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Legoland-Unfall 2022: Strafbefehle erlassen

Günzburg, Memmingen

Legoland-Unfall: Amtsgericht Günzburg erlässt Strafbefehle

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    Vier Wochen nach dem Achterbahn-Unfall im Legoland Deutschland Resort in Günzburg hat die Staatsanwaltschaft die Feuerdrachen-Bahn wieder freigegeben. Jetzt steht der Fehler fest.
    Vier Wochen nach dem Achterbahn-Unfall im Legoland Deutschland Resort in Günzburg hat die Staatsanwaltschaft die Feuerdrachen-Bahn wieder freigegeben. Jetzt steht der Fehler fest. Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)

    Die Staatsanwaltschaft Memmingen hat die Ermittlungen in Zusammenhang mit dem Zusammenstoß zweier Züge der Achterbahn Feuerdrache im Legoland Günzburg abgeschlossen. Das Amtsgericht Günzburg hat gegen einen 56-Jährigen und einen 34-jährigen Angestellten des Legolands auf Antrag der Staatsanwaltschaft Strafbefehle wegen fahrlässiger Körperverletzung in 29 tateinheitlichen Fällen erlassen.

    Gegen die Angeklagten wurden Geldstrafen im mittleren beziehungsweise niedrigen vierstelligen Bereich verhängt. Die Strafbefehle gehen dabei von folgendem Tatverdacht aus: Am 11. August 2022 gab es im Bereich der Feuerdrachen-Achterbahn zunächst aufgrund eines Sensorfehlers eine Betriebsstörung. Diese führte zu einem Stillstand beider Achterbahnzüge, die sich zu diesem Zeitpunkt auf der Bahn befanden. In beiden Züge saßen jeweils 19 Fahrgäste. Während der eine Zug mit der Nummer 2 kurz vor der Einfahrt in den Ein- und Ausstiegsbereich (Bahnhof) zum Stehen kam, war dies für den anderen Zug mit der Nummer 3 im Innenbereich der Anlage der Fall. In der Folge wurde die Werkstatt des Freizeitparks über die Störung informiert. Der 56-jährige Angeklagte war bereits sehr mehreren Jahren als Mechaniker im Legoland angestellt. Der 34-jährige Angeklagte war erst seit wenigen Tagen als Techniker dort beschäftigt. 

    Die Feuerdrachen-Achterbahn blieb einige Zeit geschlossen.
    Die Feuerdrachen-Achterbahn blieb einige Zeit geschlossen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Der 56-Jährige befand sich bei Eingang der Störungsmitteilung in der Werkstatt des Legolands und erhielt die Mitteilung, dass das zuständige Springerteam, das üblicherweise aus einem Mechaniker und einem Elektriker besteht, derzeit nicht verfügbar sei und auch kein zusätzlicher Elektriker für die Störung abberufen werden habe können. Er entschloss sich daher, sich eigenständig mit dem 34-jährigen Angeklagten der Fehlerbehebung anzunehmen.

    Legoland-Unfall: Mitarbeiter stellten nach Sensorstörung auf "Handbetrieb" um

    Die beiden Angeklagten trafen wenige Minuten nach Auftreten der Störung an der Achterbahn ein. Während sich der 56-Jährige zum Hauptbedienpult im Bahnhofsbereich des "Feuerdrachen" begab, beorderte er den 34-Jährigen als weniger erfahrenen Mitarbeiter an das Bedienpult in Block 04, das sich direkt neben dem stehenden Zug Nummer 2 befand. Die Kommunikation zwischen beiden erfolgte zu diesem Zeitpunkt ausschließlich über Funk. Zur Beseitigung der infolge des Sensorfehlers, eines sogenannten Blockfehlers, eingetretenen Betriebsstörung stellte der 56-jährige Beschuldigte die Steuerung am Hauptbedienpult auf "Handbetrieb" um, um anschließend eine Quittierung des Fehlers durchführen zu können. Da die Funk-Kommunikation mit dem 34-jährigen Angeklagten nur ungenügend war, wurde durch die beiden Angeklagten abwechselnd an den jeweiligen Bedienpulten der "Handbetrieb" ein- und ausgeschaltet. 

