Die CSU wirft Flüchtlingshelfern vor, systematisch Zurückweisungen an der deutschen Grenze zu verhindern. Im Fokus der Kritik: Aktivisten der Organisation Pro Asyl. Die seien „schon seit Jahren entlang der Fluchtrouten unterwegs, auch an den Grenzübergängen“, sagte Alexander Hoffmann, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, unserer Redaktion. „Dort wird Flüchtlingen empfohlen, ihre Ausweise wegzuwerfen, weil das eine Abschiebung aus Deutschland deutlich erschwert.“ Außerdem würde man den Geflüchteten raten, „sich ein neues Handy und eine neue Prepaid-Karte anzuschaffen, weil die Route dann nicht mehr nachvollzogen werden kann“, sagte Hoffmann.
Anlass für die Kritik ist eine Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts. Anfang der Woche hatten die Richterinnen und Richter in einer Eilentscheidung die Zurückweisung von drei Menschen aus Somalia für rechtswidrig erklärt. Laut dem Bundesinnenministerium hatten sich die Somalier tatsächlich mit der Unterstützung von Pro Asyl an das Gericht gewandt. Die Entscheidung löste eine Debatte über die Rechtmäßigkeit der verschärften Grenzkontrollen aus, die die neue Regierung um Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) auf den Weg gebracht hat. Auch hätten die drei Geflüchteten „nagelneue Handys“ dabeigehabt, sagte Hoffmann. „Für mich trägt das klare Züge einer Inszenierung durch Asyl-Aktivisten.“
Die Bundesregierung hält an den Zurückweisungen fest
Pro Asyl wies die Anschuldigungen zurück. „Diese Vorwürfe haben nichts mit den Fakten zu tun“, sagte Geschäftsführer Karl Kopp unserer Redaktion. „Wir sind eine Menschenrechtsorganisation und unterstützen Geflüchtete vor Gericht. So war es auch im Fall der drei Menschen aus Somalia, von denen eine Frau noch minderjährig ist.“ Dass man Menschen empfehle, ihre Ausweise zu entsorgen oder neue Handys anzuschaffen, seien falsche Unterstellungen. „Damit wird unsere Arbeit angegriffen“, sagte Kopp. „Auch Geflüchtete haben ein Recht darauf, vor Gericht zu ziehen und angemessen vertreten zu werden.“ Kopp übte seinerseits Kritik an der CSU. „Die sogenannte Asylwende ist ein Bruch des Europarechts“, sagte er. „Aber wir haben ja das Glück, dass wir in einem Rechtsstaat leben. Und auch die CSU muss sich an das geltende Recht halten.“ Kopps Kritik geht noch weiter: Zuletzt hatten die Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichts Berlin über eine Reihe von Anfeindungen und Drohungen seit der Entscheidung geklagt. Ähnlich gehe es auch Pro Asyl. „Äußerungen wie die der CSU tragen dazu bei“, so Kopp.
Die Regierung erklärte seit der Entscheidung mehrfach, dass man an der Zurückweisung von Asylsuchenden festhalte. Kurz nach seinem Amtsantritt am 7. Mai hatte Innenminister Dobrindt die Verschärfung der Grenzkontrollen veranlasst. Umstritten ist die Maßnahme, weil Asylsuchende laut dem Dublin-Verfahren zumindest Anspruch darauf hätten, dass geprüft wird, welcher Staat für ihr Gesuch zuständig ist. Die Zahl der Zurückweisungen ist allerdings überschaubar: Bis zum 4. Juni wurden der Bundespolizei zufolge 160 Asylsuchende abgewiesen. Insgesamt stellten die Beamten in diesem Zeitraum 4128 unerlaubte Einreisen fest.
Alexander Dobrindt will den Familiennachzug einschränken
Die Regierung will die Zahl der Geflüchteten aber noch weiter reduzieren. So soll unter anderem der Familiennachzug für Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus für zwei Jahre ausgesetzt werden. Aktuell ist der Nachzug begrenzt auf 1000 Menschen pro Monat. Es gebe „nicht einen einzigen Schalter, den man umlegen kann und dann ist das Problem der illegalen Migration gelöst“, sagte Dobrindt. „Die Lösung beim Zurückdrängen der illegalen Migration ist vielmehr die Summe vieler Einzelmaßnahmen.“ Kritik an der Maßnahme kam von Linken und Grünen.
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