Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Geschichtenerzähler aus dem Paradies

Kabarettist Maxi Schafroth

Geschichtenerzähler aus dem Paradies

    • |
    • |
    Sein humorvoller Blick aufs Allgäu hat den Kabarettist Maxi Schafroth bekannt gemacht.
    Sein humorvoller Blick aufs Allgäu hat den Kabarettist Maxi Schafroth bekannt gemacht. Foto: Matthias Becker

    "Ist das nicht ein schöner Platz?" Maxi Schafroth lächelt und dreht sich um die eigene Achse. Er genießt, was er sieht: die mächtige alte Buche, die Kirche, weiter unten die Bauernhäuser, dahinter Wiesen und Wälder. Maxi Schafroth steht auf dem Dorfplatz von Stephansried, einem 80-Seelen-Ort sechs Kilometer nördlich von Ottobeuren. Hier ist der Kabarettist, Schauspieler und Musiker aufgewachsen. Und hier lebt(e) auch ein Teil seines Geschichten-Personals: der Reini, die Oma, die Mama, der Papa.

    Wenn Schafroth - meist mit seinem Hofnachbarn Markus Schalk als gitarristischem Begleiter - auf der Bühne steht, drehen sich viele seiner satirisch-ironischen Geschichten um das heile und weniger heile Leben auf dem Land. Geschichten die Allgäuern aus dem Herzen sprechen und Nicht-Allgäuer ansprechen. Inzwischen kennen Kabarett-Fans diese kleine Welt. Und die Leser der Samstag-Kolumne "Zugabe" in der Allgäuer Zeitung sowieso.

    Schafroth ist an diesem Tag aus München angereist, wo er inzwischen lebt. Seinen blauen Mercedes-Jeep mit dem Kennzeichen M-UX 8002 hat er am Ortsrand abgestellt. Nun will er zeigen, woher er stammt, was ihn inspiriert. Weil ein kalter Wind bläst, drückt er einen Hut auf seinen markanten Lockenkopf. Wenn Bauern mit ihren Traktoren vorbeifahren, grüßen sie mit erhobener Hand. Man kennt den Maxi, der Maxi kennt die Leute.

    "Da bin i dahoim": Maxi Schafroth in Stephansried.
    "Da bin i dahoim": Maxi Schafroth in Stephansried. Foto: Matthias Becker

    Mitten in Stephansried, an der Nahtstelle zwischen dem Unter- und dem Oberweiler, liegt der Bauernhof der Schafroths. Er gehört nicht mehr der Familie. Die Eltern von Maxi Schafroth bauten schon vor Jahren einen Aussiedlerhof, nun leben sie in Markt Rettenbach. Es hat ja keinen Hoferben gegeben. Der Sohn Maximilian ergriff erst den Beruf des Bankkaufmanns, dann des Künstlers; seine beiden Schwestern haben ebenfalls ein anderes Leben gewählt.

    Die Mutter, der Konventionen immer egal waren, und der liberale Vater haben ihn geprägt, sagt Schafroth. Im Haus wohnten aber noch zwei grundverschiedene Frauen. Schafroth hat ein Bild in Erinnerung: Die Oma steht mit der Mistgabel da, während oben die Schreibmaschine der dichtenden Großtante klappert.

    "Als Kind war das ein Paradies für mich", sagt Schafroth. Unzählige Abenteuer hat der schmächtige Bub in Stephansried erlebt. Hat mit seinen Freunden Fußball gespielt und Kirchenfenster in Scherben geschossen, hat am Kneipp-Brunnen Mutproben im kalten Wasser überstanden, ist mit seiner selbst gebauten Seifenkiste die steilen Sträßchen hinuntergesaust, hat sich im Wirtshaus von Leni einmal im Monat den sagenhaften Wurstsalat mit Romadur und Zwiebeln für fünf Mark gegönnt.

    In dieser dörflich-bäuerlichen Welt passieren lustige, kuriose und abstruse Dinge. Zumindest sieht es der Komödiant Schafroth so. "Ich habe immer den Humor im Alltag gesucht", sagt er. Aber ein liebevolles Loblied aufs Ländliche zu singen, garniert mit Selbstironie und Überzeichnung, das wäre ihm zu billig. Er mischt bisweilen Sozialkritik bei und würzt mit scharfen Salven nach. Da merkt man, dass ihm die Bayern-CSU-Volkstümelei gehörig auf den Senkel geht.

    Auf der Bühne zuhause: Maxi Schafroth mit Gitarrist Markus Schalk on tour, hier in der Big Box Kempten.
    Auf der Bühne zuhause: Maxi Schafroth mit Gitarrist Markus Schalk on tour, hier in der Big Box Kempten. Foto: Martina Diemand

    Offenbar kommt dies gut an. Kein Allgäuer Kabarettist hat es bisher zu solcher Bekanntheit gebracht wie Schafroth. In ganz Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz lacht man über die wahren und unwahren, realen und surrealen Geschichten, die er aus seinen Erinnerungen strickt. Im Fernsehen ist er ebenfalls regelmäßig zu sehen. Sender wie 3sat bringen gerne seine Programme "Faszination Allgäu" und "Faszination Bayern".

    Ein paar Preise hat er inzwischen bekommen. Nun wird Maxi Schafroth in seiner Heimat ausgezeichnet: Am Sonntag erhält er den Großen Kulturpreis der Rupert-Gabler-Stiftung Obergünzburg. Bei der Feier im Kaisersaal des Ottobeurer Klosters hält der Benediktinermönch und ehemalige Pfarrer von Stephansried die Laudatio: Johannes Schaber, heute Abt des Klosters.

    In Ottobeuren ging Maxi zur Schule. Dort sammelte er erste Bühnenerfahrungen. Beim Schultheater wollte er nicht mitspielen, aber als Moderator laberte er so lange, dass ihm der Schulleiter den Strom abdrehte. Das improvisierte Reden pflegt er bis heute. Ein Skript habe er nicht, sagt er. Auf der Bühne legt er einfach los. Was beim jeweiligen Publikum ankommt und was nicht, spürt er schnell. "Da läuft mein Gehirn auf Hochtouren."

    Mit 18 Jahren verließ er das Allgäu. Die Neugier trieb ihn nach München, später nach Amerika. Das Allgäu war ihm zu klein geworden. Und Sprünge ins kalte Wasser reizen ihn. "Nur so kommt man weiter", sagt er. Vermisst er die bäuerliche Welt? Trauert er Stephansried nach? Maxi Schafroth schüttelt den Kopf. Überhaupt nicht. "Glück und Geborgenheit", sagt er, "liegen in der Familie."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden