Kluftinger ist wieder normal geworden. Beim neuen TV-Krimi mit dem Allgäuer Kommissar, der am Donnerstagabend im Ersten lief, hetzte der Ermittler nicht mehr wie bei „Seegrund“ atemlos-trottelig durchs Ostallgäu. In „Herzblut“ hat Klufti wieder Boden unter die Füße bekommen, ist wieder der gemütliche Grantler, den die Fans kennen und lieben.
Damit haben die Produzenten und der Regisseur aus dem Seegrund-Tsunami ihre Lehren gezogen. Eine regelrechte Wut-Welle gab es nach der Ausstrahlung des Krimis im Dezember 2013. Viele Allgäuer sahen Land und Leute klischeehaft verunglimpft. In deutschlandweiten Diskussionsformen hagelte es Kritik. „Armes Allgäu“ schrieb damals einer.
Schon im Vorfeld von „Herzblut“, der in Memmingen und Umgebung gedreht wurde, kündigten die Fernsehleute an, die Figur Kluftinger wieder ähnlich zu zeichnen wie es die Autoren Klüpfel und Kobr in ihren Romanen tun. Bondenständiger und geerdeter sollte der Kult-Kommissar werden.
Schrullig, wortkarg, hilflos wie ein Kind
Und das ist er geworden. Die vier Millionen Zuschauern sahen zur besten Sendezeit einen Kluftinger, wie man ihn kennt: schrullig, wortkarg und bisweilen hilflos wie ein Kind – etwa wenn er auf dem Handy herumtippt, als ob Außerirdische das Gerät geschickt hätten. Damit passt Kluftinger auch wieder besser mit Herbert Knaup zusammen, der ihn spielt. Der 60-Jährige stammt ja aus Sonthofen. Auch wenn er jetzt in Berlin lebt: Er ist einfach ein Parade-Allgäuer alten Schlags, mit entsprechender Gestik, Mimik, Statur und Dialekt. Regisseur Lars Montag hat dies begriffen und filmt oft das Gesicht in Großaufnahme. Da sieht man, welch guter Schauspieler Knaup ist. Der fragende Blick, das gequälte Lächeln, die faltige Stirn – das sagt mehr als schnelle Kamerafahrten und hektische Schnitte.
Dennoch muss vielen Fernsehzuschauern jenseits der Donau das Allgäu als eigenartige Gegend mit lauter schrägen Vögeln erscheinen. Dass hier überhaupt Morde passieren, muss ihnen komisch vorkommen. Noch noch kurioser dürfte es sein, dass Kommissare wie Kluftinger, Maier und Hefele sie aufklären. Aber die Überzeichnung von Land und Leuten gehört nun mal auch zum Kluftinger-Konzept.