Startseite
Icon Pfeil nach unten
Baden-Württemberg
Icon Pfeil nach unten

Niedriger Bodensee-Pegel: Mannenbachs Hafen komplett ausgetrocknet – Was nun?

Fast historischer Tiefstand

Niedriger Pegelstand am Bodensee: In diesem Ort ist ein ganzer Hafen ausgetrocknet

    • |
    • |
    • |
    Vielerorts am Bodensee ist der Wasserstand deutlich gesunken. Das wird etwa rund um die Insel Reichenau deutlich, hier beim Wollmatinger Ried.
    Vielerorts am Bodensee ist der Wasserstand deutlich gesunken. Das wird etwa rund um die Insel Reichenau deutlich, hier beim Wollmatinger Ried. Foto: Felix Kästle, dpa

    Im beschaulichen Mannenbach im Schweizer Kanton Thurgau, rund zwölf Kilometer westlich von Konstanz, scheint die Welt in Ordnung zu sein. Das Wetter ist gut – Spaziergänger, Radfahrer und Restaurantbesucher genießen die warme Aprilsonne. Doch etwas ist trotzdem anders. Läuft man am Bodensee-Ufer entlang, steht dort ein Boot nach dem anderen, verpackt in graue und grüne Folien. Saisonstart? Sieht anders aus. Die Boote stehen buchstäblich auf dem Trockenen. Der Mannenbacher Hafen ist völlig ausgetrocknet. Wo eigentlich klares Bodenseewasser ans Ufer schwappen sollte, kommen hier eher Nordseegefühle auf. Der Hafen wirkt so, als könne man hier Wattwandern, statt mit seinem Schifflein auf den Untersee hinauszufahren.

    Einen solch niedrigen Pegelstand habe er noch nie erlebt, sagt Philemon Diggelmann vom Umweltamt des Kantons Thurgau. Auch für viele seiner langjährigen Mitarbeiter sei der trockene Hafen ein Novum. „Sie sehen das zum ersten Mal, haben sie gesagt“, sagt Diggelmann. Nach Messungen westlich von Mannenbach war der Pegel dort zuletzt am 1. April 1972 mit 394,40 Meter über dem Meeresspiel so niedrig – jetzt sind es 394,52 Meter.

    Fehlender Schnee im Einzugsgebiet des Rheins und damit weniger Schmelzwasser ist Grund für die jetzige Trockenheit

    In der Schweiz wird der Pegel anders als in Deutschland anhand des Meeresspiegels bemessen, nicht anhand eines Wertes über einem definierten Pegel-Nullwert. In Konstanz liegt der Pegel bei 2,72 Metern und damit noch rund 14 Zentimeter über dem saisonalen Tiefstwert. Der absolute Tiefstwert liegt noch 40 Zentimeter unter dem aktuellen Pegel. Fehlender Schnee im Einzugsgebiet des Rheins und damit weniger Schmelzwasser aus den Alpen nennt Diggelmann als Ursache. Dazu kommt der geringe Niederschlag in diesem Frühjahr. Die Wetterprognose sieht weiterhin ungünstig aus. Laut Prognose bleibt Regen in den kommenden zehn Tagen aus, und auch die Schmelzwassermenge dürfte sich nicht markant erhöhen.

    Verfolgte man in diesen Tagen Meldungen zum sinkenden Bodenseepegel im Internet, stieß man etwa auf solche Titel bei wetter.de: „Der Bodensee hat kaum noch Wasser.“ Das klingt erschreckend. Und es ist ja auch so, dass Strandabschnitte breiter in Erscheinung treten oder Spaziergänge an Uferabschnitten möglich werden, wo man sonst im Wasser watet. Mithin handelt es sich um ein schönes Naturerlebnis für alle, die im Bodensee vor allem dessen Freizeitwert erkennen. Doch ist er auch Deutschlands größter Trinkwasserspeicher, und es stellt sich die Frage, ob uns irgendwann dürsten wird, wenn der Pegel weiter sinkt.

    Der Hafen in Mannenbach am Untersee ist ausgetrocknet.
    Der Hafen in Mannenbach am Untersee ist ausgetrocknet. Foto: Marina Schölzel

    Beim Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung (BWV) auf deutscher Seite in Sipplingen stellt Sprecherin Teresa Brehme klar: „Schwankungen im Wasserstand sind ein natürlicher Vorgang im Bodensee und haben keine Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung. Wir entnehmen das Wasser ja in 70 Metern Tiefe, weshalb wir von den schwankenden Pegelständen nicht betroffen sind.“ Und wie ist es mit Blick auf den Klimawandel? Brehme sagt: „Nach den heutigen Erkenntnissen werden wir auch in Zukunft genügend Wasser im Bodensee haben. Klimamodelle prognostizieren zwar eine zeitliche Verschiebung bei den Niederschlägen.“ Es gebe dann höhere Niederschlagsmengen im Winter und geringere Mengen im Sommer. „Die Jahressumme der Niederschläge auf der Alpennordseite und somit im Wassereinzugsgebiet des Bodensees wird in etwa gleich bleiben.“ Das Ab- oder Wegschmelzen der Gletscher habe nur geringfügige Auswirkungen auf den Gesamtzufluss.

    Auch am Bodensee ist der Klimawandel unübersehbar

    Wobei der Klimawandel am Bodensee unübersehbar ist. „Außergewöhnliche Wasserstände, Besiedlung durch Pflanzen und Tiere aus weit entfernten Gebieten oder schwächere Zirkulation im Winter sind einige der Indizien“, sagt Teresa Brehme. „Die Bodensee-Wasserversorgung beschäftigt sich natürlich mit den möglichen Auswirkungen des Klimawandels am Bodensee und bereitet sich vor.“ Zur Vorsorge gehört beispielsweise der Ausbau der Behälterkapazitäten, Ersatzstromanlagen und Pumpen in genügender Anzahl.

    Philemon Diggelmann ist Abteilungsleiter Wasserbau im Umweltamt des Schweizer Kantons Thurgau.
    Philemon Diggelmann ist Abteilungsleiter Wasserbau im Umweltamt des Schweizer Kantons Thurgau. Foto: Marina Schölzel

    In Mannenbach läuft Diggelmann am Ufer entlang und blickt auf den ausgetrockneten Hafen. Eigentlich sollte am 13. April die Saison losgehen und die jetzt auf dem Grund liegenden Boote eingewässert werden. Daraus wird jetzt wohl nichts – die Bootsanlieger müssen sich weiter gedulden, schätzt Diggelmann. Bis das Hafenbecken wieder gefüllt ist, könne es noch dauern. „Das ist ein sehr langsamer Prozess, bis das Wasser wieder steigt“, sagt der Schweizer. Es bräuchte mindestens ein so nasses Frühjahr wie im Vorjahr, damit sich der Mannenbacher Hafen schnell wieder füllt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden