Wenn Sebastian Schwab von seinen Projekten erzählt, kann einem schwindlig werden. Er steht mal als Schauspieler, mal als Kabarettist auf der Bühne, führt in Berlin und in Gelsenkirchen Regie, inszeniert Performances für die Bestsellerautorin Sibylle Berg, konzipiert Hörspiele für Kinder, doziert an der Musikhochschule Stuttgart, spricht Texte für Fernseh-Sender, spielt Schlagzeug in der erfolgreichen Allgäuer Band „Rainer von Vielen“. Und eine Familie hat er auch noch. Da fragt man sich unweigerlich: Wie kriegt dieser Tausendsassa und Alleskönner, dieser Hansdampf in so vielen künstlerischen Gassen, das auf die Reihe?
Ist gar nicht so schwierig, sagt Schwab. Irgendwie geht das schon, wenngleich er – natürlich – phasenweise Stress habe. Was ihm aber immer mehr Probleme bereitet: Er hat zu wenig Zeit für seine beiden kleinen Kinder. Deshalb lässt er eine Sache nun doch bleiben, die den Stuttgarter immer wieder in seine Allgäuer Heimat führt: Schwab steigt „schweren Herzen“ bei Rainer von Vielen aus, wo künftig Jürgen Schlachter fürs Trommeln zuständig ist. Das letzte Konzert ist am 7. März im Kemptener Stadttheater.
Dass Schwab, 42 Jahre alt, in der Welt des (Musik-)Theaters unterwegs ist, kommt nicht von ungefähr. Als Kind begleitete er oft seine Mutter, die Opernsängerin Hildegard Schwab. Sein Vater Ulrich Schwab war Generalintendant am Nationaltheater Mannheim. Seit 1991 lebt die Künstlerfamilie auf einem ehemaligen Bauernhof bei Altusried. Dort, auf dem „Ogelhof“, ist immer ein Zimmer frei, wenn Sebastian Schwab im Allgäu unterwegs ist.
Früh lernte er Schlagzeug, bald gründete er Bands. Theaterspielen begann er mit seinem Vater als Regisseur bei einer Inszenierung im Altusrieder Theaterkästle. Nach dem Abitur ging er nach Stuttgart, um Schauspieler zu werden. Das ist er bis heute, vor allem am dortigen Staatstheater. Aber eben nicht nur.
Inzwischen hat Sebastian Schwab auch das großstädtische Musiktheater kennengelernt, mit unkonventionellen, ja schrägen Inszenierungen auch sich aufmerksam gemacht und dabei Erfolge und Misserfolge erlebt. Im Musiktheater im Revier (Gelsenkirchen) hat er die „welterste Steampunk-Oper“ auf die Bühne gebracht. Als nächstes steht dort Monteverdis Oper „L’Orfeo“ an.
Seine Träume von einst, sagt Schwab, haben sich erfüllt.
Doch es schlagen (frei nach Goethes Faust zitiert) zwei Herzen, ach, in seiner Brust. Die traumhafte Bühnenkunst hat Konkurrenz bekommen durch eine reale Familie. Wenn er an diesem Wochenende eines der letzten Konzerte mit „Rainer von Vielen“ in Karlsruhe spielt, dann sähe er sich genauso gern daheim in Stuttgart, mit den Kindern spielend oder auf dem Sonntagsspaziergang.
Deshalb träumt Schwab inzwischen davon, noch mehr freischaffend tätig zu sein, um viel von zu Hause aus zu erledigen. Manchmal überlege er sich sogar, ob er ein Jahr lang einfach alle Anfragen absagen soll. Doch das traue er sich nicht, und Geld müsse er ja auch verdienen. Aber als Kabarettist und Schauspieler durch die Lande zu tingeln und immer wieder nach Hause zurückzukehren, das könne er sich gut vorstellen. Ein Programm dafür hat Schwab bereits: Eine „Sit-Down-Tragedy“ (als satirischer Gegensatz zu Stand-Up-Comedys) mit dem selbstironischen Titel „Ich weine lieber auf dem Rücksitz eines Mercedes“. Mit dieser persönlichen und humorvollen (Zwischen-)Bilanz eines 42-Jährigen kommt er auch ins Allgäu – zu sehen am 20. Februar im „Salon“ in Kempten.