Sie war angekündigt - und sie kam: Eine schwere Unwetter-Front mit Starkregen und Orkanböen ist am späten Abend über das Allgäu hinweg gezogen. Der DWD warnte vor "extremen Gewittern" der Warnstufe 4 von 4. Eine Bilanz am Mittwoch:
Unwetter im Allgäu gestern: Zwei schwerverletzte Menschen bei Marktoberdorf/Biessenhofen
Über 550 Einsätze habe es wegen des Unwetters in der Nacht im Bereich der Polizei Schwaben Süd/West gegegeben, hieß es am Mittwochmorgen auf Nachfrage von allgaeuer-zeitung.de.
- Im Bereich Marktoberdorf wurden zwei Menschen schwer verletzt, als der Sturm ein Zirkuszelt erfasste. Inzwischen teilt die Polizei dazu mit: In Biessenhofen riss der starke Wind gegen 23.10 Uhr ein bereits aufgebautes Zirkuszelt um. Zwei Frauen im Alter von 25 und 33 Jahren versuchten, das Zelt mit weiteren Seilen abzusichern, als eine unerwartete Windböe das Zelt umriss und die beiden Frauen unter sich begrub. Eine der Frauen musste von der Feuerwehr befreit werden, beide kamen mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus.
- Bei Aichstetten verletzte sich ein Fahrer eines dreirädrigen Rollers schwer. Der 53 Jahre alte Mann erkannte während der Fahrt offenbar einen auf der Straße liegenden Baum zu spät und stieß mit diesem zusammen. Dabei wurde der Lenker schwer von einem Ast verletzt. Er wurde umgehend in ein Krankenhaus gebracht, aktuell besteht Lebensgefahr.
- In Bad Grönenbach im Unterallgäu wurde ein Ehepaar mit einem Kind im Auto von einem umfallenden Baum getroffen. Dazu heißt es: Eine Familie war mit langsamer Geschwindigkeit von Zell in Richtung Bad Grönenbach unterwegs, als ein Baum mit einem Stammdurchmesser von etwa 40 Zentimetern auf die Straße fiel und das Fahrzeug im Bereich des Daches beschädigte. Die Beifahrerin, eine 47-jährige Frau, wurde im Fahrzeug eingeklemmt und musste durch die Feuerwehr befreit werden. Sie wurde nach den ersten Erkenntnissen nur leicht verletzt und kam in ein Klinikum.
- In Memmingen heulten vor Mitternacht die Sirenen, die Feuerwehr eilte zu etlichen umgestürzten Bäumen. Die Windgeschwindigkeit erreichte einen Spitzenwert von 113 Stundenkilometern. Bei dieser Geschwindigkeit sprechen Meteorologen von einem orkanartigen Sturm.
- In Lindau wurde der höchste Wert im Allgäu gemessen: Dort fegten die Böen teils mit 127,8 km/h übers Land (Windstärke 12).
- Auf der A7 fuhr ein Autofahrer auf Höhe Leubastal-West am Mittwochmorgen in die Leitplanke. Laut Polizei-Sprecher Holger Stabik kam der Fahrer mutmaßlich wegen Aquaplanings von der Fahrbahn ab. Der Mann wurde leicht verletzt und von Rettungskräften versorgt. Der Verkehr staute sich zwischen der Anschlussstelle Dietmannsried und Kempten-Leubas für etwa 30 Minuten. Mittlerweile, so Stabik, ist der Einsatz beendet und der Stau sollte sich bald auflösen.
- In Kempten und vielen Allgäuer Orten stürzten Bäume um. "Hier liegt alles kreuz und quer", berichtete auch ein Nutzer von allgaeuer-zeitung.de aus Buchloe.
- In anderen Allgäuer Gemeinden fiel der Strom vorübergehend aus, unter anderem in Seeg und Friesenried im Ostallgäu oder in Dietmannsried im Oberallgäu. Im Landkreis Unterallgäu waren etwa 23.000 Haushalte von einem weitverbreiteten Stromausfall betroffen - auch die Stadt Mindelheim traf es.
- Bei Eggenthal im Ostallgäu knickten zwei Strommasten um, sie lagen in einem Feld.
- In Neugablonz in Kaufbeuren bleibt das Freibad heute am Mittwoch geschlossen. Grund dafür sind Aufräumarbeiten wegen der schweren Gewitter in der Nacht auf Mittwoch. Voraussichtlich wird das Bad am Donnerstag wieder öffnen. Laut Stadt Kaufbeuren ist das städtische Freibad regulär geöffnet.
- Im Westallgäu hat Sturmtief Ronson viele Feuerwehren auf Trab gehalten und Stromausfälle in mehreren Ortschaften ausgelöst. Die Westallgäuer Bilanz im Überblick.
- Auf dem Bodensee richtete Sturmtief Ronson einen verheerenden Schaden an: Boote rissen sich los, mehrere sanken auf Grund. Nun kämpft die Polizei mit einem Ansturm von Bootsbesitzern.
