Zu kühl, zu viel Regen, nicht ein Hauch von Sommer – stattdessen am Mittwoch wieder Schneeflocken in den Bergen bis auf nahe 1000 Meter: Seit Wochen zeigt sich das Wetter fast durchgehend von seiner unfreundlichen Seite. Der März war fast ein Wintermonat und auch der April fiel kälter als gewöhnlich aus.
In den höheren Lagen der Allgäuer Alpen herrschen nach wie vor winterliche Verhältnisse. Und das wird auch bis auf Weiteres so bleiben, prognostiziert Diplom-Meteorologe Joachim Schug von Meteogroup. Fakten zum Thema:
Ein Jahr ohne Sommer im Allgäu?
Die derzeitige Wetterlage erinnert an historische Schilderungen aus den Jahren 1815 bis 1817 – zumindest ein bisschen. Vor 205 Jahren gab es ein Jahr ohne Sommer, verbunden mit großen Ernteausfällen und Hungersnöten. Horrende Getreidepreise brachten die Hungerjahre 1816 und 1817 auch in Bayern. In der Schweiz, in Vorarlberg und im Allgäu schneite es im Sommer 1816 in jedem Monat mindestens einmal bis auf 800 Meter hinunter und es kam nach Unwettern zu massiven Missernten.

Erst 1920 fand man eine wissenschaftliche Erklärung für „das Jahr ohne Sommer“: Auf der zu Indonesien gehörenden Insel Sumbawa war 1815 der Vulkan Tambora ausgebrochen und hatte unvorstellbar große Mengen Staub, Asche und Schwefelverbindungen in die Atmosphäre geschleudert. Dort verteilten sie sich und bildeten einen Schleier über dem Erdball. Erst 1819 hatte sich das Weltwettergeschehen wieder normalisiert. Mit solchen Ursachen hat das derzeit zu kalte Wette natürlich nichts zu tun.
Wie viel Schnee liegt in den Bergen?
Oberhalb von 1200 bis 1400 Metern herrschen vielerorts noch winterliche Verhältnisse, sagt Moritz Zobel von der Alpinberatung in Oberstdorf. Bergtouren könnten derzeit nur in den Vorbergen empfohlen werden. Wann die höher gelegenen Alpenvereinshütten öffnen, sei wegen der Corona-Problematik und der Schneeverhältnisse noch unklar. Auf dem Nebelhorn wurden am Mittwoch über 2,40 Meter Schnee gemessen, auf der Zugspitze über vier Meter.
Ist ein so kalter Mai ungewöhnlich?
Nein, nicht unbedingt. Aber weil auch der April und die zweite Märzhälfte kalt waren, empfinden wir das derzeitige Frühjahr als besonders unangenehm. Vielleicht auch deshalb, weil das Frühjahr 2020 so warm und sonnig war. Meteorologe Schug sagt außerdem: „Im Mai 2019 hat es in den Bergen noch mehr Schnee gegeben.“ Und kühle Sommer gab es immer wieder. „Wann wird´s mal wieder richtig Sommer?“, sang Rudi Carell 1975 und seitdem wurde der Song immer wieder gespielt, wenn ein Sommer mal nicht wie gewünscht ausfiel.
Warum ist die Wetterlage derzeit so eingefahren?
Der Jetstream, ein Starkwindband rund um den Globus in zehn Kilometern Höhe, trennt kühle Luft im Norden von Warmluft im Süden. Heuer verläuft die Zugbahn des Jetstreams für die Jahreszeit ungewöhnlich weit südlich. Somit liegt Mitteleuropa im Einflussbereich der kalten Luft im Norden. Mit einer lebhaften Westströmung werden immer wieder Tiefdruckgebiete herangeführt. Die Folge sind Schauer, Temperaturen oft unter 15 Grad, Gewitter und starke Windböen.
Gibt es keine Anzeichen für eine Besserung?
Doch. „Ein Wetterwechsel ist um den Monatswechsel Mai/Juni einigermaßen realistisch“, sagt Meteorologe Schug. Juni und Juli würden in Süddeutschland und im Alpenraum voraussichtlich warm und trocken, eventuell zu trocken.
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