Nun, nach der umjubelten Premiere am Samstagabend und einer weiteren Vorstellung gestern Nachmittag, steht fest: Es kracht.
Hüve bringt die dramatische Handlung um drei Musketiere, ihren stürmischen jungen Freund, einen teuflischen Kardinal, eine mordende Lady und drei unglücklich liebende Frauen höchst unterhaltsam, mit feinem Sound, soliden schauspielerischen Leistungen und bunten Bildern auf die Naturbühne des Oberallgäuer Dorfes.
Tatsächlich knallt es immer wieder: in den atemberaubenden Fechtszenen und dank des Humors, der sich trotz ernster Dinge wie Liebe, Heimtücke, Verrat und Tod durchs Stück zieht. Die 2.000 Premierenbesucher spenden oft Zwischenapplaus, und gleich am Ende der dreistündigen Aufführung (inklusive Pause) erheben sie sich von den Sitzen und klatschen euphorisch Beifall.

Das dürfte nicht nur den 80 Akteuren auf der Bühne und ebenso vielen hinter der Bühne gut getan haben, sondern ganz Altusried. Denn die Freilichtspieler haben eine neue Ära eingeläutet. Sie wollen die Amateurklasse verlassen und peilen den Aufstieg in die Profiliga an. Klotzen statt kleckern lautet die Devise. Schon im vergangenen Jahr, bei ihrem eigenen großen Spiel „Robin Hood“, kauften sie sich Profis für Regie, Bühnenbild, Text und Kostüme ein. Das Musketiere-Musical produzieren sie nun gemeinsam mit dem Mainzer Staatstheater. Was nicht von ungefähr kommt, stammt doch dessen Intendant Markus Müller aus Altusried.
Die Natur nur noch als schönes Beiwerk eines oppulenten Bühnenbildes
Die Mainzer wählten nicht nur das künstlerische Leitungsteam aus, sondern auch die Solisten und Tänzer. Außerdem konzipierten sie das Bühnenbild, das nichts mehr mit dem zu tun hat, was in früheren Jahren zu sehen war. Die Natur, dem Pfund, mit dem die Altusrieder einst wucherten, ist nur noch nettes Beiwerk.
Bühnenbildner Siegfried Mayer ließ für die Musketiere drei mächtige Stahlklingen aufrichten, die sich in 20 Metern Höhe kreuzen – die Welt der degenbewaffneten Musketiere symbolisierend und zugleich Rahmen für die Spielfläche. Zwei farbige Rampen und ein Rund, das an ein Glasrosette von Notre Dame in Paris angelehnt ist, erheben sich über dem gekiesten Platz und bringen das Spiel näher an die Zuschauer.
16 weitere Aufführungen
Das Musketiere-Musical wird bis zum 5. August noch 16 Mal gespielt: immer am Freitag- und Samstagabend um 20 Uhr.
An den Sonntagen 9., 23. und 30. Juli gibt es Nachmittags-Vorstellungen; Beginn jeweils um 14 Uhr.
Tickets im Vorverkauf sind im Kartenbüro Altusried erhältlich, Telefon 08373/922 00, sowie im Internet unter der Adresse
Hier kämpfen Athos, Porthos und Aramis mit ihren Widersachern; hier lieben sich Constance und D’Artagnan, der anfangs so naiv ist wie seine gelockten Haare blond; hier spinnt der hinterhältige Kardinal Richelieu seine Intrigen, die so blutig sind wie sein Gewand rot; hier versucht Milady de Winter sich zurück ins Leben zu kämpfen, indem sie sich tragischerweise zum Werkzeug des Kardinals machen lässt.
Grandiose Allgäuer Profimusiker
Hört sich facettenreich an, und das ist es auch. Die Musketier-Story, die Alexandre Dumas mit seinem Abenteuer-Roman 1844 schuf, gibt einiges her. Die Holländer Rob und Ferdi Bolland machten 2003 ein schmissiges Musical daraus, samt eingängigem, aber nicht einfachem Rock-Pop. Das 22-köpfige Orchester aus Allgäuer Profimusikern im neu gebauten Orchestergraben setzt sie unter Leitung von Axel Goldbeck grandios und exakt in Szene. Kein langatmiges Geschichtsdrama also, sondern ein zeitgenössisches Musical mit historischem Hintergrund.
Diese – dank einiger exotischer Instrumente – überaus farbige Musik mit viel Lautmalerei und Roland Hüves Inszenierung machen aus den „3 Musketieren“ packendes Theater mit Tiefgang und einer guten Portion Ironie (was sich beispielsweise in den Kostümen spiegelt). Massenszenen wechseln mit intimen Momenten, Dramatisches mit Humor.
Die Fechtszenen kommen so gut rüber wie in Mantel-und Degen-Filmen.
Die Fechtszenen kommen so gut rüber wie in Mantel-und Degen-Filmen. Choreograf Eric Rentmeister, der auch einen durchtrieben Richelieu gibt, arrangiert mit den Sängern und Tänzern fantasievolle Bilder auf der großen Bühne. Und der von Gertrud Hiemer-Haslach vorbereitete Einheimischen-Chor singt super – die Allgäuer Amateure bewegen sich auf Augenhöhe mit den Profis.
Sängerisch haben die drei Frauen ein leichtes Übergewicht. Judith Jakob (Milady), Filipina Henoch (Constance) und Navina Heyne (Königin Anna) besitzen kräftigere, profiliertere Stimmen als die Männer, die zudem von der Tontechnik etwas vernachlässigt werden. Der Held des Abends ist jedoch Tobias Bieri. Er kämpft und liebt sich als D’Artagnan vom unbedarften Provinz-Lümmel zum geachteten Musketier empor.
Am Ende darf er mit seinen neuen Freunden Athos, Porthos und Aramis die Klingen kreuzen. Ein Happy End mit bitterem Beigeschmack. Denn auf dem Weg dorthin musste er viel Schmerzhaftes erleben.