Raschelt da etwas im Laubhaufen? Oder am Kompost? Oder huscht eine stachelige Kugel über den Weg im Park? Das könnte derzeit ein Igel sein - auf der Suche nach Schnecken, Würmern, Käfern, Ameisen oder einem Schlafplatz für die kalten Wintermonate.
Leicht machen wir das diesem Säugetier aber nicht. Straßen, saubere Gärten und intensive Landwirtschaft führen dazu, dass der Igel seit 2024 auf der Vorwarnliste der Roten Liste steht. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat den Igel als „potenziell gefährdet“ eingestuft.
Was tun wenn man einen Igel findet - Igel-Expertin Martina Gehret von Bund Naturschutz klärt auf:
Igel sind grundgesetzlich nachtaktiv. Wenn der Igel also am helllichten Tag unterwegs ist, ist dies ein Warnsignal. Aber Achtung, jetzt im Herbst: Durch die frühe Dämmerung und Dunkelheit kann es häufiger vorkommen, dass Menschen auf aktive Igel treffen, die schlicht auf Futtersuche sind oder ihr Nest für den bevorstehenden Winterschlaf bauen.
1. Checken ob der Igel Hilfe braucht
Ein gesunder Igel hat:
- ein sicheres Gangbild
- Körperspannung
- keine Verletzungen
- einen rundlichen Körper in Birnenform
- einen igeltypischen Eigengeruch
- glänzende und gut sichtbare Augen
- ein altersentsprechendes Gewicht (Igelsäuglinge wiegen ca. 15 bis 120 g und sollten eine Körperlänge von ca. 5 bis 10 cm haben, Jungtiere wiegen ca. 120 bis 700 g und sind etwa 11 bis 25 cm groß, ein erwachsener Igel wiegt ca. 800 bis 1500 g und kann eine Körperlänge von bis zu 30 cm haben.)
- unauffällige Atmung
- feuchte Nase
- Appetit und Durst
Ein kranker Igel fällt auf durch:
- eine trockene Nase
- eingefallene Augen, die schlitzförmig oder geschlossen sind
- einen eingefallenen weichen Körper und einer Hungerfalte am Genick
- unangenehmen Geruch
- schlapperndes Stachelkleid, welches zu groß wirkt
- einen kalten Körper (kälter als die eigene Hand)
- Untergewicht
- unsicheres Gangbild
- apathisches Verhalten, wirkt matt, müde und ist bewegungslos
- schwache Reflexe (kann sich kaum einrollen)
- Verletzungen (z.B. hinkend oder blutend)
- Atemgeräusche, Husten, Röcheln
- Nahrungsverweigerung
Was tun wenn ich einen Igel gefunden habe? Expertinnen erklären erste Schritte
"Nur füttern macht nicht gesund", sagt Igel-Beauftragte Martina Gehret. In den meisten Fällen ist eine schnelle medizinische Versorgung notwendig, gerade wenn der Igel auf der Seite liegt und sich nicht mehr zusammenrollt "ist es immer ein Notfall", sagt Tierärztin Angelika Uher aus Kempten. Zusätzlich kann man sich an die Erste-Hilfe-Schritte der Bund Naturschutz Checkliste halten. Um sich selbst zu schützen, müssen Handschuhe getragen werden, um das Tier anzufassen. Igel können auf den Menschen übertragen, erklärt Tierärztin Uher.
Sieht das Tier soweit gesund aus und braucht nur etwas Zeit, Futter und Wasser, um wieder fit zu sein, reicht es, den Igel zuhause anhand von Tipps und der Checkliste zu pflegen.
Ist das stachelige Wildtier jedoch krank, sollte man nicht lange warten, es zu einer Igelstation oder zum Tierarzt zu bringen. Hier wird der Igel zuerst untersucht, Zecken und Parasiten werden entfernt, er wird gewogen und bekommt die passenden Medikamente, wie Antibiotika verabreicht, erklärt Tierärztin Angelika Uher. Falls der Igel zuvor schon ein paar Tage gepflegt wurde, kann man Kotproben mit zum Arzt bringen, empfiehlt Uher.
2. Den Igel aufnehmen und aufpäppeln - so geht´s erklärt eine Igel-Expertin
Zuerst sollte man den Igel mit Handschuhen in einen Karton setzten und nachsehen, was das Tier braucht:
Ist der Igel zu kalt? Dann den Igel auf eine handwarme Wärmflasche setzten und mit einem Handtuch zudecken. Der Karton oder die Box muss groß genug sein, damit sich der Igel selbstständig von der Wärmequelle wieder weg bewegen kann.
Ist der Igel unterernährt? Dann den Igel füttern. Dazu empfiehlt Gehret Katzenfutter, Rührei, gebratenes Geflügel und/oder Hackfleisch, Mehlwürmer und Wasser zum Trinken.
Hat der Igel Außenparasiten? Flöhe können mit einem Flohspray behandelt werden. Schwache Igel sollten nicht gebadet werden. Zecken lassen sich mit einer Pinzette herausziehen, Fliegeneier und -maden sollte man sofort mit einer Pinzette oder einer alten Zahnbürste entfernen. Bei einem starken Parasitenbefall sind Tierärzte die richtigen Ansprechpartner.
3. Den Igel wieder frei lassen, sobald es ihm gut geht
Ob der Igel nun wieder alleine in der Natur überleben kann, hängt von mehreren Faktoren ab, erklärt Igel-Beauftragte Martina Gehret.
- Die Jahreszeit: Im Sommer kann ein Igel ohne Bedenken wieder ausgewildert werden. Ab dem Herbst sieht es etwas anders aus. Igel brauchen eine gewisse Zeit, sich ein Quartier für den Winterschlaf zu bauen. Dies tun sie in einer Umgebung, die sie kennen, also ihrem Zuhause. Wenn aber dafür keine Zeit war oder nicht mehr genug Zeit nach der Krankheit bleibt, muss der Igel kontrolliert überwintert werden. Hierfür baut man dem Igel, am bestem im Garten, ein Gehege mit einem kleinen Haus. Dazu gibt es vom Bund Naturschutz eine Bauanleitung. So wird der Igel den Winter über gefüttert und gestärkt und kann so nach dem Winterschlaf ausgewildert werden.
- Die Umgebung: Der Igel muss an dem Ort wieder ausgesetzt werden, an dem man ihn auch gefunden hat.
- Das Gewicht: Ein Jungtier braucht ein Mindestgewicht von 500 bis 600 Gramm, um wieder alleine überleben zu können.
So geht ein Igel-freundlicher Garten: Tipps damit sich die Wildtiere wohl fühlen
Ein vielfältiger Garten eignet sich für Igel besonders gut. Auch hier gibt der Bund für Naturschutz Tipps.
- Diverse Pflanzen mit unterschiedlichen Strukturen wie: Wildsträucher, Hecken, Reisig- oder Komposthaufen, Wildblumenwiesen und Trockenmauern. Hier können Igel beispielsweise Käfer, Würmer, Spinnen, Mücken, Asseln, Schnaken, Ameisen, Tausendfüßler und Schnecken fressen.
- Igel brauchen einen Unterschlupf, um sich vor Feinden verstecken zu können. Zum Beispiel ein Igelhaus.
- Engmaschige Zäune, Netze, Gewässer und Lichtschächte sind Fallen für Igel. Außerdem müssen sie gut den Garten betreten und verlassen können.
- Chemische Pflanzenschutzmittel und Insektizide töten Kleinstlebewesen, welche der Igel als Nahrung braucht.