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    Ein Großaufgebot an Rettungskräften war im Freizeitpark Legoland in Günzburg im Einsatz. 31 Personen wurden bei einem Achterbahn-Unfall verletzt, eine davon schwer.

    Ein Reset des "Blockfehlers" hätte jedoch ein gleichzeitiges Ein- und Ausschalten des "Handbetriebs" erfordert. Erst nach mehreren Versuchen war die Steuerung sowohl am Hauptbedienpult als auch am Bedienpult in Block 04 auf diesen Betrieb geschaltet. Nun betätigte der 56-jährige Beschuldigte am Hauptbedienpult den Schlüsselschalter "Master Block Reset", während der 34-Jährige zeitgleich am Bedienpult in Block 04 die Taste "Block Reset Block 04" drückte. So sollte ein Zurücksetzen des Blocks 04 ermöglicht werden. Dies hatte jedoch zur Folge, dass der in diesem Block befindliche Zug Nummer 2 aus dem Steuerungssystem gelöscht und in seiner konkreten Halteposition durch die verfügbaren Sensoren auch nicht mehr als existierender Zug auf der Achterbahnstrecke erkannt wurde. 

    Feuerbahn-Strecke im Legoland Günzburg wurde durch Fehler als "frei" erkannt

    Der "Master Block Reset" darf aufgrund der potenziellen Gefährlichkeit eines existenten, aber nicht im System erkannten "Geisterzugs" nicht durchgeführt werden, wenn sich Personen in den Zügen auf der Bahn befinden. Das schreibt die Staatsanwaltschaft Memmingen. "All dies hätten die Angeklagten bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt wissen und erkennen können und müssen." Im Anschluss stellte der 56-Jährige die Steuerung zurück in den "Automatikbetrieb". Aufgrund des durch die Angeklagten "gelöschten" Zugs mit der Nummer 2, wurde die Strecke nunmehr durch das System als "frei" erkannt, weshalb sich der Zug Nummer 3 im Innenbereich der Bahn in Bewegung setzte, während der Zug 2 weiterhin im Stillstand verblieb. In der Folge verließ der Zug 3 den Innenbereich, fuhr im Außenbereich in den Lift ein, wurde nach oben an den höchsten Punkt der Achterbahn befördert und befand sich sodann im sogenannten Freilauf. 

    Unfall auf Legoland-Feuerdrache: Noch kein Urteil steht fest

    Obwohl beide Angeklagte nun hätten feststellen können, dass sich nur der Zug mit der Nummer 3 in Bewegung setzte, betätigte keiner der beiden den Nothalt, was jedenfalls bis zum Eintritt des Zugs in den "Freilauf" möglich gewesen wäre. "Dies wäre beiden Mitarbeitern bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt möglich und zumutbar gewesen", so die Staatsanwaltschaft. Die Folge: Der Zug 3 fuhr nach dem Freilauf auf den weiterhin stehenden Zug 2 ungebremst auf. Insgesamt 29 Insassen erlitten hierdurch, für die Angeklagten vorhersehbar und vermeidbar, Verletzungen, die sich im Wesentlichen auf Prellungen und Hämatome beschränkten. 

    Wie Iris Gross, Sprecherin des Amtsgerichts Günzburg am Donnerstag mitteilt, sind die beiden Beschuldigten gegen den Strafbefehl vorgegangen. Das bedeutet: Es wird voraussichtlich im kommenden Frühjahr zu einer öffentlichen Verhandlung kommen. Die Staatsanwaltschaft weist ausdrücklich darauf hin, dass bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gelte. (AZ, sohu)

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