Ein großes Feuer und große, kräftige Männer, die mit heißem, schweren Eisen hantieren: In seinen Kinderaugen war die Schmiedewerkstatt „ein magischer Ort“, erinnert sich Kilian Trenkle. Sein Urgroßvater, Großvater und Vater arbeiteten schon im Familienbetrieb „Beim Hummelbaur“ in Pfronten, zuletzt erlernte Kilian Trenkle das Handwerk. Bekannt ist die Ostallgäuer Familie für Schlosser- und Kunstschmiedearbeiten sowie die Kuhschellen, die in diesen Wochen wieder bei Viehscheiden an zahlreichen Rindern zu sehen und hören sein werden.
Diese Tradition zu erhalten ist Trenkle eine „Herzensangelegenheit“. Das Herz des 29-Jährigen schlägt jedoch auch für eine alte Tradition aus Asien: Yoga ist sein zweites Standbein und die Arbeit als Yogalehrer und Gründer sowie Chef der Freigeist Products GmbH, die europaweit Kopfstandhocker vertreibt, der Gegenpol zur Arbeit in der Schmiedewerksatt. Diese besondere Kombination fiel zuletzt Bayern Tourismus auf, die Trenkle zum Teil der Kampagne „Traditionell anders“ machten.
Nach dem Abitur führte ihn sein Vater ins Handwerk ein, wobei das Schellenschmieden am meisten Spaß machte. Aus zwei flachen Stahlblechen auf dem Amboss entstehen mithilfe eines Hammers die gewölbten Hälften, die dann zusammengeschweißt werden. „Man formt etwas, das dann auf alle Zeit einen besonderen Klang erzeugt“ - das begeistert Trenkle. Bekannt sind die Schellen seiner Familie für die verwendeten ausrangierten Sägeblätter aus hochwertigem Stahl. Deshalb klingen sie laut Trenkle so schön. Auf Geschick, Können, Kraft und Geduld komme es bei der Herstellung aber auch an. Je nach Größe sei eine Schelle nach 1000 bis 5000 Schlägen fertig.
Nach etwa einem Jahr stand er Kopf
Parallel zu den ersten Versuchen am Amboss begann Trenkle Yoga zu machen und erfuhr von der besonderen Wirkung der Kopfstand-Haltung: Mache man die regelmäßig, bleibe man laut Trenkles Yogalehrer „pumperlgsund wie die alten Yogis in Indien“. Da sich aber gerade mit dieser Übung viele im Kurs schwer taten, kam Trenkle auf seine Geschäftsidee: „Den Kopfstand muss doch irgendwie jeder lernen können“, sagte er sich. Er fand sich in der Werkstatt seines Vaters wieder. An dem Ort, der seit 1839 Schlosserei und Schellenschmiede ist, entstanden die Prototypen für seinen Kopfstandhocker, den er später „feedup“ nennen würde. Laut Trenkle fielen die noch „etwas rustikaler“ aus, als es die patentierten Modelle aus Holz heute sind. Trenkle präsentierte sie auf Messen und in Yogastudios - ein Unternehmen mit sieben Mitarbeitern entstand. Und: Nach etwa einem Jahr konnte sich Trenkle auf den Kopf stellen.
Ein Kopfstandhocker für Yogis und Kuhschellen für die Rinder in den Allgäuer Bergen - der gemeinsame Nenner sind für Trenkle nicht nur die fließenden Bewegungen und das Abschalten können, sonder auch die Kühe. Während die in Indien, wo die Yoga-Lehre vor vielen Jahren entstand, heilig sind, dürfen jedes Jahr einige mit einer Schelle von den Trenkles um den Hals saftiges Gras in den Allgäuer Bergen fressen.
„Ein Ort der Kreativität“
„Riesenumsätze“ werfen die Bestellungen der Landwirte nicht ab. Schellen als „Kaufobjekt“ an Touristen zu verkaufen, will Trenkle nicht, die Schmiedewerkstatt soll jedoch erhalten bleiben. Ob als Museum oder Produktionsstätte - der Ort mit dem großen Feuer und den kräftigen Männern „soll auf jeden Fall immer ein Ort der Kreativität bleiben“.