Er erhielt 27 Stimmen mehr als der Kandidat der Wählervereinigung „Einigkeit“ und schaffte damit vor knapp sechs Jahren den Sprung auf den Rathaussessel im Unterallgäuer Trunkelsberg: Roman Albrecht, heute 61 Jahre alt. Damit war er der erste Rathauschef im Allgäu und sogar in ganz Schwaben, der den Grünen angehört. Mittlerweile gibt es einen weiteren: Im Westallgäuer Heimenkirch trat der parteilose und von den Freien Wählern unterstützte Bürgermeister Markus Reichart vor zwei Jahren den Grünen bei.
Albrecht ist Diplom-Sozialpädagoge und hat vor seiner Wahl zum Bürgermeister viele Jahre als Hausmann die beiden Töchter groß gezogen, die inzwischen erwachsen sind. Er ist ein Familienmensch und hat sich lange in der evangelischen Kirche engagiert. Der in Dettingen an der Iller geborene Albrecht ist einer, der anpackt, wenn er gebraucht wird. So sieht er sich zumindest selbst. Und so hatte er im Kindergarten-Elternbeirat mitgearbeitet oder beim Kinderturnen mitgeholfen. Politisch aktiv ist er schon lange, 1990 war er erstmals als Grüner in den Rat der 1800 Einwohner zählenden Gemeinde gewählt worden.
Beim Interview im Rathaus bietet Albrecht ein Glas Wasser an und kommt dabei gleich auf eines seiner Lieblingsthemen zu sprechen: Dass Trunkelsberg noch eine eigene Wasserversorgung hat, sei gut und richtig. Und deshalb sei das in die Sanierung der Quelle gesteckte Geld auch gut angelegt, sagt er.
Eine der Zukunftsaufgaben sei es, die Trinkwasser- und Abwasserversorgung auf Vordermann zu bringen. „Ein Frischwasserverlust von 30 Prozent ist nicht tolerierbar“, sagt der Bürgermeister. Und auch ein marodes Abwassernetz sei nicht akzeptabel. Albrecht ist überzeugt: „Wir dürfen der nachfolgenden Generation nicht solche Probleme hinterlassen.“ Der Bürgermeister schaut aus dem Fenster. Draußen spielen Kinder, einen Stock unter den Räumen der Gemeindekanzlei werden nachmittags Schüler betreut. Der Nachwuchs liegt Albrecht am Herzen. Denn in den ersten Jahren würden die wichtigsten Grundlagen gelegt, sagt er. Deswegen hält er die Rolle der Familie in der Gesellschaft für so wichtig und kämpft für den Erhalt der kleinen Schule mit zwei Klassen vor Ort. Geborgenheit in Familie und Gemeinde sei wichtig, ist er überzeugt.
Dann zeigt er eines seiner Lieblingsprojekte: Den nur einige Gehminuten entfernten Platz am Waldrand, wo eine sogenannte Waldkindergartengruppe untergebracht ist. Soziales Lernen und Umwelterziehung spielen hier eine überragende Rolle. Die Buben und Mädchen sind fast jeden Tag draußen, nur für ganz schlechtes Wetter und große Kälte gibt es einen Bauwagen und einen Unterstand sowie ein Tipi-Zelt. Gespielt und gebastelt wird meist mit Natur-Materialien.
Worin unterscheidet sich ein Grünen-Bürgermeister von einem Rathauschef einer anderen Partei? Viele von Bündnis 90/Die Grünen angestoßene Themen seien mittlerweile auch bei Kommunalpolitikern anderer Parteien und Gruppierungen angekommen, glaubt Albrecht. Und das finde er gar nicht schlecht. Er erinnert in diesem Zusammenhang an die vielen Energie-Themen.
Stolz ist er darauf, dass es gelungen sei, in der kleinen Gemeinde 60 Flüchtlinge unterzubringen und zu integrieren. Anfängliche Befürchtungen hätten sich nicht bewahrheitet. Er habe damals die Aufnahme der Menschen auch als Zeichen der Solidarität mit dem Landkreis gesehen, der auf Unterkunftsmöglichkeiten für die Geflüchteten angewiesen war. Kaum mehr zu bremsen ist der Bürgermeister, als es um das einzige Gasthaus im Ort geht. Die Kommune habe es übernommen, mustergültig saniert und verpachtet. „Was ist eine Gemeinde ohne ein Wirtshaus?“, fragt Albrecht. Wohl kein Kommunalpolitiker – egal welcher Partei oder Gruppierung – würde ihm da widersprechen. Roman Albrecht stellt sich bei der Kommunalwahl im März nochmals zur Wahl als ehrenamtlicher Bürgermeister von Trunkelsberg. Großen Wahlkampf wird er nicht machen, sagt er. Denn es gibt heuer keinen Gegenkandidaten.