- Die Integrierte Leitstelle Allgäu (ILS) verzeichnete in der Nacht 195 Einsätze im Allgäu zwischen 22 Uhr am Dienstag und 6.30 Uhr am Mittwochmorgen. Laut ILS-Leiter Marco Arhelger konzentrierte sich das Einsatzgeschehen auf die Zeit zwischen 22.30 Uhr und 0 Uhr. Etwa 160 Einsätze gingen bei der Leitstelle in dieser Zeit ein. Die Einsatzzahlen verteilen sich auf die Landkreise und Kreisfreie Städte wie folgt:
- 84 Einsätze im Ostallgäu
- Zudem habe es neun Einsätze wegen Brandalarmen gegeben. Der Hauptteil davon ging aber auf falsche Alarme zurück. Es sei laut Arhelger nicht unüblich, dass Brandmeldeanlagen bei schweren Gewittern auslösen. In der Gewitternacht war in der Leitstelle das dreifache des üblichen Personals im Einsatz.
Unwetter-Schäden auch in der Gegend rund um das Allgäu
Auch in anderen Teilen Süddeutschlands kam es zu schweren Gewittern. Auf der A96 im Landkreis Landsberg kam der Verkehr in der Nacht zum Stillstand - ein Baum war auf die Autobahn gestürzt. Bei Ravensburg wurde eine Hochspannungsleitung durch den Sturm gekappt - sie lag auf der B30. Und in Leipheim im Landkreis Günzburg schlug ein Blitz in ein Haus ein und setzte den Dachstuhl in Brand.
Aktuell weiter Gewitter heute Morgen: Polizei rät weiter zur Vorsicht
Am Mittwochmorgen zogen dann erneut Gewitter über die Region. Teils bis um 8.30 Uhr galten Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes. Laut Polizei ginge das Einsatzgeschehen weiter, überwiegend seien umgestürzte Verkehrsschilder oder Äste auf der Straße zu vermelden.
Ein Polizeisprecher mahnte am Mittwochmorgen, auf dem Weg zur Arbeit vorsichtig zu fahren, "vor allem, wenn man in kleinere Seitenstraßen oder nahe Waldgebieten fährt". Dort könnten umgestürzte Bäume, größere Äste und andere Sturmschäden auf den Straßen liegen.

Unwetter im Allgäu: Gewitter trifft Bahn auf vielen Strecken - Diese Strecken stehen still
Die Deutsche Bahn vermeldete in der Nacht im Großraum Allgäu erhebliche Unwetterschäden an den Strecken. Auch am Mittwoch müssen Fahrgäste laut Bahn deshalb mit großen Verzögerungen, teilweise auchmit Zugausfällen rechnen. Am Mittwochmittag wiederholte die Bahn die Meldung. Das Allgäu wurde demnach besonders stark getroffen.
Aktuell seien Mitarbeitende der Bahn im ganzen Freistaat auf Erkundungsfahrten unterwegs, um die Schäden durch Gewitter und Sturm zu erfassen. Deswegen seien derzeit noch keine verlässlichen Prognosen zur Dauer der Sperrungen möglich, so die Bahn. Ein Schienenersatzverkehr sei so kurzfristig nicht möglich.
Auf diesen Strecken im Allgäu und Umgebung fahren laut Bahn am Mittwoch vorerst keine Züge:
- Auf der Strecke Memmingen-Buchloe-München verkehren aktuell keine Züge. Die Strecke ist bis auf Weiteres nicht befahrbar. Zwischen München und Buchloe läuft seit 11 Uhr ein Busnotverkehr, von Buchloe nach Memmingen ist dies ab etwa 16 Uhr geplant. Nach aktueller Prognose von DB Netz wird heute kein Zugverkehr mehr zwischen München und Geltendorf möglich sein.
- Bahnstrecke Memmingen – Lindau: Diese Strecke ist derzeit gesperrt und nach Prognose der DB Netz nicht vor Freitag früh befahrbar. Seit 11 Uhr läuft ein Busnotverkehr mit wenigen Bussen, derzeit geplant bis etwa 20 Uhr.
- Zwischen Memmingen und Ulm verkehren aktuell keine Züge. Die Dauer der Sperrung ist ebenfalls unbekannt.
- Der Zugverkehr zwischen München-Pasing und Geltendorf ist wegen Unwetterschäden bis etwa neun Uhr komplett eingestellt.
- In München ist der S-Bahn-Verkehr bis auf die Linie S1 Freising/Flughafen und einem Pendelverkehr zwischen Pasing und Ostbahnhof auf allen Linien komplett eingestellt.
Auf diesen Bahn-Strecken im Allgäu sind aktuell wieder Züge unterwegs:
- Kempten - Immenstadt
- Kempten - Memmingen
- Kempten - Pfronten-Steinach
- Krumbach - Günzburg
- Kempten- Hergatz
- Kempten - Kaufbeuren - Buchloe
- Ulm - Illertissen
- Ulm - Senden - Weißenhorn
- Günzburg - Mindelheim

DWD warnte vor "extremen Gewittern" gestern am späten Abend im Allgäu
Der Deutsche Wetterdienst hatte bereits am späten Dienstagnachmittag vor Unwettern und schweren Gewittern in weiten Teilen des Allgäus gewarnt. Gegen 22.30 Uhr gab der DWD dann eine Warnung heraus vor extremen Gewittern der Stufe 4 von 4. Es könnten schwere Sturmböen bis zu 140 Stundenkilometer und heftiger Starkregen von bis zu 35 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit auftreten. Auch bis zu vier Zentimeter große Hagelkörner seien möglich, hieß es in den Warnungen.