird sie an Brüssel etwas vermissen: "die Vielsprachigkeit auf den Gängen." Das sei etwas ganz Besonderes.

    (Lesen Sie auch: EU-Wahl und was jetzt? So blicken engagierte Kemptenerinnen und Kemptener in Europas Zukunft)

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