Es ist zum Glück schon ein paar Jahre her, da haftete Bioprodukten ein klischeeüberhäuftes, wenig schmeichelhaftes Image an. Kaufen würden die verschrumpelten Möhren in schmutzigen Gemüsekisten ohnehin nur irgendwelche schmuddeligen Typen im fleckigen Wollpullover, so stellte man sich das damals vor und stigmatisierte Branche und Verbraucher gleichermaßen. Jedenfalls: Bio ist längst hip geworden - und hat es trotzdem weiterhin schwer. Weil der Politik die Ernsthaftigkeit fehlt. Und sie gerne achselzuckend darauf verweist, dass das alles nicht so leicht sei. Kurzum: Ausflüchte fürs eigene Versagen.
Zur Lage: Eben erst wurde bekannt, dass Bayern das gesetzlich verankerte Ziel von 30 Prozent Bio-Landwirtschaft bis zum Jahr 2030 nicht erreichen wird. Laut einem aktuellen Monitoring-Bericht gab es beim Ökolandbau im Vergleich zum Vorjahr kaum mehr einen Zuwachs, er liegt bei nicht einmal 14 Prozent. Auf staatlichen Flächen ist der Öko-Anteil sogar gesunken. Die bayerische Staatsregierung weicht aus, beteuert, dass man ja bereits viele Punkte umgesetzt habe, die 2019 von mehr als 1,7 Millionen Menschen im erfolgreichen Volksbegehren „Rettet die Bienen“ gefordert wurden. Das mag sein, aber eine Verfehlung bleibt eben eine Verfehlung. Ziel nicht erreicht. Durchgefallen.
Bio-Lebensmittel sind gesünder
Dabei liegen die Vorteile von Bio-Lebensmitteln auf der Hand. Um nur ein paar zu nennen: Bio-Obst und -Gemüse sind dem Umweltinstitut München zufolge gesünder, weil sie mehr Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Milch, Eier und Fleisch sind reicher an wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Bio-Lebensmittel enthalten deutlich weniger Zusatzstoffe. Die Wasserbelastung durch Schadstoffe wie Pflanzengifte, Nitrat und Medikamente ist bei einer ökologischen Bewirtschaftung geringer. Durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide wird die Artenvielfalt gefördert. Und Rinder, Schweine, Hühner und andere Tiere haben mehr Platz. Freilich, das alles hat seinen Preis - Bio-Lebensmittel sind häufig deutlich teurer.
Das aber scheint viele Menschen trotz grundsätzlich gestiegener Lebenshaltungskosten nicht zu stören. Seit Jahren wächst die Nachfrage nach Bio - und zwar stärker als die Anbaufläche, die bundesweit gerade einmal 11,4 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche ausmacht. Branchenexperten sprechen längst davon, dass die Bioagrarfläche verdoppelt werden müsste. Und dass der deutsche Biomarkt künftig auf Importware angewiesen sein könnte, wenn die Politik nicht gegensteuert - aktuell tut sie es nicht genug. Dabei komme man dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zufolge bei der Rohwarenproduktion - vor allem beim Fleisch - teilweise schon jetzt der Nachfrage nicht mehr hinterher.
Mehr und bessere Anreize für Landwirte schaffen, auf Bio umzustellen
Dass die Nachfrage hoch ist, zeigen auch die Zahlen: 2024 lag der Bio-Umsatz in Deutschland bei rund 17 Milliarden Euro – das ist eine Steigerung um 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr und ein neuer Rekord, der freilich zum Teil an den gestiegenen Lebensmittelpreisen liegt, Branchenverbänden zufolge aber vor allem an höheren Absatzmengen.
Angesichts dessen macht es sich die Politik zu leicht, die verfehlten Ziele im Nachhinein als zu ambitioniert abzutun. Stattdessen muss sie investieren und noch mehr und bessere Anreize schaffen, damit Landwirte ihre Betriebe auf Öko-Landwirtschaft umstellen. Die 30-Prozent-Marke mag bis zum Jahr 2030 nicht mehr erreichbar sein, das grundsätzliche Ziel, den Bio-Anteil in den kommenden Jahren deutlich zu vergrößern, muss aber weiterhin gelten.
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