Frau Schulze: Das erste Weihnachten zu viert. Haben Sie besondere Pläne?
KATHARINA SCHULZE: Wir werden wie jedes Jahr bei meinen Eltern sein und dort gemeinsam Weihnachten feiern. Ich freue mich darauf. Mein Großer ist ja jetzt drei Jahre alt und nimmt zum ersten Mal die Weihnachtszeit so richtig wahr. Ich werde jetzt schon immer um fünf Uhr morgens geweckt, weil wir beim Adventskalender Türchen aufmachen müssen. Unser Jüngster kriegt noch nicht so viel mit. Er ist ja erst drei Monate alt.
Sie sind nach dem Mutterschutz schnell in den Landtag zurückgekehrt. Hat sich in dieser Pause Ihr Blick auf das politische Geschäft verändert?
SCHULZE: Also, ich habe mir in diesen acht Wochen natürlich sehr viel Zeit für mein neues Baby genommen. Jetzt sind wir zu viert und darauf musste sich die ganze Familie erst einstellen. Die ersten Male, als ich beide Kinder abends allein ins Bett bringen musste, waren anstrengend, intensiv und oft nach dem Motto: bis alle drei heulen. Aber wir haben jetzt einen guten Rhythmus gefunden. Weil Abgeordnete auch keine Elternzeit haben und er erst mit einem Jahr in die Kita geht, werde ich jetzt wieder Politik mit Baby machen – so wie schon beim ersten Sohn.
Haben Sie sich in dieser Pause vorgenommen, etwas an Ihrem politischen Stil oder den Inhalten zu ändern?
SCHULZE: Nein, während des Mutterschutzes stand mein neuer Sohn ganz einfach an erster Stelle. Aber wir Grüne haben ja nach der letzten Landtagswahl schon einiges verändert. Wir wollen noch mehr und gerade in der Fläche in Bayern präsent sein und da bin ich als Fraktionsvorsitzende auch sehr stolz auf meine Kolleginnen und Kollegen, die das leisten. Wir möchten in vielen Orten zuhören und Lösungen aufzeigen, denn es ist besser, miteinander zu reden als übereinander. Und wir wollen uns nicht mehr alles gefallen lassen, was Markus Söder und seine CSU so auf uns draufschleudern.
Sie haben neulich in einer Landtags-Debatte dem Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger und dem CSU-Generalsekretär Martin Huber vorgeworfen, sie hätten gelogen. Ist das der neue Stil der Grünen?
SCHULZE: Wann haben wir eigentlich aufgehört, Lügen als Lügen zu bezeichnen? Es ist doch irgendwie verrückt, dass ein Martin Huber als Generalsekretär der CSU in einem Video behauptet, die Grünen wollen Haustiere verbieten, obwohl es falsch ist. Dieses Video ist immer noch im Netz. Er hat sich nicht entschuldigt, er hat es nicht richtiggestellt, er hat es anscheinend bewusst gemacht. Eine Lüge wird immer schnell daher gesagt. Sie ist laut und die Wahrheit oder die Richtigstellung sind nicht immer so laut, und daher ist es wichtig, stärker das Stoppschild zu zeigen. Weil die Menschen in Bayern die Wahrheit verdient haben.
Ist man im politischen Geschäft nicht manchmal mit dem Vorwurf der Lüge schnell bei der Hand?
SCHULZE: Wir sollten etwas als Lüge bezeichnen, wenn es wirklich eine Lüge ist und das auch wieder stärker sagen. Wir hatten gerade die Debatte zum Thema „Kinder in Bayern“ und als ich sagte, jetzt kürzt die CSU pauschal das Familiengeld in schwierigen Zeiten, kommt der Zwischenruf von der CSU, das würde nicht stimmen. Sorry: Natürlich wird pauschal von 6000 auf 3000 Euro runtergekürzt – von Markus Söder höchstpersönlich verkündet.
Das Argument der CSU lautet, das Geld für Kitas ausgegeben wird und damit auch den Familien zugutekommt.
SCHULZE: Also, ich habe ja nicht gesagt, die Regierung fliegt mit dem Familiengeld nach Mallorca. Ich habe lediglich festgestellt, dass es faktisch gekürzt wird. Wenn das dann als Fake News bezeichnet wird, dann ist genau dieses Verwischen das Problem. Was ich mit dem Beispiel sagen wollte: Wir Demokratinnen und Demokraten müssen darauf achten, dass wir wirklich anhand von Fakten und Wahrheiten diskutieren. Wir haben ja am ganz äußeren Rand in der AfD eine Gruppe, die gezielt mit Lügen und mit Falschinformationen Politik macht. Die wollen die Demokratie destabilisieren, deshalb sollten wir Demokratinnen und Demokraten dafür sorgen, dass das nicht passiert und bei der Wahrheit bleiben.
Mit welchen konkreten politischen Zielen gehen die Grünen im bayerischen Landtag ins neue Jahr? Wie lauten da Ihre drei wichtigsten Punkte?
SCHULZE: Wir starten das neue Jahr mit dem Thema „Wirtschaftsstandort Bayern stärken“. Wir haben tolle Handwerkerinnen und Handwerker und mittelständische Unternehmen und wir möchten denen die Hindernisse aus dem Weg räumen. Ein anderer Schwerpunkt ist, das Leben der Menschen bezahlbarer zu machen. Wir müssen die Menschen entlasten, deshalb haben wir uns beispielsweise so massiv für das Deutschlandticket eingesetzt. Wir werben auch für einen Azubi-Führerschein. Junge Menschen ab 17 erhalten 500 Euro vom Freistaat Bayern und 500 vom Arbeitgeber. Wir wollen die Kitas massiv ausbauen, damit die Eltern beruhigt in die Arbeit gehen können. Das dritte große Thema ist Klima- und Umweltschutz. Wir merken ja bei der Bayerischen Staatsregierung: Bei Hochwasser in Bayern sind sie alle betroffen - und dann passiert wieder nichts bis zum nächsten. Wir werden beim Hochwasserschutz nicht lockerlassen. Noch ein Wort zum Klimaschutz: Wenn Markus Söder, wie gerade verkündet, sein selbstgestecktes Ziel von der Klimaneutralität im Jahr 2040 aufgibt, dann ist das ein Armutszeugnis.
Den Grünen wird vorgeworfen, sie wären eine Anti-Auto-Partei. Ausgerechnet Sie sind jetzt für einen staatlichen Zuschuss für den Führerschein?
SCHULZE: Aber natürlich. Wir werden in Bayern nie erleben, dass in jedes kleine Dorf eine U-Bahn fährt. Das wäre absurd und volkswirtschaftlich nicht sinnvoll. Und es gibt einfach Jobs, da musst Du um vier Uhr morgens anfangen und da fährt kein Bus oder Regionalzug. Wir wollen das Leben leichter machen und da kann so eine Führerschein-Unterstützung helfen.
Zur Person
Katharina Schulze, 39, ist seit 2018 Chefin der Grünen-Landtagsfraktion in Bayern. Ihr Partner und Vater der beiden Kinder ist der Grünen-Politiker Danyal Bayaz, Finanzminister von Baden-Württemberg.
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