Der Sommer neigt sich dem Ende zu, die Temperaturen sinken und die Bergwiesen geben nicht mehr genug Futter für die Jungkühe (Schumpen) her, die dort oben den Sommer verbringen. Das bedeutet, es ist wieder Zeit für den Viehscheid, bei dem die Bauern ihr Vieh von den Wiesen runter ins Tal treiben.
Jedes Jahr versammeln sich tausende Einheimische und Touristen um die Tal-Ankunft der Tiere zu feiern. Über 30 Termine stehen im Allgäu, sowie in Vorarlberg und Tirol bisher fest. Hier finden Sie einige Regeln und Tipps, die Besucher beherzigen sollten.
1. Hinter den Absperrungen bleiben: Das sei die allerwichtigste Sache, sagt Florian Braunsch, Oberalpmeister von Bad Hindelang: "Vor den Absperrungen hat niemand etwas verloren." Außerdem solle man Rettungsgassen freihalten und die Wege nicht versperren, sagt Manfred Berktold, Hauptamtsleiter der Marktgemeinde.
Auf Kinder und Hunde müsse man laut Julian Knacker, Gästeservice- und Marketingleiter in Pfronten besonders achten. So sollten Kinderwägen nicht in der ersten Reihe stehen und der Hund müsse stets angeleint bleiben. Nicht nur während des Abtriebs solle man Abstand halten, sondern auch, wenn die Bauern anschließend ihre Tiere aufladen, sagt Braunsch.
2. Rechtzeitig anreisen: In Bad Hindelang wird an der B308 beispielsweise gerade gebaut. Deshalb müssen Besucher mit Wartezeiten wegen der Baustelle rechnen, sagt Manfred Berktold. Die Marktgemeinde hofft auf Polizeibeamte, die den Viehscheid-Andrang regulieren und den Verkehr leiten sollen.
Berktold gibt Besuchern aus Immenstadt den Tipp, über das Oberjoch nach Bad Hindelang anzureisen. Früh dran zu sein, sei generell auch für Viehscheide in anderen Kommunen sinnvoll, meint er. Autos sollten die Wege allerdings nicht versperren, deswegen: am besten außerhalb parken. Die meisten Gemeinden - wie Pfronten oder Bad Hindelang - sind tatsächlich am bequemsten mit dem Auto zu erreichen. Für Städte wie Oberstdorf oder Immenstadt sind Bus und Bahn auch eine Alternative. Wer nah genug am Viehscheid-Ort wohnt, kann sich auch auf eine Radtour begeben.
3. Begriffe lernen: Wer einen Viehscheid besucht, sollte vorher einige Begriffe kennen. So sind es im Allgäu vorrangig Jungrinder, die den Sommer auf den Bergwiesen verbringen. Sie werden Schumpen genannt. Für Geläut sorgen die Schellen, die das Vieh trägt.
Aber Vorsicht: Sie sind nicht das Gleiche wie Glocken. Schellen werden aus Blech geschmiedet, während Glocken meist aus Messing gegossen werden. Der gängige Begriff im Allgäu ist nicht Almabtrieb, sondern Viehscheid. Generell heißen die Bergwiesen Alpen und nicht Almen, sagt Julian Knacker.
In Pfronten heißt es außerdem "die Viehscheid" und nicht "der Viehscheid". "Damit sind wir glaube ich die Einzigen im Allgäu", sagt Knacker. Übrigens: Im Westallgäu hat sich ein Trachtenverein eine Alternative zum Viehscheid ausgedacht.
4. Die Tiere nicht reizen oder unterschätzen: Auch wenn die Jungrinder und Schumpen noch so süß und für Urlauber selten sind: Man soll sie auf keinen Fall stressen, meint Florian Braunsch. Die Tiere kommen von den Bergwiesen, auf denen sie abgeschieden gelebt haben und zu viel "Geschrei" oder anderweitige Reizungen seitens der Zuschauer könnte sie beunruhigen.
Auch wenn das perfekte "Kuh-Selfie" verlockend klingt, sei es keine gute Idee, den Tieren zu nah kommen oder sich gar vor sie zu stellen, sagt Julian Knacker. Außerdem solle man die Geschwindigkeit der Schumpen nicht unterschätzen. "Teilweise rennen sie auch - sie werden ja getrieben", sagt Knacker. Und bei einem Jungrind habe man es schon mal mit "200 Kilo an Tier" zu tun.
5. "Schauen, wo man hintritt": Wenn die Herde schließlich vorbeigelaufen ist, und Besucher wieder auf den Wegen erlaubt sind, solle man besonders darauf achten, wo man hintritt, rät Julian Knacker. Auch wenn Bauern früher mit Kuhfladen ihre Füße gewärmt haben, wird sich der durchschnittliche Besucher wohl nicht über einen Tritt in den Kuhmist freuen.